Potentialausgleich
Potentialausgleich bezeichnet eine elektrisch gut leitfähige Verbindung, die unterschiedliche elektrische Potentiale minimiert. Der Potentialausgleich wird umgangssprachlich häufig auch als Erdung bezeichnet.[1] Die Forderung für den Potentialausgleich ergibt sich aus den „Anforderungen zum Schutz gegen elektrischen Schlag“ und ist international in der IEC 60364-4-41:2005 und für Deutschland in der DIN VDE 0100-410:2007-06 festgelegt. Die Verbindung aller leitfähigen Körper (Gehäuse) elektrischer Betriebsmittel mit einem geerdeten Schutzleiter und mit der Haupterdungsschiene ist die Grundlage für den Schutz gegen elektrischen Schlag. Die in der VDE vorrangig angeführte Schutzmaßnahme der „automatischen Abschaltung der Stromversorgung im Fehlerfall“ wird durch normgerechte Ausführung[2] mit anschließender Prüfung der Anlage sichergestellt. Durch die Prüfung wird auch die ausreichend kleine Schleifenimpedanz für die automatische Abschaltung im Fehlerfall nachgewiesen.
Die technische Ausführung für den Potentialausgleich, die Dimensionierung der Querschnitte und die genormten Begriffe ergeben sich aus der IEC 60364-5-54:2011 und für Deutschland aus der DIN VDE 0100-540:2012-06.[3]
Der Hauptpotentialausgleich wird im Hausanschlussraum eines Gebäudes hergestellt. Einzubinden sind Erdungsleiter, alle Schutzpotentialausgleichsleiter und die Schutzleiter der Stromversorgung, die alle auf einer Haupterdungsschiene zusammengeführt werden. Über den Erdungsleiter wird eine Verbindung mit dem Fundamenterder oder einer anderen Art von Erder hergestellt. Gegebenenfalls bestehen Verbindungen vom Fundamenterder zu den Ableitungen einer Blitzschutzanlage (LPS).[4]
Definition nach VDE
Gemäß DIN VDE 0100 Teil 200 ist der Potentialausgleich folgendermaßen definiert: »Herstellen elektrischer Verbindungen zwischen leitfähigen Teilen, um Potentialgleichheit zu erzielen.«
Schutzpotentialausgleich
Der Schutzpotentialausgleich ist der Potentialausgleich zwischen allen in ein Gebäude führenden fremden leitfähigen Teilen (wie metallenen Wasserleitungen, Abwasserleitungen oder Gasleitungen (mit Isolierzwischenstück)) sowie „fremden leitfähigen Teilen im Gebäude“ wie metallenen Leitungen, Klimaanlage, Heizung und „leitfähigen Teilen im Handbereich von Personen“ und der Haupterdungsschiene (Hauptpotentialausgleichsschiene).[5] Alle diese Teile sind mittels Schutzpotentialausgleichsleitern mit der Haupterdungsschiene zu verbinden.[6] In der Regel werden die Anschlüsse mit Kupferleitungen in einem Mindestquerschnitt von 2,5 mm² bei mechanisch geschützter bzw. 4 mm² bei ungeschützter Verlegung ausgeführt.
Um eine Verschleppung von Potentialunterschieden aus dem Erdreich zu vermeiden, sollen Gebäude seit 2010 nur noch an einer einzigen Stelle geerdet werden.[7] Wenn eine leitfähige Rohrleitung von außen ins Gebäude eingeführt wird, so sollte am Hausanschluss eine isolierte Rohrverbindung vorgesehen werden.
Örtlicher Potentialausgleich
Ein örtlicher Potentialausgleich ist ein Potentialausgleich zwischen allen elektrisch leitfähigen Teilen in einem Raum oder Bereich und dem Schutzleiter der in den Raum oder Bereich geführten Leitungen für Niederspannung.
Er ist gemäß DIN VDE 0100 Gruppe 700 vorgeschrieben in Räumen und Bereichen mit besonderer Gefährdung:
- „Nasse Räume“ bzw. "Bereiche" deren Fußboden, Wände oder Einrichtungen mit Wasser abgespritzt werden. Küchen und Badezimmer in Wohnungen und Hotels werden dementsprechend als "Trockene Räume" definiert, da in ihnen nur zeitweise Feuchtigkeit auftritt. (In älteren Publikationen und anderen Zusammenhängen werden diese Räume allerdings häufig noch als Feuchträume klassifiziert.)[8]
- In Räumen mit Badewanne oder Dusche (Teil 701) wurden die Anforderungen 2008 gelockert. Siehe folgenden Abschnitt: Räume mit Badewanne oder Dusche
- Becken von Schwimmbädern und andere Becken (Teil 702), Sauna
- Landwirtschaftliche und gartenbauliche Anwesen (Teil 705)
- Medizinisch genutzte Räume (Teil 710)
- Feuergefährdete Bereiche
- Explosionsgefährdete Bereiche
- Industriegebäude
Auch dieser Potentialausgleich wird im Allgemeinen mit Kupferleitungen mit Mindestquerschnitt von 2,5 mm² bei mechanisch geschützter bzw. 4 mm² bei ungeschützter Verlegung ausgeführt.
Innerhalb eines Gebäudes wird ein örtlicher Schutzpotentialausgleich über einen Schutzpotentialausgleichsleiter mit der Hauptpotentialausgleichsschiene verbunden.
Siehe auch:
Räume mit Badewanne oder Dusche
Nach der letzten Überarbeitung fordert die DIN VDE 0100-701 Ausgabe 2008-10 nur noch den örtlichen Potentialausgleich der Rohrleitungen und Anlagen der Wasser-, Abwasser-, Heizung-, Klima- und Gasinstallationen, indem diese untereinander sowie mit der Schutzleiterschiene im Installationsverteiler oder direkt mit der Hauptpotentialausgleichsschiene verbunden werden.
Die Einbeziehung leitfähiger Bade- und Duschwannen ist nicht mehr erforderlich, aber möglich. Ein bereits vorhandener Potentialausgleich metallischer Bade- und Duschwannen sowie sonstiger leitfähiger Teile soll beibehalten werden.[9]
Hochvoltsysteme
Im Hochvoltsystem, also etwa im batteriebetriebenen Elektrofahrzeug, ist der Potentialausgleich ein zentrales Element der Sicherheit. Alle Hochvoltkomponenten, darunter auch die Leistungselektronik und der Hochvoltbatteriekörper, wie auch die Fahrzeugmasse sind über den Potentialausgleich leitend miteinander verbunden. Sollten zwei Komponenten jeweils einen unterschiedlichen, harten Isolationsfehler aufweisen, fließt ein Kurzschlussstrom, so dass das Auslösen die Sicherung in der Batterie Schlimmeres verhindert. Der Potentialausgleich muss entsprechend belastbar ausgeführt sein (vgl. ISO 6469-3), was neben dem reinen Widerstandswert auch ein wichtiger Faktor ist.[10]
Hochspannungsleitungen, Oberleitungen, Schienen
Hauptartikel: elektrolytische Korrosion, Bahnstrom, Hochspannungsmast, Oberleitung
Normen
- DIN VDE 0100-200:2006-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Begriffe
- DIN VDE 0100-410:2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag
- DIN VDE 0100-540:2012-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Erdungsanlagen, Schutzleiter und Schutzpotentialausgleichsleiter
- DIN VDE 0100-701:2008-10 Errichten von Niederspannungsanlagen – Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Räume mit Badewanne oder Dusche
- DIN VDE 0100-702:2012-03 Errichten von Niederspannungsanlagen – Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Becken von Schwimmbädern, begehbare Wasserbecken und Springbrunnen
- DIN VDE 0100-705:2007-10 Errichten von Niederspannungsanlagen – Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Elektrische Anlagen von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten
- DIN VDE 0100-710:2002-11 Errichten von Niederspannungsanlagen – Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Medizinisch genutzte Räume
- DIN EN 60728-11 VDE 0855-1:2011-06 Kabelnetze für Fernsehsignale, Tonsignale und interaktive Dienste; Sicherheitsanforderungen
- DIN EN 60079 (VDE 0165): Potentialausgleichsmaßnahmen in explosionsgefährdeten Bereichen
Literatur
- Werner Hörmann, Bernd Schröder: Schutz gegen elektrischen Schlag in Niederspannungsanlagen – Kommentar der DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06. VDE-Schriftenreihe Band 140, VDE-Verlag, Berlin, ISBN 978-3-8007-3190-9.
- H. Schmolke, D. Vogt: Potentialausgleich, Fundamenterder, Korrosionsgefährdung. VDE-Schriftenreihe – Normen verständlich. Bd. 35. 6. Auflage. VDE-Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-8007-2787-0
Einzelnachweise
- Wilhelm Rudolph: Einführung in DIN VDE 0100: Elektrische Anlagen von Gebäuden (= VDE Schriftenreihe. Nr. 39). 2. Auflage. VDE-Verlag, Berlin, Offenbach 1999, ISBN 978-3-8007-1928-0, S. 151.
- Schutz gegen elektrischen Schlag. In: Der Elektro-Tipp. Kunden-Information für Elektro-Fachleute. Band 28, Nr. 118. Hensel GmbH & Co. KG, Lennestadt März 2001 (4 S., hensel-electric.de [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 22. Februar 2012]).
- Hartmut Zander: Querschnitt des Schutzpotentialausgleichsleiters: Neue Norm DIN VDE 0100-540:2007-06. (PDF; 307 kB) In: de 1–2. 2008, S. 28–31, abgerufen am 27. Juli 2021.
- Klaus Schulte: Hauptpotentialausgleich in elektrischen Anlagen. In: Elektropraktiker. Band 54, Nr. 1. Berlin 2000, S. 50–52 (elektropraktiker.de [PDF; 97 kB] – darin indes Verweis nur auf Normen nach Stand von 2000).
- Georg Jaanineh: Prüfung von Potentialausgleich und Erdung in elektrotechnischen Anlagen: nach BetrSichV, DGUV Vorschrift 3, VDE 0100-600, VDE 0100-410, VDE 0100-540. (PDF; 2,7 MB) Geltec Ingenieurbüro für Elektrosicherheit, 2023, S. 4|3, abgerufen am 27. Juli 2021.
- Thomas Hoffmann: Potentialausgleich, Erdung und Blitzschutz. The Bying Guide, 20. September 2019, abgerufen am 18. Februar 2022.
- Bodo Appel: Wie falsche Erdung zu Korrosion in Wasserrohren führt. In: Haustec.de. Gentner Verlag, 25. Januar 2018, abgerufen am 9. April 2020 (zuerst erschienen in Sanitär Heizung Klima Heft 01, 2018).
- E. U. Köhnke: Häusliche Duschen und Bäder sind keine Nass- oder Feuchträume. Swiss Krono Tex GmbH & Co. KG, 10. März 2009, abgerufen am 22. Februar 2012.
- Planungshandbuch Sanitär. (PDF; 58,6 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) Geberit Vertriebs AG, 18. Dezember 2015, S. 16, archiviert vom Original am 16. Juni 2018; abgerufen am 14. Mai 2018. Auch: Planungshandbuch: „Der Geberit“ – Planen mit Geberit-Produkten. (PDF; 79,68 MB) Geberit Vertriebs AG, September 2020, S. 16, abgerufen am 27. Juli 2021.
- Der Potentialausgleich im Hochvoltsystem: Ein zentrales Element der Hochvoltsicherheit. Technology Consulting Solutions GmbH, 23. Juli 2021, abgerufen am 27. Juli 2021.