Rosemary Kennedy
Rosemary Kennedy (* 13. September 1918 in Boston, Massachusetts, als Rose Marie Kennedy; † 7. Januar 2005 in Fort Atkinson, Wisconsin[1]) war eine Schwester von John F. und Robert F. Kennedy.
Leben
Rosemary Kennedy war das dritte Kind und die erste Tochter von Joseph und Rose Kennedy. Seit ihrer Geburt war sie sehr scheu und litt außerdem an Dyslexie. Sie lernte spät laufen, schwamm aber begeistert, tanzte gern und schrieb Tagebücher. Ein Intelligenztest hatte eine milde geistige Behinderung (Retardierung) gezeigt, jedoch ist dieser Befund umstritten. 1939 machte sie einen Abschluss in Montessoripädagogik. Sie nahm rege am sozialen Leben teil und besuchte leidenschaftlich gern Opernaufführungen, Sportveranstaltungen und andere gesellschaftliche Anlässe und wuchs zu einer lebenslustigen Erwachsenen heran. Nachdem Rosemary das Erwachsenenalter erreicht hatte, wurde sie charakterlich häufiger als eigensinnig bis jähzornig und schwer zu bändigen beschrieben. Als ein denkbarer Grund wird Rosemarys Enttäuschung darüber, mit ihren älteren erfolgreichen Geschwistern nicht mithalten zu können, angesehen. Die Eltern begannen zu fürchten, dass Rosemary durch ihr Verhalten das Ansehen der ganzen Familie in Misskredit bringen und möglicherweise ungewollt schwanger werden könnte – eine Möglichkeit, die in der streng katholischen Familie Kennedy Unruhe auslöste.[2]
Als Rosemary 23 Jahre alt war, ließ ihr Vater, der um den guten Ruf der Familie fürchtete, durch seinen Freund Walter Freeman eine Lobotomie vornehmen. Diese Operation galt damals als eine Möglichkeit, Menschen mit einem ungesteuerten Triebleben zu „besänftigen“, der Eingriff war jedoch schon damals sehr umstritten. Im Falle von Rosemary hatte die Operation katastrophale Folgen.[3] Die vom Vater erhoffte Verbesserung blieb aus; stattdessen verschlechterte sich ihr Zustand nach der Operation so sehr, dass sie nur noch kindlich vor sich hinbrabbeln konnte, inkontinent wurde und teilweise auf einen Rollstuhl angewiesen war. Joseph Kennedy, der sich seiner nun schwerbehinderten Tochter schämte, ließ sie in die St.-Coletta-Heilanstalt in Wisconsin einliefern, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte. Er besuchte sie nie und geriet in Rage, wenn man ihn auf sie ansprach.
Die Operation hatte der Vater ohne Absprache und Kenntnis der Mutter veranlasst, und dies wird zusammen mit der anschließenden Einweisung als einer der Gründe für die emotionale Abkehr ihrer Mutter Rose Kennedy von ihrem Ehemann Joseph P. Kennedy angesehen. Rose nannte ihre Tochter ein „Geschenk Gottes“; sie habe die Menschen in ihrem Umfeld Respekt vor Behinderung gelehrt. Rosemarys älterer Bruder John F. Kennedy bekannte sich erst 1960 öffentlich zu ihr.
Rosemarys Zustand führte dazu, dass ihre jüngere Schwester Eunice Kennedy-Shriver 1968 die Special Olympics ins Leben rief und sich für Menschen mit Behinderung einsetzte. Als Rosemary Kennedy im Alter von 86 Jahren im Fort Atkinson Memorial Hospital starb, waren ihre noch lebenden Geschwister, darunter der US-Senator Edward Kennedy, an ihrer Seite.
Literatur
- John H. Davis: Siegen! Siegen um jeden Preis. Die Kennedys – ihre wahre Geschichte, Zürich 1987.
- Kate Clifford Larson: Rosemary: The Hidden Kennedy Daughter. Boston: Houghton Mifflin Harcourt, 2015, ISBN 978-0-547-25025-0.
- Elizabeth Koehler-Pentacoff: The Missing Kennedy: Rosemary Kennedy and the Secret Bonds of Four Women. Bancroft Press, Baltimore 2015, ISBN 978-1-610-88174-6.
Weblinks
- Rosemary Kennedy in der Internet Movie Database (englisch)
- Marc von Lüpke: Rosemary Kennedy – „Was haben wir dir angetan?“ In: einestages. Spiegel Online, 21. Oktober 2015, abgerufen am 21. Oktober 2015.
Einzelnachweise
- A Woman's Bridge Foundation: Rosemary Kennedy. Abgerufen am 23. Januar 2012 (englisch).
- Süddeutsche Zeitung: Die verschwundene Kennedy-Schwester. 11. Mai 2009. Archiviert vom Original am 5. Mai 2010. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 6. Februar 2011.
- Die Presse: Warum der Kennedy-Patriarch seine Tochter versteckte, vom 28. Oktober 2015, abgerufen am 1. Juni 2016