Rapid E-Learning
Rapid learning (auch Rapid eLearning) wurde ursprünglich als Methodik zur zeiteffizienten Erstellung von E-Learning-Kursen betrachtet.[1]
Rapid E-Learning ist ein Schlagwort im Bereich des E-Learning. Die deutschsprachige Wortschöpfung ist eine Mischung aus Rapid Prototyping und E-Learning. Rapid Prototyping als Agiler Prozess steht für die schnelle und geradlinige Erreichung vorher klar definierter Ziele, sowie für die Verschlankung von Produktionsprozessen. Damit wurden Prinzipien der Informatik und Betriebswirtschaft in den pädagogischen Bereich übertragen.
Allgemein bezeichnet es die „schnelle Erstellung von Lerninhalten für ein festgelegtes Ziel in einer festgelegten Qualität“.
Beim Rapid E-Learning werden in kürzester Zeit prototypische Ergebnisse erzielt, die eine aktive Beteiligung der Benutzer sowie ein klares Verständnis von Benutzer- und Aufgabenanforderungen fördern. Die schnelle Erstellung von Inhalten reicht von der synchronen Video-Übertragung und Aufzeichnung von Veranstaltungen bis hin zur automatischen Konvertierung von Standard-Formaten oder der Zusammenstellung von vorhandenen Kursmaterialien in einfach zu bedienenden Web-Frontends.
Beispielsweise könnte ein Autor einen Powerpoint-Foliensatz erstellen und eine Präsentation aufzeichnen. Zusätzlich könnte man eine softwarebasierte Lernerfolgskontrolle hinzufügen und das Ganze, beispielsweise als .webm-Video-Datei, in ein Learning Management System oder eine Webseite hochladen.
Einige Firmen, beispielsweise das Rapid Learning Institute, verwenden den Begriff „rapid learning“ neuerdings, um die Geschwindigkeit zu kennzeichnen, mit der gelernt werden kann. Das RLI erstellt beispielsweise Mikro-Lerneinheiten, die zwischen sechs und zehn Minuten dauern (sogenannte Quick Takes).
Der Unterschied zur Produktion von WBTs bzw. CBTs liegt darin, dass die Inhalte nicht erst mit einem mehr oder minder komplizierten Autorensystem erstellt und dann auf eine Webpräsenz hochgeladen werden müssen. Die Grundlage stellen meist bereits vorhandene Dateien aus bekannten Standard-Anwendungen (wie z. B. Microsoft-Office-Dokumente, OpenDocument-Dokumente, PDF-Dateien) dar, welche mit Ergänzungsmodulen in sogenannte Lernbausteine umgewandelt werden können.
Mit Rapid E-Learning wird der Erstellungsprozess vereinfacht, verkürzt und verbilligt. Erreicht wird dies vor allem durch den Einsatz von klaren, vorgegebenen Strukturen im Layout, dem Inhalt, den möglichen Darstellungen und Interaktionen, sowie des Erstellprozesses selbst. Die Autoren haben nur ein bestimmtes, vorgegebenes Set von Gestaltungsmöglichkeiten, die sie verwenden können. Dabei sollen Experten und Fachautoren sofort mit den ihnen bekannten Mitteln beginnen können und die Technik selbst steht eher im Hintergrund.
Grenzen des Rapid Learnings
Um das Jahr 2000 wurden einige Rapid Learning-Tools (siehe unten) in den Markt eingeführt und erreichten aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit sowie der Möglichkeit zur schnellen Erstellung von E-Learning-Kursen aus PowerPoint-Präsentationen große Beliebtheit.
Einige Experten wiesen jedoch bereits auf die Grenzen dieser Methode hin[2] oder unterstellten sogar,[3] dass es sich beim Rapid E-Learning lediglich um ein – für den Lehrenden attraktives – Missverständnis der Lehre handele, dass ein Kurs als Online-Kurs funktioniert, wenn der Präsenz-Kurs mit demselben Foliensatz funktioniert.
Diese Kritik am Rapid E-Learning fokussiert den Aspekt, dass sich die kommunikative Vielfalt in der Interaktion mit den Lernenden im Klassenzimmer nicht in eine PowerPoint-Präsentation komprimieren lässt. In der Folge ist ein Online-Kurs lediglich eine passive Informationspräsentation anstelle eines aktiven Trainings mit Fragen, Workshops und Problemen. Rapid E-Learning wurde in diesem Zusammenhang vorgeworfen, dass sie das Axiom des Learning by Doing ignoriere. Etwas allgemeiner formuliert folgt die Kritik am Rapid E-Learning dem Pfad der Kritik am Powerpoint-Einsatz in der Lehre.[4]
Der Erfolg des Rapid E-Learnings hat vor allem ökonomische Gründe. Eine breite Basis von Dozenten und Organisationen sind erstmals in der Lage, Online-Kurse ohne die Hilfe eines E-Learning-Teams zu erstellen.
Die generelle technische Entwicklung hinsichtlich des Einsatzes des Internets und der Entwicklung der Web-2.0-Kollaborationsmöglichkeiten könnte Dozenten zu anderen Szenarien führen. In der Tat ist Rapid E-Learning jedoch nichts weiter als die Kombination der Weiterentwicklung bereits vorhandener Technologien mit der Idee, dass selbstgesteuertes Training integraler Bestandteil des E-Learnings sei.
Lernende stehen selbstgesteuertem Lernen aufgrund möglicherweise aufkommender Langeweile sowie fehlender Interaktionen, Korrekturen und Erfolgserlebnissen seit langem skeptisch gegenüber. Dennoch erscheint es möglich, Szenarien zu entwickeln, in denen Information in Rapid E-Learning-Modulen – beispielsweise als Flash-Dateien auf Learning Management Systemen – zur Verfügung gestellt wird, und weitere Lernaktivitäten über Blogs, Wikis, Foren oder Videokonferenzen durchgeführt werden.
Best-practice-Beispiele
Nachdem sich nun Rapid E-Learning zu einem integralen Bestandteil der weltweiten Autorenpraxis entwickelt hat, fokussieren sich einige Autoren und Beratungsunternehmungen darauf, wie gute Kompromisse zwischen der ökonomischen Notwendigkeit für Rapid E-Learning einerseits und der pädagogischen Zielsetzung nach gutem Instruktionsdesign andererseits erreicht werden können.[5]
Diese Best-practice-Beispiele schließen ein:
- Um einen zielvaliden Unterricht zu gewährleisten, müssen vor dem Entwurf der Unterrichtseinheit als E-Learning-Einheit die Lehrziele, Brutto- und Netto-Lehrstoff und die zu verwendenden Lehrmethoden erarbeitet werden.[6]
- Die Bedürfnisse der Lernenden sollten bei der Entscheidung zwischen Blended-Learning-Kursen und reinen Online-Kursen im Vordergrund stehen.
- Das Instruktionsdesign sollte entscheiden, welche Teile eines Kurses als Online-Kurs zur Verfügung gestellt werden und welche Teile als Präsenzunterricht.
- Web-2.0-Werkzeuge und Learning Management Systeme erlauben es, Online-Kurse und Interaktionsmöglichkeiten zu Blended-Learning-Kursen zu kombinieren
- Die Verwendung von Präsentationsfolien bietet sich vor allem zur Kursstrukturierung an, während sich Mindmapping zur besseren Darstellung von Information eignet.[7]
Wie schnell ist rapid?
Traditionelle E-Learning-Entwicklungsprojekte können mehrere Monate in Anspruch nehmen. Im Gegensatz dazu ist der Anspruch von Rapid E-Learning, E-Learning-Kurse innerhalb weniger Wochen zu erstellen und zu verbreiten. Während beispielsweise eine Stunde eines konventionellen E-Learning-Kurses 73[8] bis 220[9] Entwicklerstunden benötigen, benötigt eine Rapid E-Learning-Einheit im Durchschnitt 33 Entwicklerstunden.[9]
Software
Etliche Rapid E-Learning-Softwarewerkzeuge mit unterschiedlichsten Möglichkeiten sind kommerziell verfügbar. Die meisten davon sind Autorenwerkzeuge, die Rapid E-Learning als Feature beinhalten. Einige dieser Werkzeuge, die einen höheren Bekanntheitsgrad erreicht haben, sind ActivePresenter, Adobe Captivate, Alphastudy, Articulate Presenter, Rapid Intake, iSpring Suite, Coggno, Dokeos, Lectora, Odijoo, SmarterU Udutu and Wondershare PPT2Flash.
Einige dieser Werkzeuge behandeln jede Folie als Lernobjekt und erlauben es, Tests und Online-Aktivitäten zwischen den Folien hinzuzufügen. Ein Teil dieser Werkzeuge sind Online-Dienste, andere Desktop-Anwendungen.
Ein Markttrend ist weiterhin die Kombination von Rapid E-Learning mit Screencasts (das Filmen des eigenen Bildschirms einschließlich der Mausbewegungen), um sowohl einen Foliensatz als auch Anwendungsdemonstrationen nutzen zu können. Diese Kombination ist insbesondere bei Einführungskursen zu Software-Produkten sinnvoll.
Einzelnachweise
- Karrer, T. (2006): is Rapid eLearning? : eLearning Technology.
- Brandon, B. (2005): Exploring the definition of „Rapid eLearning“ (PDF; 99 kB).
- Bersin, J. & O'Leonard, K. (2005): Rapid E-Learning: What Works Study.
- Jones, A. (2003): The use and abuse of Powerpoint in Teaching and Learning in the Life Sciences: A Personal Overview (Memento des Originals vom 22. August 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
- Van Dam, N. (2007): 25 Best Practices in Learning & Talent Development (Memento des Originals vom 27. Januar 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
- Schott, Franz; Azizi Ghanbari, Shahram (2008): [Kompetenzdiagnostik, Kompetenzmodelle, kompetenzorientierter Unterricht. Waxman-Verlag, Münster et al.]
- De Praetere, T. (2009): From Powerpoint to Mindmaps in e-learning (Memento des Originals vom 2. Januar 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
- Robyn A. Defelice, Karl M. Kapp: Time to Develop One Hour of Training. ASTD. Archiviert vom Original am 29. Oktober 2009. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 23. Oktober 2009.
- Bryan Chapman: How long does it take to create learning?. Abgerufen am 23. Oktober 2009.