Nisannu
Nisannu (auch Nissan, Nisan, nesag) war im babylonischen Kalender der akkadische Name des ersten Monats und des ersten Akitifestes der Jahreserstlinge. Der Begriff Nisannu ist erstmals im 14. Jahrhundert v. Chr. in Ugarit belegt. Möglicherweise leitete er sich aus dem Monatsnamen itini-ni-sag ab, der im Kalender von Mari benutzt wurde. In der sumerischen Sprache könnte Nisannu daher in der Schreibung waraḫ isin/ša nisanni Verwendung gefunden haben. Im Jüdischen Kalender, der von den Juden während des Babylonischen Exils zwischen 586 und 536 v. Chr. aus dem Babylonischen Kalender übernommen wurde, entspricht der Nisannu dem Monat Nisan.
Beginn des Nisannu
Schaltmonate durch Ausrufung des Königs
In der Landwirtschaft markierte er zugleich den Startmonat der ersten Jahreshälfte, bevor im Monat Tašritu gemäß den Einträgen auf den Keilschrifttafeln des Astrolab B das zweite Akitufest des Jahres mit den Feiern der Aussaat begonnen wurde. Mit dem Monat Nisannu war ab dem ersten Jahrtausend v. Chr. der auch im Zusammenhang des Monats Tašritu verwendete Zusatzbegriff „Beginn eines neuen Jahres“ (SAG MU.AN.NA) verbunden.
Da im Monat Nisannu gemäß den babylonischen Quellen entweder das erste Neulicht oder der erste Vollmond des Frühjahrs lag, begann der Monat Nisannu im Normalfall frühestens am 7. März und spätestens am 19. April. Diese Systematik hatte mit dem Schaltmonat Ululu II zur Folge, dass in den Monat Tašritu entweder das erste Neulicht oder der erste Vollmond des Herbstes fiel.
Planmäßiger Schaltzyklus ab 424 v. Chr.
Im Jahr 424 v. Chr. wurde von Artaxerxes I. ein planmäßiger Schaltzyklus eingeführt. In den Jahren 3, 6, 8, 11, 14 und 19 erfolgte der Einschub des Monats Addaru II; im 17. Jahr dagegen als 13. Monat der Ululu II. Die Nachfolger von Artaxerxes I. hielten sich ebenfalls an das Schaltschema.
Im Gegensatz zu den früheren Schaltungen wurde der Zeitpunkt des neuen Jahres nun grundsätzlich durch das erste Neulicht bestimmt, das frühestens am Tag des Frühlings (21. März) in den ersten Monat Nisannu fiel.
Aufgrund der planmäßigen Schaltungen bestand für den Zeitpunkt des kalendarischen Neujahrs nur noch eine Schwankungsbreite von 28 Tagen (21. März[1] bis 18. April[1]); der Durchschnittswert lag bei 14 Tagen (4. April[1]).[2] Nach 19 Jahren begann der nächste Schaltzyklus, der wieder die gleichen Datierungen aufwies.
Schaltzyklus im babylonischen Kalender | |||||
Zyklusjahr | Datierung | Schaltmonat | Beginn des Schaltmonats[3] | Beginn des nächsten Nisannu[3] | Zyklusjahr |
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19 | 425 bis 424 v. Chr. | Addaru II | 19. März 424 v. Chr.[3] | 18. April 424 v. Chr.[3] | 1 |
1 | 424 bis 423 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
7. April 423 v. Chr.[3] | 2 | ||||
2 | 423 bis 422 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
27. März 422 v. Chr.[3] | 3 | ||||
3 | 422 bis 421 v. Chr. | Addaru II | 16. März 421 v. Chr.[3] | 15. April 421 v. Chr.[3] | 4 |
4 | 421 bis 420 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
4. April 420 v. Chr.[3] | 5 | ||||
5 | 420 bis 419 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
24. März 419 v. Chr.[3] | 6 | ||||
6 | 419 bis 418 v. Chr. | Addaru II | 12. März 418 v. Chr.[3] | 11. April 418 v. Chr.[3] | 7 |
7 | 418 bis 417 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
30. März 417 v. Chr.[3] | 8 | ||||
8 | 417 bis 416 v. Chr. | Addaru II | 18. März 416 v. Chr.[3] | 17. April 416 v. Chr.[3] | 9 |
9 | 416 bis 415 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
6. April 415 v. Chr.[3] | 10 | ||||
10 | 415 bis 414 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
26. März 414 v. Chr.[3] | 11 | ||||
11 | 414 bis 413 v. Chr. | Addaru II | 15. März 413 v. Chr.[3] | 14. April 413 v. Chr.[3] | 12 |
12 | 413 bis 412 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
3. April 412 v. Chr.[3] | 13 | ||||
13 | 412 bis 411 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
23. März 411 v. Chr.[3] | 14 | ||||
14 | 411 bis 410 v. Chr. | Addaru II | 13. März 410 v. Chr.[3] | 12. April 410 v. Chr.[3] | 15 |
15 | 410 bis 409 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
1. April 409 v. Chr.[3] | 16 | ||||
16 | 409 bis 408 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
21. März 408 v. Chr.[3] | 17 | ||||
17 | 408 bis 407 v. Chr. | Ululu II | 13. September 408 v. Chr.[3] | 9. April 407 v. Chr.[3] | 18 |
18 | 407 bis 406 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
29. März 406 v. Chr.[3] | 19 | ||||
19 | 406 bis 405 v. Chr. | Addaru II | 19. März 405 v. Chr.[3] | 18. April 405 v. Chr.[3] | 1 |
19 | 387 bis 386 v. Chr. | Addaru II | 19. März 386 v. Chr.[3] | 18. April 386 v. Chr.[3] | 1 |
8 | 398 bis 397 v. Chr. | Addaru II | 18. März 397 v. Chr.[3] | 17. April 397 v. Chr.[3] | 9 |
8 | 379 bis 378 v. Chr. | Addaru II | 18. März 378 v. Chr.[3] | 17. April 397 v. Chr.[3] | 9 |
19 | 368 bis 367 v. Chr. | Addaru II | 17. März 367 v. Chr.[3] | 16. April 367 v. Chr.[3] | 1 |
7 | 361 bis 360 v. Chr. | ohne Schaltmonat | |||
30. März 360 v. Chr.[3] | 8 | ||||
14 | 354 bis 353 v. Chr. | Addaru II | 13. März 353 v. Chr.[3] | 11. April 353 v. Chr.[3] | 15 |
Siehe auch
Literatur
- Lis Brack-Bernsen: Zur Entstehung der babylonischen Mondtheorie – Beobachtung und theoretische Berechnung von Mondphasen. Steiner, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-07089-3.
- Hermann Hunger: Kalender. In: Dietz-Otto Edzard u. a.: Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie. Bd. 5. de Gruyter, Berlin u. a. 1980, ISBN 3-1100-7192-4, S. 297–303.
- Jean Meeus: Astronomische Algorithmen – Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5. 2. Auflage. Barth, Leipzig 2000, ISBN 3-335-00400-0.
- Otto Neugebauer: A History of ancient mathematical astronomy. Springer, Berlin 1975 (Nachdruck 2006, ISBN 3-540-06995-X).
- Otto Neugebauer: The exact sciences in antiquity. Brown University Press, New-York 1957 (Reprint 2004, Dover Publications, ISBN 0-486-22332-9).
- Richard Anthony Parker, Waldo H. Dubberstein: Babylonian Chronology 626 BC – AD 75. Brown University Press, Rhode Island 1956
Weblinks
Anmerkungen
- Datierungen im gregorianischen Kalender unter Berücksichtigung des tagesübergreifenden Systems des babylonischen Kalenders.
- Hermann Hunger: Kalender. S. 298.
- Datumsangabe im gregorianischen Kalender: im julianischen Kalendersystem sind 5 Tage zum gregorianischen Datum zu addieren. Datierungsgrundlage sind die NASA-Angaben (Memento vom 8. November 2014 im Internet Archive) unter Berücksichtigung des T-Deltas. Für Babylonien ist zu der Universal Time (UT) der Zeitzonenzuschlag von 3 Stunden zu berücksichtigen; gemäß Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 für: Ephemeris Tool 4,5 nach Jean Meeus, Umrechnungsprogramm, 2001.