Oktay Urkal
Oktay Urkal (* 15. Januar 1970 in West-Berlin) ist ein ehemaliger deutscher Profiboxer im Halbweltergewicht. Seit 2009 trainiert er Gökalp Özekler für das Team EVIL in Hamburg. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder.
Oktay Urkal | |
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Daten | |
Geburtsname | Oktay Urkal |
Geburtstag | 15. Januar 1970 |
Geburtsort | West-Berlin |
Nationalität | Deutscher |
Gewichtsklasse | Weltergewicht |
Stil | Linksauslage |
Größe | 1,74 m |
Kampfstatistik als Profiboxer | |
Kämpfe | 42 |
Siege | 38 |
K.-o.-Siege | 12 |
Niederlagen | 4 |
Profil in der BoxRec-Datenbank |
Als Amateurboxer wurde er unter anderem 1994 Weltcupsieger, 1996 Europameister, sowie Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele 1996. Als Profi wurde er zweimal Europameister der EBU und kämpfte um die WM-Titel der WBA und WBC.
Anfänge / Amateur
Oktay Urkal, einer von vier Söhnen und zwei Töchtern türkischer Einwanderer, wurde mit zehn Jahren von seinen Brüdern zum Boxtraining mitgenommen. Er machte seine ersten Versuche im Boxring beim Verein Schönberger Boxfreunde, wechselte dann aber zu den Neuköllner Sportfreunden, deren Ehrenmitglied er ist, wo sich schnell Erfolge einstellten.[1] Von allen Urkal-Jungen war ihm dann das größte Talent gegeben. Neben dem Gewinn von acht Berliner Meistertiteln und zwei Deutschen Mannschaftsmeisterschaften, wurde er 1992 unmittelbar nach Erlangung der Deutschen Staatsbürgerschaft Deutscher Vizemeister.
1993, 1994 und 1995 wurde er Deutscher Meister im Halbweltergewicht, zudem gewann er 1993 und 1994 den Chemiepokal. Im Mai 1993 nahm er an den 7. Weltmeisterschaften von Tampere teil und gewann eine Bronzemedaille im Halbweltergewicht. Nach Siegen gegen Eamonn Magee aus Irland, Pasquale Buonnano aus Italien und Sergei Bykowskiy aus Weißrussland, unterlag er im Halbfinale gegen den Olympiasieger Héctor Vinent aus Kuba. Im September desselben Jahres, wurde er zudem in Bursa Vize-Europameister im Halbweltergewicht. Er hatte sich dabei gegen den Finnen Marko Nieminen, erneut gegen den Weißrussen Sergei Bykowskiy und den Rumänen Leonard Doroftei durchgesetzt, ehe er im Finale dem Türken Nurhan Süleymanoğlu unterlag.
Im Juni 1994 gewann er den 7. Weltcup in Bangkok. Er besiegte dabei Farkhad Bakirow (Usbekistan), Nordine Mouchi (Frankreich), nun auch Héctor Vinent (Kuba), Bulat Niazymbetow (Kasachstan) und Abdellah Benbiar (Marokko). Im April 1996 wurde er schließlich in Vejle Europameister im Halbweltergewicht. Er bezwang dabei Tonton Semakala aus Schweden, Thomas Damgaard aus Dänemark, Jacek Bielski aus Polen, wieder Sergei Bykowskiy aus Weißrussland und im Finale schließlich auch Nurhan Süleymanoğlu.
Bei den 8. Weltmeisterschaften im Mai 1995 in Berlin, gewann er erneut eine Bronzemedaille. Er schlug James Pender aus Schottland, Faustino Reyes aus Spanien und Gerry Legras von den Seychellen, ehe er im Halbfinale Nurhan Süleymanoğlu unterlag.
Sein größter Erfolg war der Gewinn der Silbermedaille im Halbweltergewicht, bei den Olympischen Sommerspielen 1996 in Atlanta. Er siegte in der Vorrunde 19:2 nach Punkten gegen Reynaldo Galido von den Philippinen, im Achtelfinale 14:6 gegen den US-Amerikaner David Díaz, im Viertelfinale 19:10 gegen Nordine Mouchi aus Frankreich und im Halbfinale 20:6 gegen den Tunesier Fathi Missaoui. Im Finale unterlag er 13:20 erneut gegen den Kubaner Héctor Vinent.
Profikarriere
Ende 1996 debütierte er in Klaus-Peter Kohls Universum Boxstall bei den Profis mit einem Punktsieg über den Belgier Andre Höffler. Er überzeugte bei den Profis mit großer Athletik, zeigte jedoch nur wenig Schlagkraft (niedrige KO-Quote).
2000 wurde Urkal erstmals Europameister im Halb-Weltergewicht gegen den Russen Michail Kriwolapow. Diesen Titel legte er nach zwei erfolgreichen Verteidigungen 2001 ab, um in den USA im Kampf gegen Kostya Tszyu die WM-Gürtel der Verbände WBA und WBC zu erlangen. Am 21. Juni 2001 verlor Urkal diesen spektakulären Kampf knapp nach Punkten, nachdem er sich während des Kampfes noch einen Unterkieferbruch zugezogen hatte. Oktay Urkal zeigte in diesem Kampf große psychische Stabilität. Diese psychische Stabilität war dem Hamburger Diplompsychologen Eckard Winderl zu verdanken, der zuvor schon Dariusz Michalczewski erfolgreich mental trainiert hatte,[2] Der Kampf erregte nicht nur die Gemüter der Zuseher oder seiner Fans. Auch Don King, der bekannte Boxpromotor der USA, wurde auf ihn aufmerksam und bot ihm einen Vertrag an. Doch Urkal wollte nicht aus Deutschland weg, wechselte jedoch zum Sauerland Boxstall und zu seinem alten Trainer Wegner.
Bereits im Jahr darauf holte Oktay Urkal seinen Europameistergürtel zurück und verteidigte diesen dreimal erfolgreich. 2004 erhielt er seine nächste Chance auf dem WM-Gürtel, verlor den Hinkampf gegen Vivian Harris knapp nach Punkten, den Rückkampf im selben Jahr jedoch durch technischen KO. Nach dieser Niederlage dachte Urkal bereits an seinen Rücktritt, wurde von Wegner aber erneut motiviert und aufgebaut.
Weltergewicht
2005 errang Oktay Urkal zum dritten Mal den Europameistertitel, diesmal in der Welterklasse, und verteidigte den Titel im selben Jahr erfolgreich, bevor er ihn erneut freiwillig abgab. Urkal war von der WBA zum Pflichtherausforderer gegen den Weltmeister benannt worden und sollte gegen Luis Collazo antreten. Diese Begegnung kam jedoch nicht zustande. Daher wurde vereinbart, das Urkal gegen den Sieger der Begegnung Ricky Hatton gegen Collazo boxen sollte. Hatton, der im Mai 2006 den Titel gewann, legte diesen jedoch wieder ab, um in die Halbweltergewichtsklasse zurückzukehren. Die WBA ordnete zunächst an, dass Urkal gegen den aus dem Halbweltergewicht aufgestiegenen Miguel Cotto um den vakanten Titel boxen solle. Urkal akzeptierte jedoch ein finanzielles Angebot, das dem bekannteren Carlos Quintana den Kampf gegen Cotto ermöglichte. Miguel Cotto gewann den WBA-Titel durch technischen K. o. und strebte seine Pflichtverteidigung gegen Urkal am 3. März 2007 in seinem Heimatland Puerto Rico an. Urkal verlor den Kampf durch technischen K. o. in Runde elf, als sein Trainer Ulli Wegner zum Zeichen der Aufgabe das Handtuch warf.
Ehrenamtliches Engagement
Oktay Urkal war im August 2006 Schirmherr für die Berliner Veranstaltung Respect Gaymes, ein Sportturnier in den Sportarten Fußball, Streetball und Kampfsport, bei denen auch schwule und lesbische Sportler teilnahmen. Urkal ließ sich auf einem Plakat unter dem Slogan „Zeig Respekt für Schwule und Lesben“ abbilden. Oktays Originalkommentar dazu in der taz vom 28. August 2006: „Ich denke nicht, dass das bei den Fans gleich Missfallen erregt. Ich denke mir, die wissen, wer ich bin und wissen, dass ich nicht schwul bin. Einige Jugendliche denken jetzt vielleicht, dass ich für die Schwulen Reklame mache. Aber ich bin ja nicht schwul, ich habe eine Familie. Aber warum soll ich nicht Leute schützen, die nichts draufhaben, die sich nicht wehren können, die schwach sind, Schwule und Lesben eben. Wenn ich schwach bin, brauche ich auch Hilfe von anderen, jetzt versuche ich meine Bekanntheit so zu nutzen, dass andere eben nicht auf Wehrlose draufschlagen.“
Erfolge
als Amateur:
- 1988–1995: Berliner Meister
- 1993 und 1996: Deutscher Mannschaftsmeister
- 1993–1995: Deutscher Meister im Halb-Weltergewicht in Serie
- 1993: Vize-Europameister, WM-Dritter, Chemiepokalsieger
- 1994: Weltcupsieger, Chemiepokalsieger
- 1995: WM-Dritter
- 1996: Europameister und Olympia-Zweiter
Kampfdaten: 216 Kämpfe, 184 Siege, 5 Unentschieden, 27 Niederlagen
als Profi:
- 2000: Europameister, Titel zweimal erfolgreich verteidigt, danach freiwillige Abgabe
- 2002: Europameister, Titel dreimal erfolgreich verteidigt, danach freiwillige Abgabe
- 2005: Europameister im Weltergewicht, Titel einmal erfolgreich verteidigt, danach freiwillige Abgabe
Weblinks
- Oktay Urkal in der BoxRec-Datenbank
- Oktay Urkal in der BoxRec-Encyclopaedia
- Oktay Urkal in der Datenbank von Olympedia.org (englisch)
- Urkal-Eintrag bei www.boxen.com
- Matt Hermann: "Ist ja nichts Illegales", Der Boxer Oktay Urkal über sein Engagement für die "Respect Gaymes" und gegen homophobe Gewalt. In: die tageszeitung. 28. August 2006, abgerufen am 14. Februar 2014 (Oktay Urkal im Interview).
- Boxen bei den Neuköllner Sportfreunden. Eine Abteilung der Neuköllner Sportfreunde seit 1923.
Einzelnachweise
- Boxen bei den Neuköllner Sportfreunden. Eine Abteilung der Neuköllner Sportfreunde seit 1923.
- Jörg Lubrich, Ulli Klemm: Erst zum Psychologen,, dann macht Beyer bumm. Hrsg.: BILD. 9. Oktober 2004.