Partiturspiel
Partiturspiel ist eine musikalische Fertigkeit von Korrepetitoren, Dirigenten, Kirchenmusikern und Chorleitern.
Definition
Beim Partiturspiel liest der Spieler die harmonisch und melodisch wesentlichen Teile einer Orchesterpartitur und gibt sie auf einem Tasteninstrument, in der Regel einem Klavier wieder, um die grobe Struktur des Orchesterwerks kennenzulernen bzw. anderen zu Kenntnis zu bringen. Das Partiturspiel eines Korrepetitors hilft Sängern oder Instrumentalisten bei Proben, sich mit dem Gesamtklang des Werkes vertraut zu machen.
Bei einfacheren Partituren, etwa mehrstimmigen Chorwerken, kann der Spieler alle Stimmen auf dem Tasteninstrument gleichzeitig spielen. Bei Werken in großer Besetzung, schnellen Passagen oder komplizierten Intervallsprüngen muss er den Notentext auf das Wesentliche reduzieren: Es „ergeben sich spezifische Herausforderungen, die sich von denen der Interpretation originärer Klavierwerke unterscheiden: Die Komposition berücksichtigt zumeist nicht die spieltechnischen Gegebenheiten des Klaviers […]. So sind z.B. Streichertremoli auf ein und demselben Ton pianistisch sinnvoll nur als Tremolo zwischen wechselnden Tönen, etwa als Oktavtremolo, darstellbar. Die Vielzahl der Stimmen und ihre Lage zueinander überfordern häufig den menschlich leistbaren Rahmen des Klavierspiels“. Es müssen dann „die Gegebenheiten des Klaviers“ mit dem Anspruch des „musikalisch ursprünglich Gemeinte[n]“[1] verbunden werden. Für das Partiturspiel sind Kenntnisse aller Notenschlüssel sowie der transponierenden Instrumente notwendig. In der Ausbildung von Dirigenten, Kirchenmusikern, Komponisten, Musiktheoretikern, Schulmusikern und Chorleitern, aber auch von Tonmeistern[2] ist Partiturspiel reguläres Prüfungsfach. Bei Dirigenten und A-Kirchenmusikern wird in der Regel ein Spiel eines komplexen Musikwerkes wie etwa einer Sinfonie oder eines Oratoriums erwartet. Bei nebenamtlichen Kirchenmusikern beschränkt sich das Partiturspiel meist auf einen einfachen vierstimmigen Satz. Oft wird in der Praxis statt der Partitur aus einem Klavierauszug gespielt.
Geschichte
Girolamo Frescobaldi wies schon 1635 im Vorwort zu seiner Veröffentlichung Fiori musicali, welches als Orgelwerk in Partiturform gedruckt war, auf die Bedeutung des Partiturspiels hin. Es unterscheide als Prüfstein den echten Künstler von den Ignoranten.
Übungsmaterial
- Heinrich Creuzburg: Partiturspiel. 4 Bände. Schott, Mainz 1956.
- Egon Bölsche: Schule des Partiturspiels. C. F. Peters, Frankfurt am Main 1991.
- Günter Fork: Schule des Partiturspiels. 2 Bände. Möseler, Wolfenbüttel 1980–1982.
- Franz Wüllner, Eberhard Schwickerath: Chorübungen. Ausgabe in alten Schlüsseln. Sikorski, Hamburg 1954.
- Woldemar Bargiel (Hrsg.): J. S. Bach, Vierstimmige Kirchengesänge. Ausgabe in C-Schlüsseln. Bote & Bock, Berlin ca. 1891.
Weblinks
- Musik und Theorie: Partiturspiel auf musikundtheorie.de
- Spezialübungen Partiturspiel (PDF; 300 kB)
Einzelnachweise
- Christoph Kammertöns: Art. Partiturspiel. In: ders., Siegfried Mauser (Hrsg.): Lexikon des Klaviers. Baugeschichte – Spielpraxis – Komponisten und ihre Werke – Interpreten. Laaber-Verlag, Laaber 2006, ISBN 3-89007-543-6, S. 545.
- Hochschule für Musik Detmold: Studienordnung für den Diplomstudiengang Musikübertragung (Tonmeister) vom 12. April 1999 (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (PDF; 16 kB)