Nouvelle Théologie
Die Nouvelle Théologie[1] war eine Richtung[2] innerhalb der französischen katholischen Theologie seit den 1930er-Jahren. Sie wollte vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Philosophie und in kritischer Auseinandersetzung mit der Neuscholastik geschichtliches Denken und die biblisch-patristische Tradition stärker in die Theologie einbringen.
Vertreter
Wichtige Vertreter der Nouvelle Théologie waren vor allem die Ordenstheologen Henri Bouillard, Marie-Dominique Chenu, Yves Congar, Jean Daniélou und Henri de Lubac, in gewisser Weise auch Pierre Teilhard de Chardin. Auch Hans Urs von Balthasar stand ihr nahe.
Themen
Die Nouvelle Théologie setzte sich zum Beispiel mit der Frage nach der Geschichtlichkeit der Wahrheit sowie dem Verhältnis von Natur und Gnade auseinander und suchte das Gespräch mit dem Marxismus sowie mit nichtchristlichen Religionen. Für eine Neubewertung Thomas von Aquins setzte sich vor allem de Lubac ein.
Kritik und Rezeption
Zunächst wurde die Nouvelle Théologie durch das kirchliche Lehramt heftig kritisiert, weil in ihr Züge eines neuen Modernismus vermutet wurden,[3] und es kam zu Auseinandersetzungen innerhalb der Orden (Dominikaner, Jesuiten) der jeweiligen Vertreter.
Das Zweite Vatikanische Konzil nahm in den 1960er-Jahren dann unter Mitwirkung einiger Hauptvertreter als Konzilstheologen teilweise Anregungen aus der Nouvelle Théologie auf. Späte Anerkennung wurde einzelnen Vertretern mit der Verleihung der Kardinalswürde zuteil, während andere Erneuerer in Konflikt mit dem kirchlichen Lehramt gerieten.
Anmerkungen
- Nachdem schon Erich Przywara 1926 für den deutschsprachigen Raum den Begriff „Neue Theologie“ geprägt hatte (Stimmen der Zeit 111 (1926), 428–443), wurde im frz. Raum die Bezeichnung „Nouvelle Théologie“ seit 1942 zunächst negativ-kritisch gegen diese theologische Richtung verwendet (vgl. Pietro Parente (Osservatore Romano 82 [9./10. Februar 1942] n. 33,1); Pius XII. (Ansprache an die 29. General-Kongregation der SJ, 1946)), ist inzwischen aber zur gängigen Bezeichnung geworden.
- "Es handelt sich bei der NTh. um keine Schule im strengen Sinn, sondern um selbständige, miteinander in unterschiedlich nahem Kontakt stehende Theologen [...]" (Albert Raffelt: „Nouvelle Théologie“. In: LThK3 Bd. 7, Sp. 935–937, hier 935).
- Vgl. die Enzyklika Pius’ XII. Humani generis (1950), die zwar keine Lehrverurteilungen vornimmt, aber sich deutlich gegen „einige Auffassungen, welche die katholische Lehre auszuhöhlen drohen“ (AAS 42 (1950), 561–578, hier: 561) wendet und damit unter anderem Gefahren innerhalb der Nouvelle Théologie meint.
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
- Raymond Winling: „Nouvelle Théologie“. In: TRE 24 (1994), S. 668–675.
- Albert Raffelt: „Nouvelle Théologie“. In: LThK3, Bd. 7: Maximilian bis Pazzi, Herder, Freiburg 1998, Sp. 935–937.
- Jürgen Mettepenningen: Nouvelle théologie – new theology. Inheritor of modernism. Precursor of Vatican II. London 2010, ISBN 978-0-567-03410-6.
- Jon Kirwan: An avant-garde theological generation. The nouvelle théologie and the french crisis of modernity. Oxford University Press, Oxford 2018, ISBN 978-0-19-881922-6.