Rudolf Haas (Unternehmer, 1843)
Rudolf Haas (* 2. November 1843 in Dillenburg; † 28. Oktober 1916[1] in Sinn) war ein deutscher Unternehmer und Besitzer der Neuhoffnungshütte bei Sinn.
Leben
Rudolf Haas besuchte ab 1853 die Lateinschule Dillenburg und von 1857 bis 1863 das Gymnasium Weilburg. Er studierte an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Montanhochschule Leoben. Am 30. Januar 1864 wurde er im Corps Tauriscia Leoben recipiert.[2] 1867 trat er in den väterlichen Betrieb ein.[3] Unter seiner Führung (ab 1900 alleinige Leitung) beschleunigte sich die Entwicklung des Unternehmens. Neben der Einführung und Ausbau der Elektrizitätsversorgung führte vor allem das werkseigene Eisenbahnnetz mit Anschluss an die Reichseisenbahn zum Erhalt der Konkurrenzfähigkeit. Durch die Verlagerung vom Eisenbergbau (zur Jahrhundertwende besaß Haas & Sohn 168 Grubenstücke) und Hüttenwesen zu weiterverarbeitenden Produkten wie Draht, Stifte, Hufeisen, Kochgeräte, Öfen, Material für Eisenbahnbau etc. konnten zukunftsweisende Absatzmärkte erschlossen werden. Beispielhaft war der Modellwandel vom mehrstöckigen Etagenofen zum modernen Zimmer-Füllregulierofen mit dem Industriedesigner Franz Boeres.[4] Seinen bürgerlichen Lebenstraum erfüllte er sich mit der Planung und dem Bau einer neuen Villa Haas[5][6] am Firmenstandort bei Sinn[7] und deren historistischen Parkanlage. Beratend war anfänglich der Privat-Baumeister Bovensiepen (Essen), der bereits einige Unternehmervillen wie zum Beispiel die Villa Waldrich in Siegen entworfen hatte. Den Auftrag bekam schließlich der jüngere Architekt Ludwig Hofmann, der auch für die Weiterentwicklung des städtebaulichen Ensembles Hansastraße/Rudolfstraße in Sinn um 1900 verantwortlich war. Typisch für Haas war, technische Innovationen, wie z. B. die Stahlbetonbauweise (seit der Weltausstellung Paris bekannt), einzuplanen. Sein soziales Engagement zeigt sich in der Errichtung neuer Arbeitersiedlungen mit Ledigenheim und Konsumanstalt. Rudolf Haas war Mitbegründer des renommierten Vereins Deutscher Eisenhüttenleute und Mitglied des Nassauischen Vereins für Naturkunde.
Literatur
- Bauert-Keetmann, Ingrid und Helmut Prawitz: Geschichte des Eisenwerks Neuhoffnungshütte und der Firma W. Ernst Haas & Sohn, Sinn, 1963.
- Klaus F. Müller: Park und Villa Haas – Historismus Kunst und Lebensstil, Edition Winterwork, Borsdorf 2012 ISBN 978-3-86468-160-8
Weblinks
- Haas, Rudolf. Hessische Biografie. (Stand: 15. April 2021). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Villa Haas in Sinn
Einzelnachweise
- siehe Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAMR), Best. 911 Nr. 7088, S. 22 (Digitalisat).
- Otto Noll: Das Corps Tauriscia zu Leoben. 1862–1866. Einst und Jetzt, Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 19 (1974), S. 151–158.
- Otto Renkhoff: Nassauische Biographie, S. 262, ISBN 3-922244-90-4
- Aus „Mitteilungen des Württembergischen Kunstvereins“, Stuttgart, Jahrgang 1907/08, Heft 1, S. 40: Von der Neubelebung durch künstlerische Schmuckformen, welche in dem letzten Jahrzehnt fast allen Luxus- und Gebrauchsgegenständen widerfuhr, war sonderbarerweise ein Möbel, welches in keinem Zimmer fehlt, fast vollständig ausgenommen; der in Massenfabrikation hergestellte eiserne Zimmerofen. Das Verdienst, hier reformierend eingegriffen zu haben, gebührt dem hier schaffenden jungen Bildhauer und Kunstgewerbler Franz Boeres, der im Auftrag der Firma Ernst Haas und Sohn in Sinn (Nassau) einige Öfen im neuzeitlichen Stil entwarf, die in ihrer wohlgelungenen Ausführung sich modernen Zimmereinrichtungen auf das glücklichste anpassen.
- Architektonische Rundschau 10. Jhg. 1894 Heft 1, Tafeln 3–7 (Techn. Hochschule Darmstadt, Fachgebiet Baugeschichte)
- Haenel, Oswald: Einfache Villen und Landhäuser. Eine Sammlung von interessanten Bauten und originellen Entwürfen namhafter Architekten des In- und Auslandes. Gilbers’sche Königl. Hof-Verlagsbuchhandlung (J.Bleyl), Dresden 1902
- Herborner Tageblatt 23. März 2015, S. 10, "Muss Villa weichen?", Leserbrief des ehemaligen Stadtarchivars Rüdiger Störkel zum kulturellen Erbe der Sinner Fabrikantenvillen