Problem der 15 Schulmädchen
Das Problem der 15 Schulmädchen wurde 1850 von Thomas Kirkman formuliert.
Es lautet:
“Fifteen young ladies in a school walk out three abreast for seven days in succession: it is required to arrange them daily, so that no two shall walk twice abreast.”
„Fünfzehn Schulmädchen spazieren sieben Tage hintereinander in Dreiergruppen, man teile sie täglich so ein, dass keine zwei Schulmädchen zweimal zusammen spazieren.“
Im allgemeinen Fall sollen n Schulmädchen y Tage hintereinander ausgehen, sodass ein Schulmädchen genau einmal mit irgendeinem anderen der Mädchen in einer Dreiergruppe ist. Dabei gilt entsprechend der Zahl der verschiedenen Paarungen eines Schulmädchens mit den anderen. Das erfordert, dass n ein ungerades Vielfaches von drei ist.[1]
Das Problem wurde 1850 von Kirkman in der Zeitschrift für Unterhaltungsmathematik The Lady’s and Gentleman’s Diary gestellt[2] und Lösungen wurden von Arthur Cayley[3] und Kirkman selbst gegeben.[4] Später gab es einen Streit zwischen Kirkman und dem berühmten Mathematiker James Joseph Sylvester, der ebenfalls die Einführung des Problems für sich in Anspruch nahm. Auch als Jakob Steiner 1853 Probleme über Steiner-Systeme stellte (mit einer Lösung von Reiss 1859), sechs Jahre nach der Veröffentlichung von Kirkman von 1847 über von ihm sogenannte Triaden-Systeme,[5] war Kirkman indigniert.[6] Kirkmans Beitrag fiel zeitweise fast in Vergessenheit, trotz einer Würdigung durch L. D. Cummings 1918.[7] Das Schulmädchenproblem findet sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in verschiedenen klassischen Büchern über Unterhaltungsmathematik wie dem von Wilhelm Ahrens[8], Édouard Lucas[9], W. W. Rouse Ball[10] und Henry Dudeney[11]
Das Schulmädchen-Problem ist ein Spezialfall des Oberwolfach-Problems und der Steiner-Systeme S (t,k,n), einem System von n Elementen mit einer Einteilung in k-elementige Blöcke als Untermengen, so dass jede Untermenge von t Elementen in genau einem Block ist (auch t-(n,k,1) Blockplan genannt). Im Schulmädchenproblem für n Schulmädchen hat man es mit Steiner-Tripel-Systemen S (2,3,n) zu tun, genauer einem solchen mit Parallelismus (Kirkman-Tripel-System) und von der Ordnung 2.[12] Kirkman-Tripel-Systeme sind Steiner-Tripel-Systeme, bei denen die Tripel so in disjunkte Klassen eingeteilt werden können, dass jede Klasse eine Zerlegung der Gesamtmenge ergibt. Das Problem der 15 Schulmädchen fragt nach der Existenz eines Kirkman-Tripel-Systems für 15 Elemente. Kirkman war der erste, der bewies, dass es Steiner-Tripel-Systeme mit n Elementen genau dann gibt, wenn n=1 mod 6 oder n=3 mod 6.[6] Es gibt im Fall n=15 insgesamt sieben Möglichkeiten, die Schulmädchengruppen so wie gefordert einzuteilen. Diese wurden 1862/1863 von Wesley Woolhouse in derselben Zeitschrift veröffentlicht, in der Kirkman das Problem stellte.[13][14] Die Frage, ob eine Lösung isomorph zu einer anderen ist, ist nicht einfach: bis 1881 wurden 11 Lösungen veröffentlicht, aber erst 1917 bzw. 1922 wurde bewiesen, dass es nur 7 nicht-isomorphe Lösungen gibt.[6]
Eine geometrische Darstellung der 7 Lösungen des 15-Schulmädchenproblems über die 8 Ecken, 6 Seiten eines Würfels und den Gesamtwürfel gab E. W. Davis 1897[15] und bewies, dass es keinen Automorphismus der Ordnung 7 gibt. Pavone und Falcone gaben zwei weitere geometrische Beschreibungen über die 4 Ecken, 6 Kanten, 4 Seitenflächen eines Tetraeders und den Gesamt-Tetraeder. Dies war gleichzeitig ein Modell der dreidimensionalen projektiven Geometrie PG (3,2) über dem endlichen Körper mit zwei Elementen.[6]
Die allgemeine Lösung solcher Probleme erwies sich als schwieriger als ursprünglich angenommen. Der Beweis der Existenz einer Lösung im allgemeinen Fall wurde von Richard M. Wilson und D. K. Ray-Chaudhuri 1968 erbracht[16] und 2014 wurde sogar allgemeiner ein Existenzbeweis für zulässige Blockpläne von Peter Keevash gegeben (mit endlich vielen Ausnahmen). Es gibt nicht für jedes n und jede Kombination von Parametern Lösungen: Gewisse natürliche Teilbarkeitsbedingungen müssen erfüllt sein, zum Beispiel muss im Fall der Schulmädchen wie erwähnt deren Anzahl n ein ungerades Vielfaches von drei sein. Sind diese Bedingungen aber erfüllt, konnte Wilson die Existenz einer Lösung beweisen. Die Anzahl der Lösungen nimmt nach Keevash mit n exponentiell zu.
Kirkmans Schulmädchenproblem war der Beginn der Entwicklung der Theorie der Blockpläne oder kombinatorischen Designs.
Mit der zusätzlichen Bedingung, dass am ersten Tag die Mädchen der Reihe nach an den Tischen verteilt sitzen, werden durch Permutation der Personen generierte weitere Lösungen ausgeschlossen.
Explizit lautet eine der Lösungen für die Schulmädchen:
Tisch 1 | Tisch 2 | Tisch 3 | Tisch 4 | Tisch 5 | |
---|---|---|---|---|---|
Sonntag | Anna Frieda Karin |
Berta Gabi Lisa |
Clara Hanna Moni |
Dora Inge Nena |
Erna Jutta Olga |
Montag | Anna Berta Erna |
Clara Dora Gabi |
Frieda Moni Olga |
Hanna Inge Lisa |
Jutta Karin Nena |
Dienstag | Anna Gabi Nena |
Berta Clara Frieda |
Dora Erna Hanna |
Inge Jutta Moni |
Karin Lisa Olga |
Mittwoch | Anna Lisa Moni |
Berta Dora Jutta |
Clara Nena Olga |
Erna Frieda Inge |
Gabi Hanna Karin |
Donnerstag | Anna Hanna Jutta |
Berta Moni Nena |
Clara Erna Karin |
Dora Frieda Lisa |
Gabi Inge Olga |
Freitag | Anna Dora Olga |
Berta Inge Karin |
Clara Jutta Lisa |
Erna Gabi Moni |
Frieda Hanna Nena |
Samstag | Anna Clara Inge |
Berta Olga Hanna |
Dora Karin Moni |
Erna Lisa Nena |
Frieda Gabi Jutta |
Literatur
- W. W. Rouse Ball: Mathematical Recreations and Essays, Macmillan 1926, Kapitel X (Kirkman's School-Girls Problem)
- Martin Gardner: Dinner guests, schoolgirls and handcuffed persons, Scientific American Mai 1980 und in: Gardner The last recreations, Springer 1997, S. 121–138
- Giovanni Falcone, Marco Pavone: Kirkman's Tetrahedron and the Fifteen Schoolgirls Problem, American Mathematical Monthly, Band 118, Heft 10, 2011, S. 887–900
Weblinks
Einzelnachweise
- Rouse Ball, Mathematical Recreations and Essays, Macmillan 1926, S. 193
- Query VI, in: The Lady’s and Gentleman’s Diary for the year 1850, S. 48
- Cayley: On the triadic arrangements of seven and fifteen things, Phil. Mag. 37, 1850, S. 50–53
- Kirkman: Note on an unanswered prize question, The Cambridge and Dublin Mathematical Journal, Band 5, 1850, S. 255–262. Einen allgemeineren Fall behandelte er schon drei Jahre früher,Cambridge and Dublin Math. J., Band 2, 1847, S. 191–205
- Kirkman, On a problem in combinations, Cambridge and Dublin Math. J., Band 2, 1847, S. 191–204
- Giovanni Falcone, Marco Pavone: Kirkman's Tetrahedron and the Fifteen Schoolgirls Problem, American Mathematical Monthly, Band 118, Heft 10, 2011, S. 887–900
- L. D. Cummings, An undervalued Kirkman paper, Bull. Amer. Math. Soc., Band 24, 1918, S. 336–339.
- W. Ahrens: Mathematische Unterhaltungen und Spiele, Teubner 1901, S. 274–285
- E. Lucas, Récréations Mathématiques, Band 2, Gauthier-Villars, Paris, 1883.
- Rouse Ball, Mathematical Recreations and Essays, Macmillan 1892
- Dudeney, Amusements in mathematics, Thomas Nelson and Sons, 1917
- Kirkman Triple System, mathworld
- Woolhouse: On triadic combinations of 15 symbols. In: Lady’s and Gentleman’s Diary, 1862, Seiten 84–88 (reprinted in Assurance Magazine, 1862, Seiten 275–281).
- Woolhouse: On triadic combinations. In: Lady’s and Gentleman’s Diary, 1863, Seiten 79–90.
- E. W. Davis, A geometric picture of the fifteen school girl problem, Ann. of Math., Band 11, 1897, S. 156–157
- Ray-Chaudhuri, Wilson: Solution of Kirkman’s schoolgirl problem, in: Combinatorics, University of California, Los Angeles, 1968, Proc. Sympos. Pure Math, American Mathematical Society, Band 19, 1971, S. 187–203