Pro Juventute (Österreich)

Pro Juventute ist eine österreichische Kinder- und Jugendhilfsorganisation. Der Verwaltungssitz der privaten und unabhängigen Organisation befindet sich in Salzburg. Sie finanziert sich über Spenden und öffentliche Gelder und trägt seit 2002 das Österreichische Spendengütesiegel. Das Kontrollorgan des Vereins Pro Juventute ist das Kuratorium. Es übt eine aufsichtsratsähnliche Funktion aus. Seit der Gründung 1947 konnte bereits über 6000 Kindern geholfen werden.

Pro Juventute
Rechtsform Verein
(ZVR: 852685612)
Gründung 10. Oktober 1947
Sitz Salzburg
Geschäftsführung Susanne Molnar
Andrea Scharinger
Website www.projuventute.at
Österreichkarte Pro Juventute (Österreich)

Geschichte

Aus Anlass d​er großen Not d​er Kriegswaisen a​m Ende d​es Zweiten Weltkrieges erfolgte 1947 d​ie Gründung d​es Vereins i​n Salzburg a​ls Erste Österreichische Kinderdorfvereinigung d​urch die Ehepaare Schubert, Maislinger u​nd Walla. Zweck sollte d​ie Errichtung e​ines Kinderdorfes n​ach Vorbild d​es Pestalozzidorfes sein, i​n dem e​s den Kindern ermöglicht wird, b​is zum Erreichen d​er Selbständigkeit i​n einer familienähnlichen Gruppe aufzuwachsen.[1][2] Ab e​twa 1950 k​am die Organisation Pro Juventute (lat. „Für d​ie Jugend“) hinzu, w​obei dies schnell z​um Hauptnamen d​es Vereins wurde.

Von 1948 b​is Juni 2005 wurden Karten für Ballon- u​nd Luftschiffpost aufgelegt. Mit d​em Kauf d​er Belege u​nter dem Motto „Sammler helfen Kindern“ konnten in- u​nd ausländische Philatelisten d​ie Organisation unterstützen. Dieses Programm w​urde mittlerweile eingestellt, d​a durch d​en Rückgang d​er Verkäufe d​er Aufwand höher a​ls die Einkünfte gewesen wäre.

Von 1950 bis 1955 entstanden im steirischen Rottenmann die ersten vier Pro-Juventute-Häuser für ebenso viele Großfamilien. Die Betreuung übernahmen ehrenamtliche Pflegeeltern, die mit den eigenen Kindern und den Pflegekindern in einem Haus der Pro Juventute lebten. Im Laufe der nächsten 35 Jahre bis 1990 wurde die Idee eines „Großfamilienhauses“ in vielen österreichischen Gemeinden umgesetzt. 27 Pro-Juventute-Einrichtungen wurden in diesem Zeitraum eröffnet und bezogen. Inzwischen sind die eigentlichen Kriegswaisen versorgt und es gilt immer mehr „Sozialwaisen“ unterzubringen. Von 1990 bis 2000 erfolgte eine Erweiterung der Organisationsschwerpunkte um Beratung für Familien und Kinder, die Familienberatung der Pro Juventute wurde zu einem festen Bestandteil des Angebots.

1990 w​urde in Rehhof b​ei Salzburg d​ie erste sozialpädagogische Jugendwohngemeinschaft eröffnet. Pflegemütter bzw. -väter wurden a​b 1993 angestellt, w​obei der Ehepartner jeweils seiner bisherigen Berufstätigkeit nachging. In d​en kommenden Jahren ließ Pro Juventute d​as Modell „Familienwohngruppe“ zugunsten sozialpädagogischer Wohngemeinschaften m​it professionellen Mitarbeitern i​m Turnusdienst auslaufen.

Seit 2002 trägt Pro Juventute d​as österreichische Spendengütesiegel.

Angebote

  • Stationäre Angebote
    • Sozialpädagogische Kinder- und Jugendwohnhäuser: Fachlich ausgebildete Mitarbeiter begleiten die Kinder im Alltag und helfen ihnen dabei, ihre Potenziale zu entdecken und zu entfalten. Soweit es möglich ist, werden die Eltern dabei mit einbezogen.
    • Intensivpädagogische Wohngemeinschaften: Sind mit einem speziellem Wohn- und Betreuungskonzept sowie mit besonderen pädagogischen und personellen Ressourcen ausgestattet. Es erfordert u. a. einen höheren Personaleinsatz als in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften.
    • Sozialpädagogische Pflegestellen: Als Außenstellen von sozialpädagogischen Einrichtungen bieten sozialpädagogische Pflegestellen eine Wohnform auf Zeit, innerhalb einer Familie. Dort werden Kinder und Jugendliche betreut, deren Perspektive noch ungeklärt ist und deren Bedürfnisse weder in einer Wohngruppe noch in einer Pflegefamilie ausreichend erfüllt werden können.
    • Wohnformen im Übergang zur Selbständigkeit – Betreutes Wohnen – BEWO: Die Jugendlichen und/oder jungen Erwachsenen wohnen selbstständig in einer Wohnung, sind aber nicht auf sich allein gestellt. Die sozialpädagogisch ausgebildeten Mitarbeiter von Pro Juventute begleiten und unterstützen sie.
  • Ambulante Angebote
    • Pro Juventute Mobil: Die mobile Familienbetreuung der Pro Juventute in Tirol kommt zu jenen Familien nach Hause, die Hilfe brauchen, weil sie sich in einer schwierigen Situation befinden, die sie alleine nicht mehr bewältigen können.
    • Flexible Hilfen: Pro Juventute betreut die Familien vorwiegend in ihrem Umfeld. Die Fähigkeiten von Kindern, Jugendlichen und Familien werden gefördert und ihre Selbstverantwortung wird gestärkt.
    • Langzeitfamilienhilfe: Im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe unterstützen und begleiten ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter von Pro Juventute Langzeitfamilienhilfe Familien in schwierigen Lebenssituationen. Die Unterstützung findet im unmittelbaren Lebensumfeld statt und orientiert sich am Lebensalltag der Familien. Gemeinsam mit den Familienmitgliedern werden Wege für ein gutes Zusammenleben und die Bewältigung von Alltag und besonderen Herausforderungen gesucht.
    • Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Burgenland – Pro Juventute & Soziale Initiative: besteht seit 1. Januar 2019 und ist eine anerkannte Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe gemäß Bgld. KJHG mit zwei Angeboten:
      • Familienintensivbetreuung: fördert die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und erweitert das Handlungsspektrum der Eltern. Es handelt sich um eine mittel- bis längerfristige Betreuung der gesamten Familie zur Lösung von erzieherischen, psychischen, materiellen und/oder sozialen Problemen und ist eine ambulante und mobile Betreuungsform im Rahmen der „Unterstützung der Erziehung“.
      • soz.-päd. Kinder- und Jugendbetreuung: ist eine intensive Einzelbetreuung von Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Problemsituationen oder nach einer außerfamiliären Unterbringung im Rahmen der Vollen Erziehung, um den erreichten Erziehungserfolg zu sichern. Sie werden bei der Entwicklung einer eigenverantwortlichen Lebensführung unterstützt. Gemeinsam erarbeitete Ziele werden individuell festgelegt und mit den Kindern und Jugendlichen bedürfnisorientiert, unter Einbeziehung der Eltern bzw. anderen beteiligten, bearbeitet.
  • Mobile Jugendarbeit: Der Kontakt zu Kinder und Jugendlichen wird dort gesucht, wo sie sich treffen: auf der Straße, in der Schule oder an öffentlichen Plätzen. Die Mitarbeiter von Pro Juventute reden mit ihnen über ihre Probleme und Sorgen und entwickeln gemeinsam positive Perspektiven und Lösungen.
  • Bildungsangebote für Erwachsene und Kinder: Die Pro-Juventute-Akademie bietet einem Fachpublikum und all jenen, die sich für pädagogische Themen interessieren, Seminare und Tagungen an. Ein weiterer Schwerpunkt ist die laufende Fortbildung der Mitarbeiter von Pro Juventute.

Einzelnachweise

  1. Österreichisches Forschungsinstitut für Wirtschaft und Politik (Hg.): Berichte und Informationen, Bände 76–100, ohne Paginierung
  2. Universitas, Band 3, Ausgaben 1–6, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 1948, S. 252
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