Palazzo Dario
Palazzo Dario oder Ca’ Dario ist einer der bekanntesten Paläste in Venedig. Er befindet sich im Sestiere („Sechstel“, einer von sechs Stadtteilen von Venedig) von Dorsoduro und liegt direkt am Canal Grande am Beginn des Rio delle Torreselle. Der Korpus des Palastes ist im typischen Stil der italienischen Gotik errichtet, der in Venedig sehr verbreitet war, aber die Fassade zum Canal Grande ist deutlich Renaissance.
Das Gebäude wurde 1479 durch Giovanni Dario, Sekretär des Senats der Republik Venedig bei dem Architekten Pietro Lombardo in Auftrag gegeben und von einem seiner Nachfolger 1487 fertiggestellt. Als Giovanni Dario im Jahre 1494 starb, erbte Vincenzo Barbaro, Sohn von Giacomo Barbaro und leiblicher Neffe von Giovanni Dario, den Palast. Dieser Barbaro, der auch der Eigentümer des gleichnamigen Palastes war, der in der Nähe von San Vio liegt, hatte Marietta, die leibliche Tochter von Giovanni Dario geheiratet. Die Familie Barbaro blieb bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts im Besitz des Palastes, als Alessandro Barbaro (1764–1839), Mitglied des letzten Rates der Zehn der Republik Venedig und „Consigliere Aulico del Tribunale Supremo di Verona“, ihn an einen armenischen Händler verkaufte.
Der Palazzo Dario wird oft als einer der charakteristischsten Paläste Venedigs beschrieben und mit dem berühmten Ca’ d’Oro verglichen. Seine besondere Schönheit weckte das Interesse von John Ruskin, der die Marmorverzierungen ausführlich und detailliert beschrieb. Der neogotische Balkon wurde im 19. Jahrhundert hinzugefügt. Die rückwärtige Fassade zum Campiello Barbaro zeigt gotische Bögen „a quint’ordine“. Weil sich das Gebäude setzt, neigt sich der linke Teil der Fassade merklich.
Im Jahre 1908 nutzte Claude Monet das Gebäude als Vorlage für eine Serie von Gemälden, alle aus derselben Perspektive, aber bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, wie es typisch für den Impressionismus ist: eines dieser Gemälde ist heute in einer ständigen Ausstellung beim Art Institute of Chicago zu sehen. Die hohen Schornsteine des Gebäudes im typisch venezianischen Stil gehören zu den wenigen Exemplaren aus jener Epoche, die bis heute überlebt haben.
Eine der letzten Arbeiten an der Innendekoration wurde im Jahre 1977 von Giorgio Pes (Bühnenbildner bei Der Leopard) im Auftrag des Eigentümers ausgeführt.
Der Palast ist in Privatbesitz und nicht für das Publikum geöffnet.
Kurioses
In Venedig ist der Name des Palazzo Dario immer auch verbunden mit dem tragischen Schicksal, das die Eigentümer zu verfolgen scheint, angefangen schon bei Giovanni Dario, der den Bau veranlasste. Seine Tochter Marietta soll sich nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch ihres Mannes umgebracht haben; ihr Mann wurde erstochen. Auch der Sohn der beiden, Vincenzo, endete tragisch in einem Hinterhalt auf Candia (Kreta). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verkaufte die Familie Barbaro den Palast an Arbit Abdoll, einen armenischen Schmuckhändler, der Bankrott machte, kurz nachdem er seinen Wohnsitz dorthin verlegt hatte. In den folgenden Jahrzehnten nahm sich ein weiterer Eigentümer, Radon Brown, mit seinem Lebensgefährten in den Mauern des Palastes das Leben, wahrscheinlich infolge des Skandals, den ihre Beziehung verursacht hatte, die in jener Zeit ungehörig war. Der Palast wurde später von einem Amerikaner namens Charles Briggs gekauft. Auch dieser wurde gezwungen, aus Venedig zu fliehen, weil es andauernde Gerüchte über seine Homosexualität gab. Er floh nach Mexiko, wo sein Liebhaber durch Suizid starb.
Unter den möglichen Käufern war 1964 auch der berühmte Tenor Mario Del Monaco, der die Verhandlungen abbrach, als er, während er sich in Venedig aufhielt, um den Kaufvertrag abzuschließen, Opfer eines Verkehrsunfalls wurde, der ihn noch lange Zeit behinderte.
In den siebziger Jahren wurde der damalige Eigentümer des Palazzo Dario, Conte Giordano delle Lanze, durch einen Schlag mit einer Vase auf den Kopf getötet, den ihm ein kroatischer Seemann von 18 Jahren versetzt hatte, der mit ihm zusammenlebte. Dieser floh daraufhin nach London, wo er seinerseits ermordet wurde. Der Palast wurde danach von Christopher „Kit“ Lambert, Manager der Rockband The Who gekauft[1], der nur kurze Zeit später in London bei einem Treppensturz ums Leben kam; auch in diesem Fall wird auf Suizid spekuliert.
Zu Beginn der achtziger Jahre wurde der Palazzo Dario von dem venezianischen Geschäftsmann, Fabrizio Ferrari gekauft, der dort mit seiner Schwester Nicoletta lebte: auch dieser machte kurz darauf Pleite; seine Schwester starb bei einem Verkehrsunfall.
Ende der achtziger Jahre wurde der Palast vom Investor Raul Gardini erworben, der eigentlich vorhatte, ihn seiner Tochter zum Geschenk zu machen. Der Financier nahm sich nach einer Serie wirtschaftlicher Rückschläge und seiner Verwicklung in den Skandal von Tangentopoli unter noch immer nicht ganz geklärten Umständen das Leben. Der Palast blieb lange Zeit unverkäuflich. Heute ist er Eigentum eines amerikanischen Großkonzerns.
Literatur
- Petra Reski: Palazzo Dario. Roman. List, Neuauflage 2007, ISBN 3-54860709-8.
Einzelnachweise
- Julia Rothhaas: Venedig: Verfluchter Palazzo. In: Süddeutsche.de. (sueddeutsche.de [abgerufen am 13. Juli 2020]).