Nika Fontaine
Nika Fontaine (* 1985 in Montreal) ist eine kanadische Transgender-Künstlerin, die in Berlin lebt und arbeitet.
Ausbildung
Nika Fontaine studierte zunächst Fashion Design am Collège d’enseignement général et professionnel (Cégep) Marie-Victorin, Montreal im Jahr 2001, bevor sie sich entschloss, in die Kunst zu gehen. 2008 schloss sie ihr erstes Studium in Painting and drawing an der Concordia University, Montreal ab und zog dann nach Berlin, um dort im Jahr 2012 ihr Diplom in Malerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee zu erhalten. Ein Jahr später erhielt sie ihren Titel zur Meisterschülerin von Werner Liebmann, ebenfalls an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.[1]
Werk
In Fontaines Kunst geht es um die Rolle von Klischees und Taste, Decorum und Tradition als visuelle Strukturen, die als sinndeutende, kulturelle Dispositive fungieren und manchmal die Grenzen zum Kitsch überschreiten und die Wahrnehmung von Ästhetik herausfordern.[2] Zwei weitere Aspekte ihrer neueren Arbeiten sind Spiritualität und Mystizismus, zwei Konzepte, die für Fontaine in ihrer Praxis mehr und mehr an Bedeutung gewonnen haben. So greift sie zum einen die kulturellen Dispositive und visuellen Strukturen auf, zum anderen auf ihre persönliche Transformation und Wachstum – Erlebnisse und Bereicherungen, die sie mit dem Betrachter zu teilen versucht.[3]
Calcination
Nika Fontaines Idee für die Serie "Calcination" entstand 2017, während sie ihren Aufenthalt im European Ceramic Workshop Center 2019 vorbereitete. Ein Wendepunkt in ihrer künstlerischen Produktion trat ein, als sie beschloss, sich vom Glitzern zu trennen und eine tiefgreifende Forschung über die 7 Transmutationsschritte der Alchemie zu betreiben.
Jeder Schritt würde der Motor einer Serie von Serien sein.
Die Kalzinierung oder Calcio auf Lateinisch leitet den Prozess durch einen scheinbar gewalttätigen Akt der Zerstörung, Agonie und Reinigung ein. Im Gegenteil, dieser Tanz mit dem Feuer zielt darauf ab, den Suchenden von seinen Ängsten, einschränkenden Überzeugungen und vom Ego getriebenen Verhaltensweisen zu befreien.
Wenn man sich in dem vom Ego angetriebenen Verstand verstrickt, entsteht ein Gefühl der Disharmonie, der Trennung und der Not. Wir leben in einer Zeit, in der das Ego und egogetriebene Unternehmen die Welt und unsere Beziehungen zu uns selbst und anderen prägen. Die Selfie-Kultur, der schnelle Ruhm und die ausbeuterischen Unternehmen fallen auf die Leere herein, die eine solche Trennung von Natur und Geist hinterlässt.
Heute sehen wir die Apotheose dieser Ungleichheit, wenn ein CEO in den Weltraum fliegt, während seine Mitarbeiter keine Toilettenpause machen dürfen.
Die Serie Calcination zeigt Landschaften der absoluten Verwandlung, die nicht immer rosa und glitzernd, sondern meist schmerzhaft und erschreckend sind. Von Feuer verschlungene Schädel werden als Symbol für Anonymität und Einheit der Seelen verwendet. Feuerstürme, die vom Himmel aufsteigen, stellen die reinigenden Kräfte des Geistes über die Materie dar.
Ein beruhigender und besänftigender Moment wird durch die Ankunft der Phönix-Bilder geschaffen. Die mythologische Figur unterstreicht den zyklischen Prozess, bei dem nach dem Feuer die Wiedergeburt folgt. Die intensive Bewegung auf der malerischen Oberfläche wird durch die Schichten von Ölfarbe, die über einem pigmentierten und sorgfältig gekräuselten Marmorstaubgrund aufgetragen wurden, noch verstärkt. Wie in älteren Gemälden zeugen die Risse vom Vergehen der Zeit, die dem Künstler und dem Kunstwerk neue Bedeutungen und Perspektiven verleihen kann. Allerdings lässt Fontaine hier die Materialien die tiefgründige Oberfläche nackt entblößen, indem er die Illusionen der Materialität zerschlägt.
''Alles hat einen Riss, so kommt das Licht herein'' Leonard Cohen
Ein unheimlicher Sinn für Humor erscheint dennoch in den Gemälden, die den positiven Charakter dieses notwendigen zeitlosen Prozesses transzendieren. In diesem Werk entdecken wir Nikas Interesse für Außenseiterkünstler, Rock'n'Roll, anonyme Künstler des Mittelalters, aber vor allem sehen wir, dass sie das Werk von Francois de Nome sehr genau studiert hat. Dieser Maler, oder eine Gruppe von Malern (wir wissen es immer noch nicht) war in Neapel während des Barocks aktiv. Seine oder ihre Gemälde waren revolutionär, denn sie zeigten große Kathedralen, die durch heftige Erdbeben in Stücke gerissen wurden. Nika bewunderte diese künstlerische Kühnheit, mit der er den Untergang einschränkender Glaubenssysteme darstellte.
Heute stellen wir fest, dass Nikas Verkalkungsserie einen ergreifenden Zeitgeist verkörpert. Seit einigen Jahren werden wir Zeugen der verheerenden Waldbrände, die durch den Klimawandel verursacht werden, sowie des Brandes von Notre-Dame de Paris. Solche Bilder der Zerstörung überschwemmen die Medien. In gewisser Weise durchlaufen auch die Gesellschaft und die Natur einen Kalzinierungsprozess.
Stipendien und Preise
- 2007: Millenium bursary Canadian government
- 2007: Member of Golden Key International Honor Society
- 2008: Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), undergraduate bursary
- 2013: Macht Kunst, Deutsche Bank Kunsthalle
- 2014: Elsa Neumann Stipendium
- 2016: Honorable mention, RBC painting competition
Einzelausstellungen (Auswahl)
- 2004: Nicolas Fontaine. Georges Laoun, Montreal
- 2004: Nicolas Fontaine. Atom Heart, Montreal
- 2007: MDM. Fund raising exhibition for Médecins du monde, Montreal
- 2008: Nicolas Fontaine. Bureau de Post, Montreal
- 2010: Kosmikorganismus. Galerie 0, Berlin
- 2011: Le groupe des 12. succession de Jean-Paul Jérôme, Montreal
- 2012: Mein Gott es glitzert. Expo, Berlin
- 2014: Götter Glamor. SomoS Art House, Berlin[4]
- 2014: Fragile, After:six. Winzavod Centre for Contemporary Art, Moscow
- 2014: Fragile Preview. T-10, Berlin
- 2014: Pimp my ride to heaven. Deutsche Bank Kunsthalle, Berlin
- 2014: Comme un Flash. Le Livart, Montreal
- 2015: Kohi, Karlsruhe
- 2016: Heimat. Joyce Yahouda Gallery, Montreal
- 2016: Transcendental state of grace. wildpalms, Düsseldorf
- 2017: Incognito. wildpalms, Düsseldorf[5]
- 2017: Shirley’s Temple, Shanghai
- 2019: Quantum Garden, Wildpalms, Düsseldorf
- 2020: False. Evidence. Appearing. Real. Robert Grunenberg, Berlin
- 2021: Calcination. Wildpalms, Düsseldorf for the DC OPEN 2021
Weblinks
Einzelnachweise
- cv – Nika Fontaine. Abgerufen am 1. März 2017 (englisch).
- Nika Fontaine – wildpalms. In: wildpalms. (wild-palms.com [abgerufen am 20. Februar 2017]).
- Astral Bodies – Nika Fontaine. Abgerufen am 1. März 2017 (englisch).
- SomoS Berlin: Nika Fontaine – Götter Glamor. In: artconnect.com. 12. Dezember 2014, abgerufen am 23. September 2020.
- Incognito