Orgeln des St.-Paulus-Doms
Der St.-Paulus-Dom zu Münster in Westfalen verfügt über drei Orgeln: Die Hauptorgel befindet sich im Johanneschor. Sie ist verbunden mit einem Turmwerk (Auxiliarwerk), welches in einer Kapellenkammer im Nordturm untergebracht ist und insbesondere der Beschallung des rückwärtigen Kirchenraumes (Westwerkes) dient. Im Westchor befindet sich ein mobiles Orgelpositiv aus dem 17. Jahrhundert, das der Begleitung der gesungenen Vesper dient.[1]
Orgeln des St.-Paulus-Doms | |
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Allgemeines | |
Ort | St.-Paulus-Dom |
Orgelerbauer | Hans Klais |
Baujahr | 1956 (Hauptorgel) 2002 (Turmwerk) |
Letzte(r) Umbau/Restaurierung | 1987 (Hauptorgel) 2014 (Turmwerk) |
Epoche | 20. Jahrhundert |
Technische Daten | |
Anzahl der Pfeifen | 5889 (Hauptorgel) 1330 (Turmwerk) |
Anzahl der Register | 74 (Hauptorgel) 19 (Turmwerk) |
Anzahl der Manuale | 4 |
Tontraktur | mechanisch (HO) elektrisch (TW) |
Registertraktur | elektrisch |
Anzahl der 32′-Register | 2 |
Geschichte der Orgeln
Die Geschichte der Orgeln reicht zurück in das 12. Jahrhundert. Zunächst standen im Dom kleinere, tragbare Instrumente. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gab es wohl zwei Orgeln – eine stand im Stephanuschor, die andere im Johanneschor.
Im Jahre 1588 wurde von den Gebrüdern Lampeler eine Orgel mit 28 Registern erbaut und als Schwalbennest gegenüber der Kanzel aufgehängt (sog. Katharinenorgel, da sie über der Statue der heiligen Katharina aufgehängt war). Dieses Instrument wurde später auf die im Alten Chor neu errichtete Orgelempore versetzt.
Außerdem stand auf dem ehemaligen Lettner ein kleines Orgelpositiv, das als Generalbassinstrument für die Begleitung der Chöre bzw. Domkapelle diente, die von der Lettnerbühne aus musizierte. Dieses Instrument steht heute im Westchor.
In den Jahren 1752–1755 wurde die Katharinenorgel durch eine neue, größere Orgel ersetzt, die von Johann Patroclus Möller erbaut wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dieses Instrument in eine Orgelkammer über dem Kapitelsaal, d. h. oberhalb des Stephanschores (nördliches Querschiff) versetzt. Die Möller-Orgel hatte 53 Register auf drei Manualen und Pedal.[2] Im Zweiten Weltkrieg wurde das Instrument zerstört.[3]
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Hauptorgel
Die Hauptorgel steht im südlichen Querhaus. Sie geht zurück auf ein Instrument, welches im Jahre 1956 von dem Orgelbauer Hans Klais (Bonn) erbaut wurde. Bis 1987 war die Orgel im Stephanuschor untergebracht; das Instrument befand sich in einer zum Chor- und Altarraum offenen Orgelnische über dem Kapitelsaal.
Im Zuge der Renovierung des Doms im Jahre 1987 wurde das Instrument von der Orgelbaufirma Klais (Bonn) in einem neuen Gehäuse vor dem Südfenster des östlichen Querschiffs, im Johanneschor, auf einem Steinpodest mit Treppenstufen aufgestellt. Das Gehäuse war von den Kölner Bildhauern Elmar Hillebrand und Theo Heiermann entworfen worden, es setzt in seiner Form einen Kontrast zum dahinter eingesetzten Spitzbogenfenster und exponiert an den Schleierbrettern eine Blumenmotivik.[4] Während der Pfeifenbestand weitgehend unverändert in die neue Orgel übernommen wurde (Disposition: Ekkehard Stier und Hans Gerd Klais), hat man die gesamte Spieltechnik neu angefertigt. Die kupfernen Prospektpfeifen wurden für den neuen Standort in einem speziellen Verfahren mit Zinn plattiert.[4] In den äußeren Pfeifentürmen und an der Rückwand des Instruments sind die Pedalpfeifen untergebracht. Im dreitürmigen Mittelbau befindet sich oben das Hauptwerk, und darunter das Positiv. Zwischen den Pedaltürmen und dem Mittelbau sind das Recit (rechts) und das Schwellwerk (links) untergebracht. Die Spielanlage befindet sich im Fuß des Orgelgehäuses – der Organist sitzt mit dem Rücken zum Altarraum. In Anlehnung an Orgeln des Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll wurden die Register- und Koppelzüge des Spieltisches terrassenartig im Halbrund angeordnet. Von einem kleinen, fahrbaren Spieltisch mit elektronischen Trakturen lässt sich das Positiv (1. Manualwerk) ansteuern.[1]
Im Jahre 2002 wurde die Orgel renoviert und deren Disposition geringfügig modifiziert und ergänzt. Außerdem hat man die zehn Glocken der Astronomischen Uhr (Tonfolge des1–f2) vom 1. Manual aus spielbar gemacht; bis dato waren sie über eine behelfsmäßige elektronische Anlage auf einem separaten kleinen Keyboard anspielbar. Die Registerzüge des Auxiliarwerks im Westwerk wurden auf einem separaten Registertableau links des Spieltisches untergebracht. Im Sommer 2014 hat man die Orgel grundlegend gereinigt und neuintoniert. Anlässlich der Erweiterung des Auxiliarwerkes im Nordturm des Domes wurde der Spieltisch der Hauptorgel reorganisiert, wobei die Registerzüge des jetzigen Turmwerkes in die Anlage am Spieltisch einbezogen werden. Die bisherigen Manubrien wurden durch Registerwippen ersetzt.[5] Das Schleifladen-Instrument hat 74 Register (5.889 Pfeifen) auf vier Manualen (zwei Schwellwerke) und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch.
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- Koppeln: I/II, III/II, IV/II, III/I, IV/I, IV/III, I/P, II/P, III/P, IV/P.
- Spielhilfen: Elektronische Setzerkombinationen (1987), Registercrescendo
- Effektregister: Kuckucksruf
- Anmerkungen
- (N) = Veränderung der Disposition durch Klais im Zuge der Verlegung des Standortes (1987)
- (E) = Ergänzung bzw. Veränderung der Disposition durch Klais im Jahre 2002
- (Pr.) = Im Prospekt sichtbar
Turmwerk (Auxiliarwerk)
Der Standort der Hauptorgel im südlichen Querschiff erwies sich als unbefriedigend, da der hintere Bereich des Doms kaum beschallt wurde. Manchmal wird die Orgel daher spöttisch als das größte Harmonium der Welt bezeichnet. Eine Veränderung ihres Standortes, d. h. eine Verlegung in das Westwerk, kam wohl maßgeblich aus statischen Gründen nicht in Betracht. Gegen eine Verlegung dorthin sprach wohl auch, dass sich im Westwerk die Bischofsgruften befinden.
Zur Verbesserung der Beschallung des hinteren Bereichs des Doms wurde 2002 in der oberen Turmkapelle im Nordturm des Doms ein Auxiliarwerk mit 14 Registern eingerichtet. Dieses Hilfswerk wurde ebenfalls von der Orgelbaufirma Klais erbaut; es verfügt über keine eigene Spielanlage, sondern wird vom Spieltisch der Domorgel im Johannischor aus angesteuert. Äußerlich ist das Instrument schlicht gestaltet; es hat eine Art Freipfeifenprospekt, bestehend aus dem Prinzipal 8' (Register Nr. 1). Technisch gesehen bestand das Auxiliarwerk aus dem „eigentlichen“ Hilfswerk, das ähnlich einem Hauptwerk disponiert war/ist (mit Pedalregistern), und einem Hochdruckwerk (Tuba episcopalis) in 8'-Lage, mit Extensionen in 16'- und 4'-Lage.
Im Sommer 2014 baute die Orgelbaufirma Klais das Auxiliarwerk zu einem Turmwerk aus bzw. um. Das Instrument verfügt nun über 3 Manualwerke, die jeweils unabhängig voneinander an die Manualwerke I, II und III und das Pedal der Hauptorgel angekoppelt werden können. Zusätzlich zu dem Hauptwerk und dem Tubenwerk wurde ein schwellbares Solowerk mit 5 Registern (drei Pfeifenreihen mit Extensionen) eingerichtet. Die Register des Hochdruckwerkes (Tuba episcopalis) wurden ebenfalls in dem Schwellwerk untergebracht, sind aber nach wie vor als Tubenwerk selbständig. Die Orgelanlage wuchs damit auf insgesamt 93 Register an. Im Zuge dieser Ergänzung wurde der Spieltisch der Orgel im Johanneschor umgebaut.[5]
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- Koppeln an die Hauptorgel
- Turm-Hauptwerk: an I, an II, an III, an P (jeweils als Normal-, Sub- und Superoktavkoppeln)
- Turm-Schwellwerk: an I, an II, an III, an P
- Tubenwerk: an I, an II, an III, an P
(Lettner-)Positiv
Im Westchor steht ein Orgelpositiv, das um 1650 erbaut wurde. Der Erbauer ist unbekannt. Das Instrument stand lange auf dem Lettner des Doms. Nach dessen Abbau erhielt es neue Standorte. Heute wird es zur Begleitung der gesungenen Vesper eingesetzt, die an Werktagen im Westchor stattfindet.
Das Positiv ist ringsherum mit (Gitter-)Füllungen verschlossen und besitzt keinen Pfeifenprospekt. Auf der dem Spieler abgewandten Seite kann eine Gehäusefüllung geöffnet werden, um eine bessere Klangabstrahlung zu ermöglichen.
Das Instrument wurde im Laufe der Zeit mehrfach umgebaut und teilweise gravierend verändert. Im Jahr 2009 wurde es durch den Orgelbaumeister Johannes Rohlf restauriert bzw. erneuert: Die historische Substanz (Orgelgehäuse, Manualklaviatur) sowie die beiden historischen Holzregister wurden restauriert, die Windversorgung und die Traktur wurden erneuert.[6] Das Positiv hat 7 Register auf einem Manual. Der Keilbalg und das Gebläse sind in das Gehäuse integriert; sie befinden sich unterhalb der Windlade. Alle Register sind zwischen den Tönen h0 und c1 geteilt (Schleifenteilung). Der Winddruck beträgt 54 mmWS; das Positiv ist nach Andreas Werckmeister (1691) gestimmt.
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- Anmerkungen
- historischer Bestand, Eichenholz.
- Diskant.
Weitere Instrumente
In der Marienkapelle des Domes steht ein Orgelpositiv des Orgelbauers Breil (Dorsten). Es hat drei Register (Gedackt 8', Rohrflöte 4', Gemshorn 2') auf einem Manual.
Literatur
- Bernd Haunfelder, Edda Baußmann, Axel Schollmeier: „Ein wunderherrliches Werk“. Die Feierlichkeiten zum Wiederaufbau des Domes in Münster 1956. Aschendorff, Münster 2006 (ISBN 978-3-402-00428-9)
- Domkapitel der Kathedralkirche zu Münster: Den Dom zu Münster virtuell erleben, 1200 Jahre Glaubensgeschichte in Bauwerken, in Kunstschätzen, in Gottesdiensten – DVD mit 8-seitigem Beiheft, Dialogverlag Münster 2005 (ISBN 3-937961-07-0)
- Simone Epking, Christoph Hellbrügge, Uwe Lobbedey, Juliane Moser, Kristin Püttmann-Engel, Ulrike Rülander, Ulrich Schäfer und Peter Schmitt: Der Dom zu Münster 793-1945-1993. Die Ausstattung (Denkmalpflege und Forschung in Westfalen Bd. 26, 2), Mainz 2004 (ISBN 3-8053-3416-8)
- Uwe Lobbedey: Der Dom zu Münster 793-1945-1993. Der Bau (Denkmalpflege und Forschung in Westfalen Bd. 26, 1), Bonn 1993 (ISBN 3-7749-2571-2)
- Max Geisberg: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Band 41: Die Stadt Münster Teil 5: Der Dom. Münster 1977 (ISBN 3-402-05094-3)
Einzelnachweise
- Orgeln. In: paulusdom.de. Domverwaltng Münster, abgerufen am 16. August 2019.
- Joseph Anthony: Über die Domorgel zu Münster in Westfalen. In: Geschichtliche Darstellung der Entstehung und Vervollkommnung der Orgel. 1. Februar 1832, S. 185, abgerufen am 16. August 2019.
- Tobias Schrörs: Der Lettner im Dom zu Münster. (PDF; 4,5 MB) In: Forschungen zur Volkskunde, Jeft 50. 9. Februar 2005, S. 63f., abgerufen am 16. August 2019.
- Bernhard Dirksmeier, Hans Gerd Klais: Münster Dom. Erbaut 1957. Umgestellt und geändert 1987. Information: Februar 1989, o. S. (PDF; 1,1 MB) In: orgelbau-klais.com. Johannes Klais Orgelbau GmbH & Co. KG, abgerufen am 16. August 2019.
- Reinigung und Umbau am St.-Paulus-Dom. Die Domorgel schweigt drei Monate lang (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- Münster/Westfalen. Das Lettner-Positiv im Westchor des St.-Paulus-Doms. Opus 176 / 2009. In: orgelbau-rohlf.de. Orgelbau Johannes Rohlf e.K., abgerufen am 16. August 2019.
Weblinks