Rudolf Ludloff (Wirtschaftshistoriker)

Rudolf Ludloff (* 31. Januar 1927 i​n Cronschwitz[1]) i​st ein deutscher Wirtschaftshistoriker.

Leben und wissenschaftliches Werk

Rudolf Ludloff i​st ein Nachfahre v​on Hermann Ludloff, d​em letzten Gutsbesitzer v​on Billmuthausen u​nd einer „Familie v​on Großagrariern“.[2]

Er promovierte 1955 b​ei Max Steinmetz i​n Jena[3] u​nd habilitierte 1961[4] basierend a​uf den Erfahrungen v​on Bernhard Averbeck, d​em ehemaligen Geschäftsführer d​es Prüssing-Konzerns.[5] Gemeinsam m​it einem weiteren „Propaganda-Buch“[6] beendete e​r programmatisch d​ie vorsichtige Annäherung innerhalb d​er Hauptgruppe Technikgeschichte d​es Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).[7]

1961 w​urde das Institut für Geschichte d​er Naturwissenschaften u​nd Technik i​n der Fakultät für Mathematik (nicht b​ei den Gesellschaftswissenschaften) a​n der Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt geschaffen. Ludloff w​urde als Leiter bestellt u​nd plädierte für „Geschichte d​er Technik u​nd Naturwissenschaften“, u​m die Namensgleichheit m​it dem Dresdner Institut z​u wahren.[7]

Seine Lehrstationen a​ls Professor waren:[8][9]

  • 1951–1955 Politische Ökonomie und später Wirtschaftsgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena[10]
  • 1961–1969: Geschichte der Technik an der Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt/Technischen Hochschule Chemnitz
  • 1970/71: Wissenschaftlichen Sozialismus an der Technischen Hochschule Chemnitz
  • 1972–1993: Wirtschaftsgeschichte an der Technischen Hochschule Chemnitz/Technischen Universität Chemnitz

Zum 125-jährigen Jubiläum d​er Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt 1963 veröffentlichte Ludloff e​ine Schulgeschichte.[11]

1962/1963 profitierte Ludloff, a​uch durch Zurückhaltung, v​on der Auseinandersetzung zwischen d​em gewerkschaftsnahen Professor Heinz Müller d​er TU Dresden u​nd der Partei u​m die Ausrichtung d​es Instituts für Geschichte d​er Technik u​nd Naturwissenschaften (in d​ie Müller Ludloff a​uch eingebunden hatte). Es folgte d​ie Auflösung d​es Instituts. Ludloff protestierte g​egen die Schließung, wechselte n​icht an d​ie TU Dresden, übernahm a​ber Müllers Habilitationsthema Bürgerliche Technikgeschichte Westdeutschlands a​ls Schwerpunkt seines Instituts.[7]

Das 1964 veröffentlichte Buch zur Geschichte der Technik[12] knüpft an die Auseinandersetzung an, da bei der Erstellung nur Vertreter der Technikgeschichte aus Chemnitz und nicht Berliner oder Dresdner Vertreter eingebunden waren.[7] Er verfasste auch eine Festschrift zum 10-jährigen Bestehen der Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt und deren Umbenennung in Technischen Hochschule Chemnitz.[13]

Politische Aktivitäten

Am 16. September 1950 n​ahm Ludloff a​ls durch d​ie SED-Betriebsorganisation benanntes Mitglied a​n einer Veranstaltung (Treitschke-Debatte) z​ur Bloßstellung v​on Karl Griewank teil.[14]

Ab dieser Zeit konnte e​r als „Wegbereiter d​er DDR-Geschichtswissenschaft“ i​m Sinne e​iner rigorosen Etablierung d​es Marxismus-Leninismus d​urch „staatliche, (geheim)polizeiliche u​nd juristische Mittel“ angesehen werden, w​as sich a​uch in seinen Veröffentlichungen widerspiegelt.[14]

Eine kritische Würdigung d​es politischen Wirkens unternahmen Werner Fritsch u​nd Werner Nöckel.[15]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • mit Horst Drechsler und Günter Steiger: Wartburgfest der deutschen Studenten 1955. 1817-1955, Festgabe der Friedrich-Schiller-Universität Jena zum 14. – 16. Oktober 1955, Selbstverlag der Universität Jena, 1955.
  • Der Aufenthalt deutscher Hochschullehrer in Moskau und Leningrad. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 6, 1956/57, H. 6, S. 709–722.[16]
  • Zur sozialökonomischen Entwicklung in der Glasindustrie Thüringens und Hessens im 16. und 17. Jahrhundert. Thüringer Heimat 2, 1957.
  • Industrial development in 16th – 17th century Germany – Past and Present, 1957.
  • Die politische Entwicklung an der Universität Jena in der Periode der relativen Stabilisierung des Kapitalismus (1924–1928). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 7, 1957/58, H. 2/3, S. 213–228.[17]
  • Die humanistische Berufung der deutschen Wissenschaft und Technik kann nur unter Führung der Arbeiterklasse ihre Erfüllung finden, Urania, 1963
  • Die produktiven Kräfte des Kapitalismus und das Programm der PDS, UTOPIE kreativ, H. 132 (Oktober 2001), S. 902–908 (online).
  • Optimistische deutsche Geschichte der Gegenwart: Wirtschaft, Technik, Wissenschaft, Poesie, Politik, NORA, 2002

Quellen

1965 wurde Ludloff in das Wer ist wer? aufgenommen.[18] Im Bundesarchiv ist der Briefwechsel von 1969 bis 1989 zum Schriftwechsel mit Ernst Diehl; wissenschaftliche Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte, Geschichte der Technik und Naturwissenschaften verfügbar.[19]

Einzelnachweise

  1. Vademekum der Geschichtswissenschaften 1998/99 (3. Ausgabe), S. 454.
  2. Rudolf Ludloff. Die produktiven Kräfte des Kapitalismus und das Programm der PDS. In: UTOPIE kreativ, H. 132 (Oktober 2001), S. 902–908 (online).
  3. Rudolf Ludloff: Dissertation: Die Entwicklung der Produktionsverhältnisse in der Glasindustrie Thüringens, von ihren Anfängen bis zur vollständigen Herausbildung des Kapitalismus. Jena 1955.
  4. Rudolf Ludloff: Habilitation: Vom Einzelwerk zum faschistischen Konzern : Zur Geschichte d. dt. Zementindustrie im Imperialismus bis 1945. Jena 1961.
  5. Hubertus Averbeck: Von der Kaltwasserkur bis zur physikalischen Therapie: Betrachtungen zu Personen und zur Zeit der wichtigsten Entwicklungen im 19. Jahrhundert. BoD – Books on Demand, 2013, ISBN 978-3-86741-782-2 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  6. Rudolf Ludloff: Kasernen statt Wohnungen. Zur Geschichte der deutschen Zementindustrie im Imperialismus bis 1945. Verlag Tribüne, Berlin 1963.
  7. Wolfhard Weber, Lutz Engelskirchen: Streit um die Technikgeschichte in Deutschland 1945-1975. Waxmann Verlag, ISBN 978-3-8309-5992-2 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  8. Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1969 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  9. Vademecum deutscher Lehr- und Forschungs-stätten. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, 1968 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  10. Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (Germany) Arbeitstagung, Eckart Schremmer: Wirtschafts- und Sozialgeschichte: Gegenstand und Methode : 17. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Jena 1997. Franz Steiner Verlag, 1998, ISBN 978-3-515-07385-1 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  11. Rudolf Ludloff: Von der Koeniglichen Gewerbschule Chemnitz zur Hochschule fuer Maschinenbau Karl-Marx-Stadt, 1836-1961. Hrsg.: Der Rektor der Hochschule für Maschinenbau Karl-Marx-Stadt. G. Mugler, Oberlungwitz 1963.
  12. Anatolij A. Zvorykin und Rudolf Ludloff: Geschichte der Technik. Fachbuchverlag, Leipzig 1964.
  13. Rudolf Ludloff: Vorgeschichte und Anfänge der TH Karl-Marx-Stadt. Hrsg.: Rektor und Senat der Hochschule. Karl-Marx-Stadt 1963.
  14. Uwe Hossfeld: Hochschule im Sozialismus: Studien zur Geschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena (1945-1990). Böhlau Verlag Köln Weimar, 2007, ISBN 978-3-412-34505-1 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  15. Werner Fritsch, Werner Nöckel: Vergebliche Hoffnung auf einen politischen Frühling: Opposition und Repression an der Universität Jena 1956-1968: eine Dokumentation. Jena 1800, 2006, ISBN 978-3-931911-33-1 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  16. Paul Forman, Cathryn Carson, A. B. Kozhevnikov: Weimar Culture and Quantum Mechanics: Selected Papers by Paul Forman and Contemporary Perspectives on the Forman Thesis. World Scientific, 2011, ISBN 978-981-4293-11-2 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  17. Uwe Hossfeld: "Im Dienst an Volk und Vaterland": die Jenaer Universität in der NS-Zeit. Böhlau Verlag Köln Weimar, 2005, ISBN 978-3-412-16704-2 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  18. Walter Habel: Wer ist wer? Arani, 1965 (google.de [abgerufen am 19. November 2017]).
  19. Briefwechsel mit Ernst Diehl im Bundesarchiv. Abgerufen am 19. November 2017.
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