Pomoren
Pomoren (russisch помо́ры, transkribiert pomóry) ist der Name einer Untergruppe der russischen Ethnie im Norden Russlands. Als Pomoren werden die Siedler bezeichnet, die sich im 12. Jahrhundert an den Küsten des Weißen Meeres ansiedelten, sowie deren heutige Nachkommen.
Etymologie
Der Name Pomoren leitet sich von der Landschaftsbezeichnung Pomorje ab, das ein historisches Gebiet am Weißen Meer bezeichnet. Es setzt sich aus den russischen Wörtern po (russ. по) und more (russ. море) zusammen und bedeutet am Meer. Damit hat das Wort dieselbe etymologische Bedeutung wie auch das slawischstämmige Wort Pommern. Erstmals erschien der Terminus als Wort Pomorez im Jahr 1526 in russischen Chroniken unter dem Titel „Pomorzy s morja Okijana is Kondolakskoi guby prossili wmeste s lopljanami ustroistwa zerkwi“ (russ. „Поморцы с моря Окияна из Кондолакской губы просили вместе с лоплянами устройства церкви“; übersetzt Pomorzen vom Meer Okijan [Ozean] aus der Kondolaksker Bucht baten zusammen mit Lopljanen um den Bau einer Kirche).[1] Mit der Gründung der Verwaltungseinheit Pomorje wurde der Begriff Pomoren fälschlicherweise häufig als Synonym für alle Völker der Gouvernemente Olonez, Archangelsk und Wologda verwendet.
Geschichte
Bereits im 12. Jahrhundert stießen slawische Entdecker aus den Fürstentümern Nowgorod und Rostow-Susdal in das von finno-ugrischen Völkern besiedelte Bjarmeland vor. Ab dem 14. Jahrhundert wurden erste feste Siedlungen entlang der Seeküste sowie an den Ufern der Nördlichen Dwina gegründet. Die Pomoren genannten Siedler erforschten die Küstenregion der Barentssee, die Kola-Halbinsel, Spitzbergen und Nowaja Semlja. Mit ihren Schiffen gelangten die Pomoren auch hinter den Ural nach Nordsibirien, wo sie im Jahr 1601 östlich der Jamal-Halbinsel die Handelsstadt Mangaseja gründeten. Die Pomoren unterhielten die nördliche Handelsroute zwischen Archangelsk und Sibirien. Vor dem Aufstieg Archangelsks im späten 16. Jahrhundert war ihre wichtigste Stadt Cholmogory.
Die traditionelle Lebensweise der Pomoren basierte auf der Fischerei, dem Walfang und der Jagd. In den Tundra-Regionen betrieben sie auch Pelzjagd und Rentierzucht. Der Seehandel mit Getreide und Fisch nach Norwegen war für sie wichtig. Dieser Handel war so intensiv, dass sich ab etwa 1750 eine russisch-norwegische Pidgin-Sprache entwickelte, die als Russenorsk bekannt ist. Zu den bekannten Pomoren zählten Michail Lomonossow, Fedot Schubin, Semjon Deschnjow und Jerofei Chabarow.
Status heute
Im Jahr 2002 wurden die Pomoren erstmals als Untergruppe der russischen Ethnie bei der Allrussischen Volkszählung berücksichtigt.[2] Bei der Volkszählung von 2002 bezeichneten sich 6571 Menschen als Pomoren[3], davon 6295 in der Oblast Archangelsk und 127 in der Oblast Murmansk.[4] Allerdings waren bisher alle Versuche der Pomoren erfolglos, als ein indigenes Volk des russischen Nordens angesehen und in das Einheitliche Register der indigenen kleinen Völker Russlands aufgenommen zu werden.[5]
Anhang
Einzelnachweise
- Иван Матвеевич Ульянов: О происхождении названия «поморы» Aus: Страна Помория, 1984 (Memento des Originals vom 10. Dezember 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (russisch)
- Artikel auf businesspress.ru Деловая пресса: СРЕДИ ГУБЕРНАТОРОВ ПОЯВИЛСЯ НАСТОЯЩИЙ ПОМОР, 16. Oktober 2002 (russisch)
- Zusammensetzung der Bevölkerung Russlands nach Nationalität auf der Seite der allrussischen Volkszählung von 2002 (russisch; MS Excel; 52 kB)
- Zusammensetzung der Bevölkerung der russischen Subjekte nach Nationalität auf der Seite der Allrussischen Volkszählung von 2002 (russisch; MS Excel; 884 kB)
- Поморы обратились с жалобой в Верховный суд (Архангельская область) Auf: regnum.ru vom 18. Oktober 2006 (russisch)
Literatur
- Pomorskaja ėnciklopedija: Tom 1 Istorija Archangel'skogo Severa. Pomorskij gosudarstvennyj universitet, Archangelsk 2001, ISBN 5-88086-147-3, S. 317
Weblinks
- Ausführlicher Artikel über den pomorischen Schiffbau und Expeditionen Вера Кочина: Кочи на поморье Aus: «Экспедиция», 2004 (russisch)
- Offizielle Webseite des Pomormuseet in Vardø mit zahlreichen Informationen (russisch/norwegisch)
- Die Pomoren Reportage des Radiosenders „Stimme Russlands“