Ruth Maier
Ruth Maier (10. November 1920 in Wien – 1. Dezember 1942 im KZ Auschwitz) war eine österreichische jüdische Emigrantin, die in Norwegen lebte und für ihre Tagebücher bekannt wurde. Sie wird auch „Anne Frank Norwegens“ genannt.
Leben
Ruth Maier wurde in einer assimilierten jüdischen Familie in Wien als Kind von Ludwig Maier (1882–1933) und seiner Frau Irma (1895–1964) geboren. Ihre Schwester Judith war eine wichtige Bezugsperson. Ihr schrieb sie viele Briefe aus Norwegen nach England, wohin Judith mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter emigriert war.
Maiers Tagebücher reichen von 1933 bis 1942. Sie floh 1939 nach Norwegen. Dort arbeitete sie als Kunsthandwerkerin und Modell. Sie emigrierte nicht nach England, obwohl sie ein Visum hatte, um in Norwegen das Abitur zu machen. Mit der Besetzung Norwegens durch die deutsche Wehrmacht 1940 war sie fortan in Gefahr. Als sie später fliehen wollte, war das englische Visum abgelaufen und nicht verlängert worden. Die USA gewährten ihr trotz Intervention mehrerer Bekannter kein Visum. Im November 1942 wurde sie während einer Razzia in ihrem Wohnheim von Polizisten des Quisling-Regimes verhaftet und kam im Dezember nach Auschwitz, wo sie sofort zusammen mit anderen Frauen und Kindern ermordet wurde. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie 22 Jahre alt.
In ihrem letzten Brief an ihre enge Freundin Gunvor Hofmo schrieb sie: „Ich glaube, dass es gut so ist, wie es gekommen ist. Warum sollen wir nicht leiden, wenn so viel Leid ist? Sorg Dich nicht um mich. Ich möchte vielleicht nicht mit Dir tauschen.“ Gunvor Hofmo bewahrte die Tagebücher ihrer Freundin über 50 Jahre bis zu ihrem Tod 1995 auf. 2007 wurden sie von Jan Erik Vold in Norwegen veröffentlicht und 2008 in der deutschen Originalfassung publiziert.
Gedenken
Spuren Ruth Maiers lassen sich in Wien und in Oslo entdecken. Auf dem Döblinger Friedhof ist ihr Name auf dem Grabstein der Eltern vermerkt; in Oslo steht die Plastik Überrascht von Gustav Vigeland, für die Ruth Modell gestanden hatte. Nach Recherchen von Jan Erik Vold steht Ruth Maiers Name auch auf dem Mahnmal für jüdische Kriegsopfer auf dem Ostfriedhof und auf der Erinnerungstafel für die Gefallenen der Kunst- und Handwerksschule in Oslo. Am 30. August 2010 wurde vor der ehemaligen Pension für junge Frauen und Mädchen Englehjemmet im Osloer Dalsbergstien 3 ein Stolperstein für Ruth Maier verlegt.
2021 wurde in Wien-Leopoldstadt der Ruth-Maier-Park benannt.[1]
Literatur
- Ruth Maier; Jan Erik Vold (Hrsg.): „Das Leben könnte gut sein.“ Tagebücher 1933 bis 1942. Aus dem Norwegischen von Sabine Richter. BTB, München 2011, ISBN 978-3-442-74155-7.
- Ruth Maier; Jan Erik Vold (Hrsg.): »Es wartet doch so viel auf mich …«. Tagebücher und Briefe, Wien 1933 – Oslo 1942. Mandelbaum Verlag, Wien 2020, ISBN 978-3-85476-881-4.
Weblinks
- Literatur von und über Ruth Maier im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Winfried R. Garscha: Ruth Maier (1920–1942): Wien – Oslo – Auschwitz. Biographie im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), gedruckt erschienen in der Folge 234 der DÖW-Mitteilungen (Dezember 2017, S. 1–8).
- Katharina Bock: „…Wozu diese Blätter noch dienen können“ Die lesenswerten Tagebücher der Ruth Maier Rezension, Kulturhaus Berlin
- Martin Doerry: Ich will keine Sentimentalität. In: Der Spiegel. Nr. 42, 2008 (online – Rezension).
- Raimund Wolfert: Eine jüdische Freundin, die sie umgebracht haben, lambdanachrichten.at (PDF-Datei; 5,9 MB), S. 30–33.
- Informationstext zur Ausstellung im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Wien): Das kurze Leben der Ruth Maier: Wien – Oslo – Auschwitz, 21. Nov. 2017 – 9. Feb. 2018.
Fußnoten
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Ruth-Maier-Park – Benennungsfeier am 10. September 2021, abgerufen am 1. September 2021.