Ruthard (Mainz)
Ruthard OSB († 2. Mai 1109) war von 1089 bis 1109 Erzbischof von Mainz. Zunächst auf kaiserlicher Seite wandte er sich dem Reformpapsttum zu und war am Sturz Heinrichs IV. zu Gunsten von Heinrich V. maßgeblich beteiligt.
Frühe Jahre
Er entstammte den Embrichonen, einer Ministerialenfamilie der Erzbischöfe von Mainz, die in Thüringen und dem Rheingau ansässig war. Namentlich genannt sind ein Bruder Embricho (Embricho II. von Geisenheim, Graf im Rheingau, 1108 Vizedom?) sowie als weitere Verwandte Wulferich (von Winkel?), Werner und Stephan[1].
Er trat in den Benediktinerorden ein und wurde um 1080 Abt des Klosters St. Peter in Erfurt.
Wirken im Inneren
Auf Betreiben von Heinrich IV. wurde er 1089 zum Erzbischof in Mainz gewählt. Er war königstreu und reformorientiert und sollte den vom Kaiser eingesetzten Gegenpapst Clemens III. stützen. Dafür hatte ihn Urban II. gebannt.
Sein Verhältnis zu den führenden Kräften im Domkapitel war gut. Im Sinne der Hirsauer Reform gründete oder förderte Ruthard verschiedene Klöster. Zum Teil geschah dies durch Umwandlung älterer Kanonikerstifte. Dazu gehörten die Klöster in Höchst, Comburg, Johannisberg, Marienstein, Bursfelde, Lippoldsberg und Disibodenberg. Dem letzteren machte er reiche Schenkungen.
Judenpogrom
Durch das Amt als Erzbischof war er zugleich Reichserzkanzler. In seine Amtszeit fiel das Pogrom der Kreuzfahrer 1096, bei dem allein in Mainz (Magenza) bis zu tausend Juden getötet wurden. Ruthard ging nicht aktiv gegen die Täter vor, zwang vielmehr später die Überlebenden die Taufe anzunehmen. Damit stellte er sich gegen Heinrich IV., der am Schutz der Juden festhielt. Als sich Ruthard weigerte, die Getauften zu ihrem alten Glauben zurückkehren zu lassen und ihnen ihr Vermögen zurückzuerstatten, verlor er die Gunst des Kaisers. Nach Darstellung des Chronisten Burchard von Ursberg wurden 1098 im Rahmen einer Untersuchung des Kaisers, wer die getöteten Juden ausgeraubt hat, Blutsverwandte des Erzbischofs beschuldigt. Diese wurden jedoch nicht zum Kaiser vorgelassen, noch war es Ruthard möglich, sie zu verteidigen. Ruthard floh darauf mit seinen Angehörigen nach Thüringen, wo die Adelsopposition stark war, um sie dort in Sicherheit zu bringen.[2]
Opposition gegen Heinrich IV.
Dort schloss er sich Papst Urban II. an. Der Gegenpapst Clemens verurteilte Ruthard, verbot allen Angehörigen der Mainzer Kirche bei Androhung des Anathemas den Umgang mit Ruthard, hob die Gehorsamspflicht auf und befahl die Wahl eines neuen Erzbischofs. Auf der anderen Seite hob Urban II. den Bann auf. Zur Wahl eines neuen Erzbischofs kam es nicht. Vom thüringischen Teil seines Bistums wirkte er weiter als Erzbischof und war 1102 etwa an der Neuwahl eines Bischofs von Halberstadt beteiligt.
Im Jahr 1105 unterstützte er die Rebellion von Heinrich V. und war maßgeblich am Sturz Heinrich IV. beteiligt. Er erkannte nunmehr eindeutig den Primat-Anspruch des Papstes gegenüber dem Kaiser an. Als Mainzer Erzbischof verstand er sich als Erster unter den geistlichen und weltlichen Großen. Bei der Fürstentagung vom 5. Januar 1106 war es Ruthard, der Heinrich V. die Reichsinsignien übergab. Die Weihe nahm indes der päpstliche Legat vor.
Verhältnis zu Paschalis II.
Obwohl Papst Paschalis II. Ruthard ausdrücklich anerkannt hatte und an einem guten Verhältnis zu ihm interessiert war, hat Ruthard sich doch die Missbilligung des Papstes zugezogen. So hatte er gegen den Willen von Paschalis Reinhard von Blankenburg zum Bischof von Halberstadt geweiht, obwohl der Papst diesen ausdrücklich nicht bestätigt hatte, weil er seine Investitur von einem Laien erhalten hatte. Auch die Wiedereinsetzung des Suffraganbischofs Udo von Hildesheim, ohne Zustimmung eines Konzils wurde von päpstlicher Seite kritisiert. Auch erschien er 1107 nicht zu einer Synode. Daraufhin suspendierte ihn der Papst. Ruthard nahm dies Urteil vorbehaltlos an. Diese vorbehaltlose Anerkennung der päpstlichen Rechtsgewalt führte zur Wiedereinsetzung Ruthards.
Für das Selbstbewusstsein Ruthards spricht, dass er als erster Mainzer Erzbischof ein Thronsiegel benutzte.
Literatur
- Karl Georg Bockenheimer: Ruthard. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 44 f.
- Franz Staab: Ruthard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 303 (Digitalisat).
- Christoph Waldecker: Zwischen Kaiser, Kurie, Klerus und kämpferischen Laien. Die Mainzer Erzbischöfe im Zeitraum 1100 bis 1160 (= Quellen und Abhandlungen zur Mittelrheinischen Kirchengeschichte. Band 101). Selbstverlag der Gesellschaft für Mittelrheinische Kirchengeschichte, Mainz 2002, ISBN 3-929135-35-3 (Zugleich: Bonn, Universität, Dissertation, 2001).
- Christoph Waldecker: Ruthard. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 25, Bautz, Nordhausen 2005, ISBN 3-88309-332-7, Sp. 1201–1212.
Weblinks
- Ruthardus archiepiscopus Moguntinus im Repertorium „Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters“
- Ruthard im Personenregister der Germania Sacra online
Einzelnachweise
- Mainzer Urkundenbuch 1, Nr. 395.
- Johann Wolf: Geschichte des ehemaligen Klosters Steine bei Nörten. Rosenbuch, 1800, S. 9.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Wezilo | Erzbischof von Mainz 1088–1109 | Adalbert I. von Saarbrücken |