Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung
Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 EU-Vertrag) besagt, dass Organe der Europäischen Union bzw. der Europäischen Atomgemeinschaft nur dann Rechtsnormen erlassen dürfen, wenn sie durch die Verträge, das sogenannte Primärrecht, dazu explizit ermächtigt sind. Die EU kann also nicht eigenmächtig Kompetenzen an sich ziehen, sie besitzt keine Kompetenz-Kompetenz. Jede Rechtsetzung der EU bedarf daher immer einer ausdrücklichen Grundlage in den Verträgen. Im Übrigen bleibt die Rechtssetzungsbefugnis bei den Mitgliedstaaten.
Die Einzelstaaten kommen durch eine Ermächtigung in völkerrechtlichen Verträgen des primären Gemeinschaftsrechts überein, auf einen Teil ihrer Souveränität zu verzichten und diesen in die Zuständigkeit der EU zu übertragen. In Deutschland findet diese Übertragung in Art. 23 des Grundgesetzes ihre verfassungsrechtliche Legitimation.
Der Europäische Gerichtshof betonte bisher in seinen Entscheidungen immer die Geltung des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung. Allerdings legte er die in den Verträgen enthaltenen Ermächtigungen bislang regelmäßig zugunsten der Kompetenzen der Europäischen Union weit aus.
So wird das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung ergänzt durch die Implied-Powers-Doktrin. Diese besagt, dass die in den Verträgen vorgesehenen Kompetenznormen auch die Tatbestände erfassen, ohne die die Kompetenznormen nicht sinnvoll zur Anwendung gelangen können.