Safia
Safia (SAFIA – Lesben gestalten ihr Alter) ist ein bundesweit agierendes feministisch-lesbisches Netzwerk von als Mädchen geborenen Frauen ab 40 Jahren in Deutschland. Das Netzwerk gilt als das wohl älteste dieser Art und auch die „Initiative mit dem größten Vorbildcharakter“.[1] Schwerpunktthemen sind lesbische Altersvernetzung in einer heteronormativen Gesellschaft, Rente, lesbische Sichtbarkeit in queeren Zeiten, Feminismus und Formen des gemeinschaftlichen Lebens und Wohnens. 2019 waren bei SAFIA e. V. ca. 500 Lesben zwischen 40 und 99 Jahren organisiert.
Geschichte
Die Idee für Safia entstand 1983 auf dem Lesbenpfingsttreffen (heute Lesben-Frühlings-Treffen) in Osnabrück. Eine der Gründungsfrauen war die Verlegerin Anke Schäfer (1938–2013), die im Jahr 2000 das Bundesverdienstkreuz für ihr frauen- und lesbenpolitisches Engagement erhalten hat.[2][3] Die Geschichte der Vereinsgründung und die ersten Jahre beschreibt Anke Schäfer in dem Beitrag “SAFIA – Stürmische Alte finden immer Alternativen”.[4] Die Filmemacherin Uli Bez drehte 2007 den Dokumentarfilm "Von heute an! - Anke Schäfer, die Frauenbewegung und die Lesben". Die Entstehung von Safia ist eines der wichtigen Themen des Films.[5]
Das Netzwerk wurde 1983 mit dem Namen Selbsthilfe alleinlebender Frauen im Alter (SAFIA) zunächst als Selbsthilfeprojekt[6] gegründet, da in dieser Zeit ein Verein von lesbischen Frauen noch nicht als gemeinnützig anerkannt wurde.[7] 1986 erfolgte die Vereinsgründung, und im Jahr 2000 wurde der Name schließlich in SAFIA – Lesben gestalten ihr Alter e. V. geändert.
Anderthalb Jahre nach der Vereinsgründung hatte Safia etwa 50 Mitglieder und das erste gemeinsame Wohnprojekt Wüstenbirkach in Unterfranken realisiert.[8] 1995 entstand Villa Charlotta in Charlottenberg bei Limburg.
Organisation und Aktivitäten
Das Netzwerk ist bundesweit ausgerichtet und hat „deutliche feministische Wurzeln“.[6] Für einzelne Bundesländer gibt es Regionalgruppen und -treffen sowie regionale Ansprechpartnerinnen (Nord, Mitte, Süd, West/NRW, Berlin). Jährlich finden mehrere Gesamttreffen in unterschiedlichen Frauenbildungshäusern in Deutschland statt.[9] Das Eintrittsalter ist 40 Jahre; eintrittswillige Frauen benötigen eine für sie bürgende Mate (feministische Bezeichnung für Patin), um Mitfrau (Vereinssprache für weibliches Mitglied) werden zu können.[6]
Der Verein ist gemeinnützig, finanziert sich über Beiträge der Mitfrauen und erhält keine öffentliche Förderung für seine Projekte. Der deutlich größere Lesbenring e. V. honoriert die Arbeit von Safia in seiner Satzung, in der festgelegt ist, dass bei einer Auflösung das Vereinsvermögen an Safia geht.[10]
1997 ging aus dem Verein die SAPPhO Frauenwohnstiftung hervor, ein als „einzigartig“[1] beschriebenes, mit Safia eng verwobenes[6] Projekt mit dem Ziel, lesbischen Besitz über Zustiftungen oder Vererbung in lesbischen Händen zu behalten – was inzwischen (Stand: 2016) in den Besitz einiger Immobilien mündete, die für Wohnprojekte oder Vermietung genutzt werden.[1] Die in den vorhandenen Wohnprojekten erworbenen Immobilien gingen in das Stiftungsvermögen ein.[11]
Der von der SAPPhO initiierte erste europäische Friedhof nur für Lesben (als Areal des Georgen-Parochial-Friedhofs in Berlin) fand internationales Medienecho.[12][13][14][15]
Der international auf Festivals gezeigte Dokumentarfilm anders leben – Lesben im Alter wählte eine Safia-Aktive als eine der Protagonistinnen aus.[16]
Weblinks
Einzelnachweise
- Heiko Gerlach, Markus Schupp: Good Practice – Soziale Partizipation von Lesben und Schwulen im Alter. In: Jenny Block, Christine Hagen, Frank Berner (Hrsg.): Lebenslagen, Partizipation und gesundheitlich-pflegerische Versorgung älterer Lesben und Schwuler in Deutschland. Expertise zum Siebten Altenbericht der Bundesregierung. Berlin 2016, S. 23.
- "Aber so geht es auch" Bundesverdienstkreuz für Anke Schäfer. In: Wiesbadener Kurier - Printausgabe. Wiesbaden 18. Mai 2000.
- Doris Hermanns: Biografie über Anke Schäfer bei fembio.org, abgerufen am 25. September 2019 http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/anke-schaefer/
- Anke Schäfer: SAFIA – Stürmische Alte finden immer Alternativen. In: Gabriele Dennert, Christiane Leidinger, Franziska Rauchut (Hrsg.): In Bewegung bleiben. 100 Jahre Politik, Kultur und Geschichte von Lesben. 1. Auflage. Querverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-89656-148-0, S. 363 (Inhaltsverzeichnis Online via lesbengeschichte.de [PDF; abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- Uli Bez: Von heute an! - Anke Schäfer, die Frauenbewegung und die Lesben. 2007 (Website des Films, Online-Ausschnitt u. a. zu Safia via YouTube [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- Carolina Brauckmann: Safia e.V. - Lesben gestalten ihr Alter. gefördert vom Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen. In: Rubicon-Beratungszentrum für Lesben und Schwule (Hrsg.): Abschlussbericht: Bestandsaufnahme lesbischer Seniorinnenarbeit in NRW, Kapitel 8.1.7. Köln 2004, S. 24 (Digitalisat via rubicon-koeln.de [PDF]).
- Safia – Geschichte. In: safia-ev.de. Abgerufen am 29. September 2019.
- Ana Vom Felde: SAFIA - Selbsthilfe alleinlebender Frauen im Alter e.V. 1987 (bsz-bw.de [abgerufen am 29. September 2019]).
- Lesbisch* leben im Alter. Aber wie...?! In: MOSAIK Gesundheit. 15. Januar 2019, abgerufen am 29. September 2019 (deutsch).
- Satzung | LesbenRing e. V. Abgerufen am 29. September 2019 (deutsch).
- Claus Nachtwey: „Alte Hasen – junges Herz“ – Anke Schäfer. In: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport (Hrsg.): Anders sein und älter werden. Lesben und Schwule im Alter. Dokumentation der Fachtagung vom 22./23. November 2002 Studie „Älter werden - Ältere Lesben und Schwule in Berlin”. Berlin 2003, S. 23–24 (Digitalisat via berlin.de [PDF]).
- Frederic Schwilden: Letzte Ruhestätte für Lesben; Im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg wird der bundesweit erste Friedhof nur für lesbische Frauen eingeweiht. In: Die Welt. 7. April 2014, S. 23 (Online via welt.de).
- Europe's first lesbian-only cemetery opens. In: Pretoria News. Pretoria 7. April 2014, S. 8.
- Agence France Presse: Un cimetière de Berlin réserve un espace uniquement aux lesbiennes. 6. April 2014.
- Lesbian-only cemetery to be opened in Berlin. In: The Times. London 2. April 2014, S. 34.
- Martina Helmke: Endlich darüber sprechen. In: Die Tageszeitung: taz. 22. Juli 2006, ISSN 0931-9085, S. 29 (taz.de [abgerufen am 30. September 2019]).