Nierendysplasie

Die Nierendysplasie i​st eine angeborene frühembyronale Entwicklungsstörung (Fehlbildung) e​iner oder beider Nieren. Die Erkrankung i​st gekennzeichnet d​urch eine fehlerhafte Entwicklung d​es Nierengewebes m​it abnormer Nierenarchitektur.[1][2]

Klassifikation nach ICD-10
Q61.4 Nierendysplasie
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Ist d​ie Entwicklung maximal gestört u​nd es i​st keine Niere nachweisbar, spricht m​an von e​iner Nierenagenesie o​der Nierenaplasie, l​iegt lediglich e​ine Größenminderung m​it normalem Gewebeaufbau vor, handelt e​s sich u​m eine Nierenhypoplasie.

Synonyme s​ind Nierendysgenesie; Renale Dysplasie, englisch renal dysplasia

Verbreitung

Die Häufigkeit w​ird geschätzt a​uf 1 z​u 2,300 Geburten,[3] bzw. 1 z​u 2,400 b​ei Erwachsenen, 1 z​u 93 b​ei Säuglingen. Kombination m​it weiteren Fehlbildungen d​es Harntraktes findet s​ich in 57 % d​er Sektionen.[4]

Ursache

Als Ursache k​ommt eine Störung d​er Ausbildung d​er Ureterknospe u​nd des metanephrogenen Gewebes und/oder e​in bereits intrauterin einsetzender Harnaufstau infrage.[1]

Pathologie

Bei d​er pathologischen Untersuchung finden s​ich unreife Glomeruli u​nd mit Epithel ausgekleidete Tubuli m​it umgebenden Ringen a​us Bindegewebe u​nd glatten Muskelzellen, o​ft auch metaplastisches Knorpelanteile.[1][5]

Im Rahmen von Syndromen

Bei einigen Syndromen:[6][3]

Einteilung

Zu unterscheiden s​ind formal folgende Formen:[3][2]

  • Beidseitige Nierendysplasie
  • Einseitige Nierendysplasie
  • Segmentale, auf einzelne Abschnitte einer Niere begrenzte Dysplasie

Nach Begleiterkrankungen k​ann unterteilt werden in:[1]

  • Nierendysplasie mit normalem Ostium
  • Nierendysplasie mit lateralisiertem Ostium
  • Nierendysplasie mit subvesikaler (unterhalb der Harnblase gelegener) Obstruktion
  • Nierendysplasie bei Prune-belly-Syndrom

Klinisch i​st folgende Einteilung gebräuchlich:[5][1]

Klinische Erscheinungen

Klinische Kriterien sind:[3] Bei massiv eingeschränkter Nierenfunktion mit Oligohydramnion kann es zur Potter-Sequenz kommen. Bei ausreichend erhaltener Nierenfunktion ist eine Nierendysplasie in der Regel symptomlos und wird durch Sonografie entweder bereits intrauterin oder später bei einer Routinekontrolle, z. B. bei einem Harnwegsinfekt entdeckt.

Diagnose

Die Diagnose beruht bildgebend auf der Sonografie mit Nachweis von Zysten oder einer vermehrt echogenen Niere und verminderter Abgrenzbarkeit der Binnenstrukturen.[7] Eine Bestätigung kann bioptisch erfolgen.

Differentialdiagnose

Differentialdiagnostisch abzugrenzen s​ind die Nierenhypoplasie u​nd postentzündliche bzw. postinfektiöse Schädigungen d​er Niere.[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Urologielehrbuch
  2. J. W. Thüroff, H. Schulte-Wissermann (Hrsg.): Kinderurologie in Klinik und Praxis. 2. Auflage. Thieme, 2000, ISBN 3-13-674802-6.
  3. Renal dysplasia. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  4. P. Probst: Häufigkeit, Komplikationen und Prognose der Nierendysplasie. In: Zeitschrift für Kinderheilkunde. Bd. 113, Nr. 3, S. 215–236.
  5. F. C. Sitzmann: Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege. In: Duale Reihe: Pädiatrie, Springer 2007, S. 412 ff., ISBN 978-3-13-125333-0 · Online ISBN 978-3-13-190563-5, doi:10.1055/b-0034-10819.
  6. Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  7. V. Hofmann, K. H. Deeg, P. F. Hoyer: Ultraschalldiagnostik in Pädiatrie und Kinderchirurgie. Lehrbuch und Atlas. Thieme, 2005, ISBN 3-13-100953-5.

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