Oikocredit
Oikocredit ist eine international tätige Genossenschaft mit Hauptsitz in Amersfoort (Niederlande). Ihr Ziel ist die Entwicklungsförderung durch Kreditvergabe an Mikrofinanzinstitutionen, Genossenschaften und kleine Unternehmen benachteiligter Menschen in Entwicklungsländern sowie die Mobilisierung von kirchlichem und privatem Kapital für solche Projekte. Die Genossenschaft fühlt sich damit den Ideen des nachhaltigen Bankings bzw. des ethischen Investments verbunden.
Geschichte
1975 wurde auf Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen die Ecumenical Development Cooperative Society (EDCS) mit dem Ziel der Mobilisierung kirchlicher Rücklagen für Entwicklungsförderung gegründet. Der Grundansatz, Entwicklungsförderung durch Kredite mit einem werthaltigen Investment zu verknüpfen, stieß anfänglich bei kirchlichen Finanz- und Entwicklungsexperten auf Skepsis. Ende der 1970er Jahre schlossen sich Privatpersonen und Kirchengemeinden in Förderkreisen zusammen, aus denen heute der überwiegende Teil des Kapitals von Oikocredit stammt.
Kriterien der Kreditvergabe
Oikocredit berücksichtigt bei der Kreditvergabe folgende Kriterien:
- wirtschaftlicher und sozialer Nutzen für Gruppen benachteiligter Menschen
- Breite Beteiligungsstrukturen insbesondere auch von Frauen
- Ökologische Verträglichkeit
- Ökonomische Tragfähigkeit
- Bedarf ausländischer Finanzierung
Geförderte Wirtschaftssektoren
- 84 % Mikrofinanzinstitutionen, die Mikrokredite vergeben
- 11 % Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung, Viehzucht und Fischerei
- 1 % Handel
- 4 % Sonstige
Organisation und Arbeitsweise
Oikocredit verfügt über ein weltweites Netz von Regional- und Länderbüros in 33 Ländern. Diese beraten potentielle Geschäftspartner vor Ort, erarbeiten mit ihnen einen Finanzierungsplan und stellen einen Kreditantrag an die Hauptgeschäftsstelle. Nach Genehmigung begleiten die Regional- und Länderbüros das Projekt während der gesamten Laufzeit.
Die Hauptgeschäftsstelle genehmigt Kreditanträge, überwacht den Zahlungsfluss, stellt zentrale Dienstleistungen für die Regionalstellen zur Verfügung und macht internationale Öffentlichkeitsarbeit.
Der auf Zeit gewählte aufsichtführende Vorstand besteht aus internationalen Entwicklungsexperten, die die strategische Ausrichtung konzipieren und der Mitgliederversammlung als oberstem Beschlussorgan der Genossenschaft vorlegen.
Neben den Förderkreisen, in denen sich private Anleger, Kirchengemeinden und kleinere Organisationen zusammengeschlossen haben, sind Kirchen und kirchliche Organisationen, Entwicklungsorganisationen und erfolgreiche Projektpartner Mitglieder und damit Kapitalgeber. Gemäß den genossenschaftlichen Prinzipien hat jedes Mitglied unabhängig vom Anteilskapital jeweils eine Stimme in der Mitgliederversammlung.
Über Förderkreise (überwiegend in Europa) beteiligen sich Privatpersonen, Kirchengemeinden, und kleinere Organisationen mit Geldanlagen an Oikocredit. Die Förderkreise verwalten treuhänderisch die Anteile ihrer Mitglieder und engagieren sich in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. In Deutschland existieren acht Förderkreise, sowie eine Geschäftsstelle von Oikocredit International. Weltweit stellen über 53.000 private Investoren in 30 Förderkreisen 80 % des Kapitals.
Statistik
- Projektfinanzierungen: 970,8 Mio. Euro (Stand September 2018)[1]
- 693 Partner in 70 Ländern (Stand September 2018)[1]
- Kapitalgeber:[2]
- 80 % Förderkreise (Privatpersonen, Kirchengemeinden etc.)
- 13 % Kirchen und kirchliche Organisationen
- 6 % International Share Foundation und Mitglieder
- Betriebskosten: 3,4 % – gemessen an der Bilanzsumme
- Mitarbeiter: 254 – 48 Nationalitäten
- Von Oikocredit über die Partnerorganisationen erreichte Kreditnehmer: 37 Millionen
- davon 86 % Frauen
- davon 50 % Landbevölkerung
- Angaben: Stand 31. Dezember 2014
Evaluation der Arbeit
Oikocredit hat verschiedene unabhängige Forschungsinstitute damit beauftragt, den entwicklungspolitischen Nutzen der Kredite zu untersuchen. Im Mai 2009 wurde die von Oikocredit in Auftrag gegebene Studie „Women's Empowerment. Comparing concepts & assessing implications for microfinance“ veröffentlicht. Sie untersucht den Einfluss von Mikrokrediten auf die sozio-ökonomische Position von Frauen in Entwicklungsländern. In Zusammenarbeit mit der Grameen Foundation hat Oikocredit den Progress Out of Poverty Index (PPI) entwickelt, um die Auswirkungen von Mikrokrediten auf die Lebenssituation von Kleinunternehmer zu messen. Seit dem Jahr 2009 veröffentlicht Oikocredit jährlich einen Bericht zur Sozialen Wirkungsanalyse (Social Performance Report).[3]
Literatur
- Leonel Roland, A Ship in the Mountains, Poverty, projects and development, Montevideo 2001 ISBN 9974-39-312-4
- Jörg Hübner, Tue Gutes und rede davon! – Mikrokreditprogramme als Beispiel für eine nachhaltige Gestaltung des globalen Finanzmarktes – Ethische Analysen und ökonomische Perspektiven, in: Ökumenische Rundschau, 54. Jg., Heft 3, Juli 2005 ISSN 0029-8654 (enthält eine wirtschaftsethische Bewertung von Oikocredit)
Einzelnachweise
- Kennzahlen. In: oikocredit. Archiviert vom Original am 25. Oktober 2018; abgerufen am 25. Oktober 2018 (Die Angaben auf der Originalseite werden laufend aktualisiert. Die Angaben im Artikel beruhen auf der archivierten Version.).
- (Jahresbericht 2014, PDF; 4,5 MB)
- Oikocredit – Berichte zur Sozialen Wirkungsanalyse; abgerufen im September 2014