Pull-Back
Als Pull-Back (englisch zurückziehen) werden Maßnahmen bezeichnet, die Migranten an der Ausreise aus ihrem Heimatland hindern bzw. sie nach Ausreise ohne vorheriges Asylverfahren umgehend wieder in ihre Herkunftsländer rückverbringen.[1][2] Beim sogenannten Pushback werden Migranten hingegen lediglich von den Grenzen ihres Zielandes zurückgedrängt.
Pull-Backs kommen beispielsweise an der türkisch-bulgarischen Grenze vor, wenn die türkische Grenzpolizei Personen davon abhält, von der Türkei nach Bulgarien zu gelangen. Diese haben sich besonders seit dem Putschversuch 2016 verstärkt.[3]
Auch die libysche Küstenwache führt Pull-Backs durch, in dem sie Personen, die zum Beispiel nach Italien wollen[4], auf dem offenen Meer abfängt und dann wieder zurück auf das libysche Festland bringt.[5] Diese Praktik führe laut Amnesty International dazu, dass für Flüchtlinge die Fluchtrouten noch gefährlicher würden.[6]
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hält einen Mitgliedstaat, der eine Pull-Back-Aktion anfordert, unter bestimmten Umständen für Verstöße gegen das Recht auf Asyl oder andere Menschenrechte verantwortlich – und zwar in „Fällen, in denen ein klarer Zusammenhang zwischen einer solchen bilateralen Zusammenarbeit, dem fehlenden Zugang zu Asyl und anderen Menschenrechtsverletzungen besteht“.[7] Die Versammlung forderte alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf „von Push-Back-Aktionen oder Absprachen über Pull-Back-Aktionen an ihren Außen- oder Binnengrenzen abzusehen“[8] und „den an ihrer Grenze ankommenden Asylsuchenden, Flüchtlingen und Migranten einen angemessenen Schutz zu gewähren und somit von jeglichen Push-Backs abzusehen, unabhängige Überwachungen zuzulassen und sämtliche mutmaßlichen Push-Backs eingehend zu untersuchen“.[9]
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags wies in einer Ausarbeitung von 2020 auf eine weitere Problematik hin: „Durch die Mitwirkung an pull-back-Operationen können sich private Seenotretter und Handelsschiffkapitäne möglicherweise wegen „Aussetzung“ nach § 221 strafbar machen“. Er forderte den Gesetzgeber in Deutschland angesichts einer möglichen rechtlichen Grauzone dazu auf, „den unter deutscher Flagge fahrenden Schiffen größtmögliche Handlungs-und Rechtssicherheit zu verschaffen“.[10]
Einzelnachweise
- Lena Riemer: From push-backs to pull-backs: The EU’s new deterrence strategy faces legal challenge. Netzwerk Flüchtlingsforschung vom 16. Juni 2018, abgerufen am 5. Februar 2021.
- Council of Europe: Pushback policies and practice in Council of Europe member States. Abgerufen am 25. Januar 2021 (englisch).
- Bordermonitoring Bulgaria: Push-Backs and Pull-Backs: Bulgaria and Turkey continue to collaborate closely as ‚gatekeepers‘ of the EU | Bordermonitoring Bulgaria. Abgerufen am 26. Januar 2021 (deutsch).
- Italy's deal with Libya to 'pull back' migrants faces legal challenge. 8. Mai 2018, abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch).
- Wissenschaftlicher Dienst stärkt Rechte von Geflüchteten. 21. April 2020, abgerufen am 26. Januar 2021.
- Amnesty International: Between the devil and the deep blue sea. Abgerufen am 26. Januar 2021 (englisch).
- Entschließung 2299 (2019): Die Politik und Praxis der Push-Backs in den Mitgliedstaaten des Europarates. BT-Drs. 19/24611 S. 36–40. Siehe Abschnitt 8 auf S. 37.
- Entschließung 2299 (2019): Die Politik und Praxis der Push-Backs in den Mitgliedstaaten des Europarates. BT-Drs. 19/24611 S. 36–40. Siehe Abschnitt 16 auf S. 39.
- Empfehlung 2161 (2019): Die Politik und Praxis der Push-Backs in den Mitgliedstaaten des Europarates. BT-Drs. 19/24611 S. 40–41. Siehe Abschnitt 3 auf S. 40.
- Ausarbeitung, WD 2–3000–014/20. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, 2020, abgerufen am 13. Februar 2020. S. 23.