Reitendiener
Reitendiener (auch Reiten-Diener, nach Grimm die hochdeutsche Übertragung des niederdeutschen rîdendêner (für rîdene dêner)) waren ursprünglich berittene Ratsdiener in den norddeutschen Städten. Sie bedienten Ratsherren und Bürgermeister bei Ratssitzungen und Festbanketten, dienten als deren Trabanten-Leibwache, waren Kuriere, Polizeitruppe und Eskorte der Delinquenten zur Hinrichtung. Auch der Martensmann war ursprünglich ein Reitendiener.
In Hamburg entwickelte sich der Brauch, dass die Reitendiener gegen Bezahlung bei Hochzeiten dem Brautpaar aufwarteten, bei Begräbnissen das Gefolge bildeten und den Sarg zu Grabe trugen. Meist trugen sie eine blaue, silberbetresste Montur, bei Begräbnissen indes eine Mischform aus schwarzer holländischer und spanischer Tracht, Schnallenschuhe und Trauerdegen. Dieser Brauch wurde 1866 abgeschafft. Am 7. Februar desselben Jahres bildeten Hamburger Bestatter den Beerdigungsverein St. Anschar[1], der seitdem Träger stellt, die ähnlich gekleidet sind wie die ehemaligen Reitendiener.[2]
In Lüneburg ist die Reitende-Diener-Straße (ursprünglich Reitendienerstraße) nach ihnen benannt.
Literatur
- Ruth Werderitsch: Bestattungskultur im 18. Jahrhundert – Die Reitendiener und der eitle Pomp. In: Lichtwark-Heft. Nr. 72, 2007, ISSN 1862-3549.
- Cipriano Francisco Gaedechens: Der Herrenstall und die Reiten-Diener. In: Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte. 9, 1894, S. 517–556, (online, SUB Hamburg).
- Nikolaus Adolf Westphalen: Hamburgs Verfassung und Verwaltung in ihrer allmähligen Entwickelung bis auf die neueste Zeit, Band 1, Perthes-Besser & Mauke, 1841, S. 75–76, (online).
- Johann Christian Plath: Ansichten der Freien Hansestadt Hamburg und ihrer Umgebung, 2. Teil, Friedrich Wilmans, Frankfurt/M., 1828, Fußnote S. 202–203, (online).
- Johann Balthasar Hempel: Ausfürliche Nachricht von dem h. Ritter Georgio, und dem, was ihm den Namen führet, (Verlag=unleserlich), 1722, S. 258–260, (online).
Einzelnachweise
- Bestattungsinstitut St. Anschar von 1866 GmbH; abgerufen am 11. Mai 2018
- Julius Stinde (1901) (Memento vom 5. Februar 2012 im Internet Archive); abgerufen am 13. Dezember 2008