Rüdesheimer Platz
Der Rüdesheimer Platz liegt im Berliner Ortsteil Wilmersdorf und stellt das Zentrum des Rheingauviertels dar. Der Platz ist im Westen flankiert von der Rüdesheimer Straße und im Osten von der Ahrweilerstraße. Die Straßen sind nach Städten und Orten aus dem Rheingau-Taunus-Kreis im Land Hessen benannt. Seit 1972 besteht eine Patenschaft des damaligen Bezirks Wilmersdorf mit dem Landkreis Rheingau-Taunus, eine Partnerschaft seit 1991. Zur Partnerschaft gehört auch seit 1984 der Weinberg im Stadion Wilmersdorf mit Rebstöcken aus dem Rheingau-Taunus (je 100 Reben der Sorten Riesling und Ehrenfelser), aus denen die Winzer die Wilmersdorfer Rheingauperle keltern. Die erste Ernte war im Herbst 1986.
Rüdesheimer Platz | |
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Brunnenanlage auf dem Rüdesheimer Platz (Ausschnitt: Siegfried, der Rosslenker) | |
Basisdaten | |
Ort | Berlin |
Ortsteil | Wilmersdorf |
Angelegt | ab 1905 |
Neugestaltet | 20. und 21. Jh. |
Einmündende Straßen | Rüdesheimer Straße, Ahrweilerstraße, Landauer Straße, Eberbacher Straße |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Fußgänger |
Platzgestaltung | Paul Jatzow |
Technische Daten | |
Platzfläche | 18.000 m² |
Entstehung
Der Rüdesheimer Platz wurde um 1905 von Georg Haberland unter ästhetischen Aspekten und angeregt durch die reformerischen Ideen aus der englischen Architektur geplant. Um einen einheitlichen und trotzdem einen individuellen Charakter der umgebenden Bebauung zu erhalten, hat er für die Fassaden einen einzigen Architekten, Paul Jatzow, verpflichtet, während die Geschosse durch weitere Architekten geplant wurden. Georg Haberland war der Investor und Geschäftsführer der Terrain-Gesellschaft Berlin-Südwesten, Sohn von Salomon Haberland, Mitglied der Wilmersdorfer Gemeindeverwaltung und Berliner Stadtverordneter.
Die Wohnsiedlung gilt als vorbildliche Frühform aufgelockerter Bauweise im Grünen. So prägen die um 1910 im englischen Landhausstil errichteten Wohnhäuser den gesamten Stadtplatz durch ihre Fassaden, Giebel und auch die Vorgärten, die sogenannten „Gartenterrassen“.
Erscheinung
Die Grünanlage liegt etwas tiefer und ist durch den alten Baumbestand und die Blumenrabatten eine kleine Oase inmitten der Großstadt. Das gesamte Gebiet wurde 1988 als „Geschützter Baubereich mit Gartendenkmal“ festgesetzt.[1] Zur Eröffnung des U-Bahnhofs Rüdesheimer Platz, gebaut 1911–1913 von Wilhelm Leitgebel, entstand im Auftrag der Stadtväter von Charlottenburg auch die „Gartenterrassenstadt“.
Interessantes am und auf dem Platz
U-Bahnhof Rüdesheimer Platz
Der U-Bahnhof Rüdesheimer Platz entstand im Rahmen des Ausbaus der Wilmersdorf-Dahlemer-Untergrundbahn zwischen Wittenbergplatz und Thielplatz im Süden der Domäne Dahlem, heute Teilstrecke der Linie U3 von der Warschauer Straße bis zur Krummen Lanke. Eröffnung war am 12. Oktober 1913.
Die damals eigenständige Gemeinde Wilmersdorf legte seinerzeit großen Wert auf die Ausgestaltung der Bahnhöfe. Wie auch die anderen historischen Bahnhöfe der der Linie U3, nimmt der U-Bahnhof Rüdesheimer Platz Bezug zu seiner Umgebung. Motive des Weinbaus schmücken in Form von Mosaiken und Keramiken des Künstlers Martin Meyer-Pyritz den Bahnhof.
Von 1987 bis 1988 wurde der Bahnhof saniert und weitestgehend in den Vorkriegszustand zurückversetzt. Dabei wurden die ehemaligen Werbeflächen im Bahnhof mit moderner Graffitikunst versehen.
Siegfriedbrunnen
Zur Rüdesheimer Straße hin befindet sich auf dem Platz der Siegfriedbrunnen. Die 1911 von Emil Cauer d. J. entworfene Brunnenanlage wird in ihrer Mitte von Siegfried, dem Rosslenker überragt. Flankiert ist er von zwei Skulpturen: zur Rechten von einer Weinkönigin, oft auch als allegorische Figur der Mosel bezeichnet, zur Linken von einer männlichen Skulptur – auch als Vater Rhein beschrieben. Am östlichen Ende, zur Ahrweilerstraße hin, schließt seit Ende der 1970er Jahre ein Kinderspielplatz die Grünanlage ab.
Historisches Toilettenhäuschen
Ein aus den Resten des ehemaligen Pissoirs vom Goslarer Platz umkonstruiertes „Café Achteck“ konnte am 18. Mai 2006 eingeweiht werden. Die Firma Wall AG sorgte für eine moderne Ausstattung und die Wiederaufstellung.[2] (Lage )
Straßenbibliothek
Von Anfang September 2010 bis Ende Januar 2011 stand hier eine – „BücherboXX“ genannte – öffentliche Straßenbibliothek. Es handelt sich dabei um ein ausrangiertes und umgebautes Telefonhäuschen (Typ TelH78) der Deutschen Telekom, in dem jeder seine nicht mehr benötigten Bücher ablegen kann, damit sie sich andere ausleihen können. Das Projekt wurde als LSK-Projekt (Lokales Soziales Kapital) mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes Berlin vom Bezirk Steglitz-Zehlendorf gefördert und vom Rat für Nachhaltige Entwicklung mit dem Qualitätslabel „Werkstatt N-Impuls 2011“ ausgezeichnet. Seit Juni 2011 wird die Bücherbox in neuem Gewand als „Villa Libris“ weitergeführt.[3]
Rheingauer Weinbrunnen
Der Rheingauer Weinbrunnen wird seit 1967 betrieben. An einem – für den Rheingau typischen – Weinprobierstand werden Wein und Sekt aus der Region ausgeschenkt. Er findet in den Sommermonaten von Mai bis September statt. Seit den 1980er Jahren bieten Winzer aus dem Weinbaugebiet Rheingau im Wechsel ihre Weine an. Seit 2005 beteiligen sich auch Winzer aus Winkel, Oestrich und aus Erbach.[4] Der mit dem Besuch des kleinen Weinfestes verbundene Lärm führte schon häufig zu Streit mit Anwohnern. Das Bezirksamt hat daraufhin strenge Auflagen erlassen: der Weinstand muss um 21:30 Uhr geschlossen werden, bis 21:45 Uhr können die Pfandgläser noch zurückgegeben werden. Eine Sicherheitsfirma sorgt dann freundlich für das Verlassen des Weinbrunnen-Areals, das schließlich noch mit einem Baustellengitter abgeschlossen wird. Trotzdem hat am 11. Juni 2014 ein Anwohner beim Berliner Verwaltungsgericht einen Eilantrag auf Rücknahme der Schankerlaubnis gestellt, unterlag jedoch 2016 im Hauptsacheverfahren.[5]
Medien
Der Rüdesheimer Platz diente als Inspiration für den Liedermacher Manfred Maurenbrecher, der im Jahr 2011 danach das Lied Paradies Rüdi textete und komponierte. In seinen Auftritten wird es des Öfteren dargeboten.
Im Jahr 2015 kürte die New York Times die angrenzende Rüdesheimer Straße stellvertretend für den gesamten Kiez zu einer der zwölf schönsten Straßen Europas.[6]
Literatur
- Georg Haberland: 20 Jahre Berlinische Bodengesellschaft, Berlin 1921
- Walter Lehweiß: Der Wettbewerb für die künstlerische Ausgestaltung des Rüdesheimer Platzes. In: Berliner Architekturwelt. Jg. 14 (1912), Heft 1, urn:nbn:de:kobv:109-opus-6708, S. 33–39. (Sechs Abbildungen)
- Kurt Pallmann: Die Gartenterrassenstadt in Wilmersdorf. In: Berliner Architekturwelt. Jg. 14 (1912), Heft 8, urn:nbn:de:kobv:109-opus-6778, S. 295–313. (22 Abbildungen)
- F. Zahn: Wettbewerb „Rüdesheimer-Platz“ in Wilmersdorf bei Berlin. In: Die Gartenkunst Nr. 3/1911, S. 45–52.
- Senator für Bau- und Wohnungswesen Berlin (Hrsg.): Gemeinsames Wohnen am Rüdesheimer Platz: das Internationale Begegnungszentrum für Ausländische Wissenschaftler. Archibook, Berlin 1983, ISBN 3-88531-111-9.
Weblinks
- Geschichte und Gegenwart des Platzes beim Bezirksamt
- Rüdesheimer Platz. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
- Rüdesheimer Platz. In: Bezirkslexikon auf berlin.de
Einzelnachweise
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
- Café Achteck, historisches WC. berlin.de, abgerufen am 16. Januar 2011.
- BücherboXX international; BücherboXX Blog
- Rheingauer Weinbrunnen. In: Bezirkslexikon auf berlin.de
- Der Wein kann weiter fließen am Rüdesheimer Platz. (tagesspiegel.de [abgerufen am 16. Juli 2017]).
- Favorite Streets in 12 European Cities. In: The New York Times. 16. April 2015, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 30. Juni 2016]).