Neues Schloss (Ingolstadt)
Das Neue Schloss in Ingolstadt gehört zu den bedeutendsten Profanbauten des 15. Jahrhunderts in Bayern. Die ältesten Teile der Anlage gehen auf eine Stadtburg Herzog Ludwigs VII. von Bayern-Ingolstadt aus den 1430er-Jahren zurück. Zwischen etwa 1470 und 1490 wurde das Neue Schloss durch Herzog Ludwig IX. von Bayern-Landshut und dessen Sohn Herzog Georg den Reichen von Bayern-Landshut erheblich erweitert und zur modernen Residenz ausgebaut. Das Neue Schloss beherbergt heute das Bayerische Armeemuseum.
Baugeschichte und Struktur
Seit dem 13. Jahrhundert diente das Alte Schloss, der heute sogenannte Herzogskasten, als Residenz der Herzöge von Bayern-Ingolstadt. Herzog Ludwig VII., Bruder der französischen Königin Isabeau de Bavière, verbrachte mehr als zehn Jahre in Frankreich. Nach der Rückkehr in seine Residenzstadt Ingolstadt begann er um 1430 mit dem Bau einer neuen Burg im Südosten der Stadt. Der Bereich am heutigen Paradeplatz war zu diesem Zeitpunkt bereits bebautes Gebiet. Laut einer Urkunde aus dem Jahr 1429 ließ Herzog Ludwig VII. in der Folgezeit mehrere Bürgerhäuser in Vorbereitung zu seinem geplanten Neubau abreißen.[1]
Auch das Alte Feldkirchner Tor, über das die Stadt von Osten her zugänglich war, sollte in die neue Burg, die „Neue Veste“, integriert werden. 1434 ließ Ludwig VII. als Ersatz ein neues Stadttor etwas weiter nördlich errichten. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde dem Herzog das Alte Feldkirchner Tor zu seinem Neubau überlassen. Das Neue Feldkirchner Tor wurde 1874 abgebrochen.[2] Im Obergeschoss des Alten Feldkirchner Tors haben sich Reste der ursprünglichen hölzernen Ausstattung erhalten. Der Ausbau des ehemaligen Stadttors zu drei mit Fachwerkwänden getrennten Wohnräumen erfolgte vermutlich noch 1434.[3]
Die von Ludwigs VII. um das Alte Feldkirchner Tor herum begonnenen Baumaßnahmen lassen sich nur schwer fassen. Dieser Bereich der später so genannten Statthalterei wurde bis ins 19. Jahrhundert mehrfach überformt und während des Zweiten Weltkriegs zu großen Teilen zerstört. Vermutlich gehörte der Vorgängerbau des heutigen Fahnenhauses (Ausstellungsräume des Bayerischen Armeemuseums) ebenfalls zur Stadtburg Ludwigs VII. aus den 1430er-Jahren.[4]
Nach Aussterben der Linie Bayern-Ingolstadt fiel der Landesteil 1450 an das Herzogtum Bayern-Landshut. Unter Ludwig dem Reichen wurde um 1470 bis 1473 der Getreidespeicher (später: Zeughaus) auf der Nordseite errichtet.[5] An der Nordwestecke ist ein Rundturm in den Bau einbezogen. Gleichzeitig wurde die Befestigung des Neuen Schlosses ausgebaut. Der Graben um die Anlage wurde ausgehoben und eine Bastei zur Donau hin errichtet.
1479, kurz nach dem Tod Ludwigs des Reichen, wurde schließlich mit dem Bau des Palas der Anlage nach einem damals hochmodernen Konzept begonnen. Die Arbeiten am Palas wurden etwa 1489 weitgehend fertiggestellt und die ersten Möbel wurden angeliefert.[6] In den 1490er-Jahren ließ Herzog Georg der Reiche die Türme des Schlosses erhöhen.
Die Gesamtanlage liegt am Rand der Stadtmauer und ist als Stadtburg konzipiert, die mit ihrem tiefen und breiten Graben zur Stadt hin sowohl nach außen wie auch nach innen Schutz bot. Im Süden folgt der Grundriss des langgestreckten Palas dem ehemaligen Verlauf der Schutter. Zum Schlosshof hin hat der Palas zwei kleinere Ecktürme über quadratischem Grundriss. Nach Südosten schließt sich ein großer, viereckiger Turm, nach Nordosten der sogenannte Fünfeckturm an.
Mit dem Ausbau Ingolstadts zur stärksten Landesfestung Bayerns wurden auch am Neuen Schloss Verstärkungen in Form von Bastionen, wie der Eselsbastei, vorgenommen, von denen jedoch nichts mehr erhalten ist. Die Anfänge des Schlossportals gehen auf die Zeit um 1580 zurück, wobei der Glockenturm erst Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut wurde.
Innenräume
Fast alle Räume wurden in den 1480er-Jahren gewölbt, und die herzoglichen Wohnräume sind noch gut ablesbar. Im Erdgeschoss wird das Netzrippengewölbe des Großen Saals von zwei Achtkantpfeilern gestützt, während sich im Schönen Saal die Rippen sternförmig aus einer Mittelsäule entfalten. Die Rahmen von Türen und Fenstern sind mit plastischem Schmuck dekoriert. In der Schlosskapelle blieben noch alte Malereien erhalten, ansonsten sind die Räume weiß verputzt.
Weitere Entwicklung und heutige Nutzung
Im 19. Jahrhundert wurden einige Trakte des Schlosses niedergelegt oder verändert, während des Zweiten Weltkriegs wurde es stark beschädigt und musste mit einem Notdach versehen werden. Das Ausmaß der Schäden ist in den teilweise fehlenden Gewölben des Zeughauses noch deutlich zu erkennen. Nach dem Krieg und dem Abbruch des Donautors wurden Teile des Tores an das Portal des Neuen Schlosses angefügt.
In den 1960er-Jahren wurde das Schloss umfassend restauriert, seit 1972 beherbergt es das Bayerische Armeemuseum samt Werkstätten und Gastronomie.
Im Jahre 2015 fand im Neuen Schloss die Bayerische Landesausstellung statt.[7] Da das Gebäude vorher noch renoviert werden musste, wurde der dortige Teil des Armeemuseums vorübergehend geschlossen. Nach dem Ende der Landesausstellung wird das Armeemuseum mit einer neu gestalteten Ausstellung die gleichen Räumlichkeiten wieder beziehen.
Daneben dient das räumliche Umfeld des Schlosses als Ort zahlreicher Veranstaltungen. Höhepunkt ist das Ingolstädter Herzogsfest, welches zu Ehren der Erbauer alle zwei Jahre stattfindet. Eine Hauptattraktion ist dabei die Stadtwache Ingolstadt mit großem Feldlager unterhalb des Schlosses.
Ausstellungen
- Napoleon und Bayern, Katalog.
Literatur
- Christa Syrer: Das Neue Schloss in Ingolstadt. Baugeschichte und funktionale Struktur einer Residenz der Reichen Herzöge von Bayern-Landshut. Masterarbeit LMU München 2014.
- Stephan Hoppe: Die Residenzen der Reichen Herzöge von Bayern in Ingolstadt und Burghausen. Funktionale Aspekte ihrer Architektur um 1480 im europäischen Kontext. In: Alois Schmid, Hermann Rumschöttel (Hrsg.): Wittelsbacher-Studien. Festgabe für Herzog Franz von Bayern zum 80. Geburtstag. (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 166), München 2013, S. 173–200 Online-Version auf Art-Dok der UB Heidelberg.
- Christa Syrer: Des Herzogs »newe veste«. Zur Bautätigkeit unter Ludwig dem Gebarteten in Ingolstadt in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In: Kunstgeschichte. Open Peer Reviewed Journal, 2013.
- G. Ulrich Großmann (Photographien), Hans-Heinrich Häffner (Text): Neues Schloss Ingolstadt (= Burgen, Schlösser und Wehrbauten in Mitteleuropa. Band 9). Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2003, ISBN 3-7954-1391-5.
- Frank Becker, Christina Grimminger, Karlheinz Hemmeter: Stadt Ingolstadt. Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Denkmäler (=Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmäler in Bayern Bd. 12, I.1). München 2002, hier S. 373–400.
- Gerd A. Treffer: Rundflug über das alte Ingolstadt (= Bilder aus Ingolstadt. Band 1). Wartberg Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-960-4, S. 52f.
- Siegfried Hofmann: Geschichte der Stadt Ingolstadt, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1505. Ingolstadt 2000.
- Siegfried Hofmann: Die Baugeschichte des Ingolstädter Schlosses im Spiegel der erhaltenen Baurechnungen. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt. Band 88, 1979, S. 78–109; Band 89, 1980, S. 25–108; Band 99, 1990, S. 173–202.
- Friedrich Mader (Hrsg.): Ingolstadt. Verlag Donau-Courier, Ingolstadt 1988, ISBN 3-920253-21-3, S. 12 f.
- Franz Dietheuer: „Redende Steine“ am Liebfrauenmünster und am Neuen Schloss zu Ingolstadt. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt. Band 92, 1983, S. 123–144.
- Peter Jaeckel: Herzogskasten und Neues Schloss. In: Theodor Müller, Werner Reissmüller (Hrsg.): Ingolstadt. Die Herzogsstadt. Die Universitätsstadt. Die Festung, Bd. 1. Ingolstadt 1974, S. 221–260.
- Max Eberhard Schuster: Das Burgschloss in der Neuen Feste zu Ingolstadt. Dissertation. TU München 1955.
- Hanns Kuhn: Kleine Beiträge zur Stadtgeschichte. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt. Band 58, 1940, S. 13–62.
- Gustav von Bezold, Berthold Riehl (Bearb.): Die Kunstdenkmale des Regierungsbezirkes Oberbayern. Teil I: Stadt und Bezirksamt Ingolstadt. Bezirksämter Pfaffenhofen, Schrobenhausen, Aichach, Friedberg, Dachau (= Die Kunstdenkmäler des Königreiches Bayern. Band 1). München 1895 (1887); Nachdruck München/Wien 1982.
Weblinks
Einzelnachweise
- Schuster 1955, S. 10.
- Kuhn 1940, S. 25f.
- Die verwendeten Hölzer wurden in den Wintern 1432/33 und 1433/34 geschlagen. Dendrochronologisches Gutachten von Georg Brütting M.A., Firma Dendroscan, Januar 2014.
- Syrer 2013; Jäckel 1974, S. 244.
- Dendrochronologisch datiert, siehe Syrer 2014, S. 27–29.
- Syrer 2013 u. 2014; Hoppe 2013; Siegfried Hofmann: Die Baugeschichte des Ingolstädter Schlosses im Spiegel der erhaltenen Baurechnungen. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt. Band 88, 1979, S. 78–109; Band 89, 1980, S. 25–108; Band 99, 1990, S. 173–202.
- Bayerische Landesausstellung 2015 „Napoleon in Bayern“ in Ingolstadt