Scharfrichterhaus (Passau)
Das Scharfrichterhaus in Passau (Eigenschreibweise: ScharfrichterHaus) ist eine renommierte Kleinkunst- und Musikbühne.
Seinen historischen Namen Scharfrichterhaus verdankt das Haus in der Milchgasse u. a. einer Legende, der zufolge dort seinerzeit der Scharfrichter von Passau gewohnt habe.[1] Ab 1611 wurden dort vom Passauer Scharfrichter Kaspar Neidhart kleine Zettel hergestellt, die unverwundbar machen sollten. Insbesondere unter Soldaten im Dreißigjährigen Krieg fand dieser Aberglaube breite Verwendung, was als „Passauer Kunst“ in die Geschichte einging. Zuvor befand sich in dem Gebäude vom 13. bis 15. Jahrhundert bereits das gefürchtete „Prislig“-Gefängnis.[2] Das ursprüngliche Haus fiel jedoch dem Stadtbrand von 1662 zum Opfer, so dass das heutige Gebäude nur noch symbolisch als Scharfrichterhaus betrachtet werden kann.[1]
In den 1970er Jahren stand die Stadt Passau unter starkem Einfluss durch die konservativen Kräfte der CSU, des Bistums Passau und der Passauer Neuen Presse. Deshalb formierte sich in Passau als Gegenkultur eine Bewegung des politischen Kabaretts, an deren Spitze die Kabarettisten Bruno Jonas und Siegfried Zimmerschied standen, und die von der konservativen Führung stark torpediert wurde. So verhängte der Chefredakteur der PNP eine Nachrichtensperre über die Kabarett-Veranstaltungen, der Generalvikar des Bistums erstattete Anzeige wegen Gotteslästerung und die Stadt Passau verhängte Aufführungsverbote. Trotz alledem wurde im März 1977 von Walter Landshuter und Edgar Liegl das Scharfrichterhaus gegründet, in dem auch Ottfried Fischer in seinen Anfangstagen auftrat.[2]
Seitdem hat es sich zu einer bedeutenden Jazz- und Kabarettbühne entwickelt, auf der sich das politische Kabarett Deutschlands die Klinke in die Hand gibt. 1979 feierten die Passauer Kabaretttage, ein Festival für Kleinkunst, Theater, Musik und Kabarett, ihren Start und seit 1983 wird vom Scharfrichterhaus, in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk und der Münchener Abendzeitung, das ScharfrichterBeil verliehen. Dieser Nachwuchspreis diente schon vielen Kabarettisten, so z. B. 1983 dem jungen Hape Kerkeling, als Sprungbrett für ihre Karriere.[3]
Mittlerweile sind die Differenzen zwischen der Stadt und dem Haus beigelegt. Das Scharfrichterhaus ist derzeit fest im Passauer Kulturleben integriert und ist als eine bedeutende überregionale Institution in der heutigen Kabarettszene allgemein anerkannt. Im Juni 2013 hatte das Hochwasser auch das Passauer Scharfrichterhaus schwer getroffen,[4] einige Monate lang mussten die Wände austrocknen. Der Spielbetrieb wurde deshalb mehrere Monate lang in die Außenspielstätten "Redoute" und "X-Point-Halle" verlagert.
Das ScharfrichterBeil wurde am 2. Dezember 2015 zum 33. Mal verliehen.[5]
Scharfrichterkino
Seit 1987 befindet sich in dem Gebäude zusätzlich noch das Scharfrichterkino, in dem vor allem alternative Filmkunst eine Plattform findet. Es wird von einem lokalen Kinobetreiber geleitet, der unter anderem zwei weitere Kinos in der Stadt besitzt. Das Kino hat 74 Sitzplätze und eine aufgrund der Raumkonstruktion an den oberen Ecken abgeschnittene Leinwand.
Weblinks
Einzelnachweise
- Joseph Schöller: Die Bischöfe von Passau und ihre Zeitereignisse. Pustet, Passau 1844, S. 209 (online ).
- Monika Wachtveitl: Die Kleinkunst in der Stadt Passau. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 27. September 2007; abgerufen am 12. Dezember 2011 (Facharbeit). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Scharfrichterhaus: Liste der bisherigen Beilgewinner. Abgerufen am 30. Januar 2016.
- Passauer Neue Presse / Raimund Meisenberger: Lebenszeichen der Scharfrichter. Abgerufen am 17. September 2013.
- http://scharfrichterhaus.de/theater/scharfrichterbeil/ Scharfrichterbeil