Operationale Definition
Der Begriff operationale Definition oder Operationalisierung eines Merkmals geht auf Bridgman (1927)[1] zurück. Die ursprüngliche, auf die Physik zugeschnittene Fassung versucht, Erfahrungsbegriffe empirisch messbar zu machen.
Operationalisierung
Wenn beispielsweise gemessen werden soll, wie viele Autofahrer „gut“ fahren können, so muss zunächst festgelegt werden, was man genau unter dem Begriff „gut fahren“ versteht. Denn jede Person hat zwar eine gewisse Vorstellung von „gut“, aber es ist nicht klar, was diese qualitative Aussage bedeutet, wenn man sie empirisch fassbar machen möchte.
Das Problem hierbei ist, dass ein Erfahrungsbegriff, der im Alltag nicht näher definiert werden muss, für eine wissenschaftliche Aussage in dieser Form nicht ausreichend ist, da jede Person einen anderen Erfahrungsbegriff anwendet. Daher werden zunächst „Variablen“ bzw. „Indikatoren“, also ein in verschiedenen Ausprägungen vorhandenes Merkmal eines Untersuchungsgegenstandes, definiert, die sich als geistige oder physikalische Operatoren des durch den Begriff bezeichneten Sachverhaltes bezeichnen lassen. In diesem Falle könnten etwa die Operatoren „umsichtig“, „Tempolimit einhaltend“ o. ä. festgelegt werden. Unter der Operationalisierung versteht man nun die Schritte der Zuordnung von empirisch erfassbaren, zu beobachtenden oder zu erfragenden Indikatoren zu einem theoretischen Begriff. Durch Operationalisierung werden Messungen der durch einen Begriff bezeichneten empirischen Erscheinungen möglich[2][3] und für nicht mit dem Definierer identische Personen nachvollziehbar.
Bedeutung in der Physik
Die in der Physik vorgefundene Variante der operationalen Definition fasst Bortz-Döring so zusammen: „1. Die operationale Definition ist synonym mit einem korrespondierenden Satz an Operationen […] 2. Ein Begriff sollte nicht bezüglich seiner Eigenschaften, sondern bezüglich der mit ihm verbundenen Operationen definiert werden. 3. Die wahre Bedeutung des Begriffs findet man nicht, indem man beobachtet, was man über ihn sagt, sondern indem man registriert, was man mit ihm macht. 4. Unser gesamtes Wissen ist an Operationen zu relativieren, die ausgewählt wurden, um unsere wissenschaftlichen Konzepte zu messen. Existieren mehrere Sätze von Operationen, so liegen diesen auch mehrere Konzepte zugrunde.“[4]
Bedeutung in den Sozialwissenschaften
In den Sozialwissenschaften tritt bei der Beziehung von theoretischem Begriff zu operationaler Definition ein besonderes Problem auf:
a) Der Begriff kann „unterdefiniert“ sein, d. h. der Begriff wird dann inhaltlich auf das Einhalten der Messregel reduziert.
b) Der Begriff ist „überdefiniert“, d. h. im Begriff schwingen noch Bedeutungsnuancen mit, die durch seine Messregeln gar nicht abgedeckt sind.
Im Falle (b) wird die operationale Definition durch die Verwendung innerhalb einer Theorie überfordert; denn sie wird für Aussagen in Anspruch genommen, welche sie sachlich nicht leisten kann. Damit stehen die Gültigkeit oder Validität der Indikatoren in Frage.
Es müssen zwecks Operationalisierung also Messregeln angegeben werden. Sie geben entweder an, unter welchen Bedingungen einem Sachverhalt ein qualitativ umschriebenes Merkmal zuzuschreiben ist (Kategorisierung). Oder wenn derart zurechenbare Merkmale quantifizierbar sind, wird eine Skala mit Maßeinheiten für Messgrößen (Dimensionen) angegeben, wodurch jedem dadurch beschreibbaren Tatbestand eine bestimmte Messgröße (d. h. ein Zahlenwert) zugeordnet werden kann. Solche quantifizierbaren Merkmale werden auch in abgekürzter Redeweise Variable genannt.
Anliegen der operationalen Definition
Insgesamt versucht die operationale Definition also theoretische oder abstrakte Begriffe, die im Grunde nicht direkt messbar sind, durch Zuordnung von Indikatoren eine Messung zu ermöglichen. Der ursprüngliche Begriff wird hier in einzelne Variablen zerlegt, um eine Grundlage für die Messung zu erhalten. Dabei werden oftmals Dispositionsbegriffe zu Rate gezogen, die Eigenschaften beschreiben, die nicht durch direkte Beobachtung erkennbar sind, sondern an gewisse Prüfbedingungen geknüpft sind, daher werden die meisten Definitionen als partiell bezeichnet, beispielsweise der Begriff „fettlöslich“: Die Fettlöslichkeit kann erst mittels Experiment bewiesen werden. Hier stellt nun die Vorbedingung eine Operation dar, womit man die zu definierende Eigenschaft überprüft (siehe Operationalisierung).[5]
Konklusion
Eine operationale Definition ist also ein so genau definierter Erfahrungsbegriff, dass Urteile über Beobachtungen möglich werden, beispielsweise über einen Satz wie "Diese Person ist ein sehr guter / guter / ... / schlechter / sehr schlechter Autofahrer".
Einzelnachweise
- P. W. Bridgman: The Logic of Modern Physics. MacMillian, New York 1927 (Deutsche Übersetzung: P. W. Bridgman: Die Logik der heutigen Physik. Hueber, München 1932).
- Peter Atteslander, Methoden der empirischen Sozialforschung, Berlin: de Gruyter, 2000, 9., neu bearb. und erw. Aufl., S. 50.
- Jürgen L. Rößler: Die operationale Definition. Peter Lang, Frankfurt a. M. 1998.
- J. Bortz, N. Döring, Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Springer, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-33305-3, S. 60–63 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Paul Feyerabend: Das Problem der Existenz theoretischer Entitäten. In: Ernst Topitsch (Hrsg.): Probleme der Wissenschaftstheorie. Festschrift für Viktor Kraft. Wien 1960.