Natternzungen
Die Natternzungen (Ophioglossum) sind eine Gattung von Farnen aus der Familie der Natternzungengewächse (Ophioglossaceae).
Natternzungen | ||||||||||||
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Gewöhnliche Natternzunge (Ophioglossum vulgatum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Ophioglossum | ||||||||||||
L. |
Beschreibung
Wie alle Pflanzen der Familie besitzen die Natternzungen ein oder wenige grundständige Blätter, die aus einem unterirdischen, kurzen Stämmchen entspringen. Die Blätter sind bis zum Grund oder zumindest weit hinab in zwei Abschnitte geteilt, eine flächige, sterile „Spreite“, das Trophophyll, das man gewöhnlicherweise als "das Blatt" bezeichnet, und einen fertilen Teil, das Sporophyll.
Das Trophophyll ist bei den Natternzungen stets ungeteilt und ganzrandig. Von der Form her ist es zungenförmig, lanzettlich, bis herzförmig. Sein Grund umfasst das Sporophyll scheidig, so dass sich die beiden Blatteile auf den ersten Blick oft erst weit über dem Boden zu trennen scheinen. Der flächige Teil des Trophophylls kann sitzend oder gestielt sein. Seine Größe schwankt bei den verschiedenen Arten erheblich.
Die netzartige Nervatur der Trophophylls scheint darauf hinzudeuten, dass es sich bei den Natternzungen eher um eine abgeleitete als eine ursprüngliche Farngruppe handelt.
Das nicht immer vorhandene Sporophyll ist stets lang gestielt. Die Sporangien sind auf ihm in zwei vertikalen Reihen angeordnet und lateral verwachsen, so dass es wirkt, als seien sie in das Sporophyll eingesenkt. Letzteres ist schmal linear und endet bei den meisten Arten mehr oder weniger spitz.
Bei den meisten Arten in den gemäßigten Breiten wird pro Jahr nur ein einziges Blatt gebildet, bei tropischen Vertretern der Gattung manchmal auch bis zu fünf.
Verbreitung und Standortansprüche
Die Gattung ist weltweit verbreitet, wobei die meisten Arten in den Tropen und Subtropen vorkommen.
Bis auf zwei Arten wachsen alle Natternzungen auf feuchter bis nasser Erde auf Grasland. Sie werden wahrscheinlich oft übersehen, da sie in sterilem Zustand den Keimblättern von Einkeimblättrigen ähnlich sehen.
Die beiden erwähnten nicht auf Erde wachsenden Arten sind Ophioglossum pendulum und Ophioglossum palmatum. Diese wachsen epiphytisch und weichen auch im Habitus um einiges von den anderen Arten ab, weshalb sie oft auch als Ophioderma pendula bzw. Cheiroglossa palmata in eigene, monotypische Gattungen ausgegliedert werden.
Arten
Die Gattung umfasst weltweit zwischen 20 und 50 Arten.
Europäische Arten
In Europa kommen vier Arten vor:
- Ophioglossum azoricum C. Presl: Sie kommt auf den Azoren, Kanaren, Madeira, Portugal, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Island, Irland, Italien, Korsika und Polen vor.[1]
- Ophioglossum lusitanicum L.: Sie kommt auf den Azoren, Kanaren und Madeira, in Marokko, Algerien, Tunesien, Tansania, Uganda, in Portugal, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kroatien, Griechenland, Albanien, Zypern, Vodreasien, Aserbaidschan und Georgien vor.[2]
- Ophioglossum polyphyllum A. Braun, kommt in Afrika und Südwestasien, aber auch auf den Kanarischen Inseln vor.[1]
- Gewöhnliche Natternzunge (Ophioglossum vulgatum L.), kommt in fast ganz Europa, in Nordamerika, Asien, Australien und Afrika vor.
Sonstige Arten (Auswahl)
- Ophioglossum austroasiaticum M. Nishida: Sie kommt in Borneo und Taiwan vor.[3]
- Ophioglossum californicum Prantl: Sie kommt in Kalifornien und in Mexiko vor.[4]
- Ophioglossum costatum R. Br.: Sie kommt im tropischen und südlichen Afrika, in Madagaskar, auf den Komoren, in Indien, Sri Lanka, Thailand, Indonesien, auf den Philippinen, in Australien und in Französisch-Polynesien vor.[2]
- Ophioglossum crotalophoroides Walter: Sie kommt in Nord-, Mittel- und Südamerika und in der Karibik vor.[4]
- Ophioglossum engelmannii Prantl: Sie kommt in den Vereinigten Staaten, im südlichen Mexiko und in Honduras und Costa Rica vor.[2]
- Ophioglossum malviae M.Patel & M.N.Reddy, aus den indischen Westghats gilt als kleinste terrestrische Gefäßsporenpflanze der Welt. Sie wurde 2018 erstbeschrieben und wird nur 10 bis 12 Millimeter hoch.[5]
- Ophioglossum nudicaule L. f.: Sie kommt im nördlichen Indien, in Nepal, Sichuan, Xizang und Yunnan vor,[3] außerdem in Nord-, Mittel- und Südamerika, in der Karibik, in Afrika und auf Inseln im Pazifik vor.[4]
- Ophioglossum oblongum H.G. Zhou & H. Li: Sie kommt in Guangxi vor.[3]
- Ophioglossum palmatum L. (Syn.:Cheiroglossa palmata (L.) C. Presl), kommt in Mittel- und Südamerika sowie in Madagaskar vor.
- Ophioglossum pendulum L. (Syn.: Ophioderma pendula (L.) C. Presl): Sie kommt im tropischen und subtropischen Asien, in Westafrika, Australien und auf Hawaii vor.[3]
- Ophioglossum petiolatum Hooker: Sie kommt im tropischen und subtropischen Asien, in Australien, Neuseeland, in Nordamerika vor,[3] außerdem in der Karibik, in Mexiko, im nördlichen Südamerika und auf Inseln im Pazifik vor.[4]
- Ophioglossum pusillum Rafinesque: Sie kommt in Alaska, Kanada und in den Vereinigten Staaten vor.[4]
- Ophioglossum reticulatum L.: Sie kommt in Afrika, Madagaskar, in Südamerika, Korea und in China in Höhenlagen zwischen 1100 und 4000 Metern Meereshöhe vor.[3] Ein Vorkommen auf Madeira ist fraglich.[1]
- Ophioglossum thermale Komarov: Sie kommt in Kamtschatka, Japan, Korea, Taiwan und in China und hier besonders in der Nähe von Thermalquellen vor.[3]
- Ophioglossum yongrenense Ching ex Z.R. He & W.M. Chu: Sie kommt nur in Yunnan in Höhenlagen um 2000 Metern Meereshöhe vor.[3]
Sonstiges
Bei den Natternzungen ist die Zahl der Chromosomen auffallend hoch. Die südasiatische Art Ophioglossum reticulatum hat mit 2n=1260 sogar die höchste Chromosomenzahl im gesamten Pflanzenreich.
Alle Natternzungenarten sind mykotroph, also in ihrem Leben mehr oder weniger stark auf das Zusammenleben mit Pilzen angewiesen. Beispielsweise fehlen den Wurzeln die Wurzelhaare, was darauf hindeutet, dass Mykorrhizapilze deren Funktion übernommen haben. Weiterhin bleibt das unterirdische Prothallium in der Regel chlorophylllos und damit nicht alleine lebensfähig. Bei einigen Arten schließlich ist das Sporophyll auch fast ganz reduziert.
Quellen und weiterführende Informationen
Literatur
- Franz Fukarek: Urania Pflanzenreich. Band 2: Moose, Farne, Nacktsamer. Urania-Verlag, Leipzig 1992, ISBN 3-332-00495-6.
- Wolfgang Frey, Jan-Peter Frahm, Eberhard Fischer, Wolfram Lobin: Kleine Kryptogamenflora. Band IV: Die Moos- und Farnpflanzen Europas. Gustav Fischer, Stuttgart, Jena, New York 1995, ISBN 3-437-30756-8.
- Warren H. Wagner Jr., Florence S. Wagner: Ophioglossum. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 2: Pteridophytes and Gymnosperms. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 1993, ISBN 0-19-508242-7, S. 102–105 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)., online (englisch).
- Werner Rothmaler, John Robert Akeroyd: Ophioglossum L. In: T. G. Tutin, N. A. Burges, A. O. Chater, J. R. Edmondson, V. H. Heywood, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. 2., überarbeitete Auflage. Volume 1: Psilotaceae to Platanaceae. Cambridge University Press, Cambridge/New York/Melbourne 1993, ISBN 0-521-41007-X, S. 9–10 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Einzelnachweise
- Christenhusz, M. & Raab-Straube, E. von (2013): Lycopodiophytina. – In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Datenblatt Ophioglossum In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
- Ophioglossum im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 16. Februar 2019.
- Quanru Liu & Norio Sahashi: Ophioglossum Linnaeus. - textgleich online wie gedrucktes Werk, In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 2–3: Ophioglossaceae. Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis 2010
- Warren H. Wagner Jr., Florence S. Wagner: Ophioglossum Linnaeus. In: Flora of North America, vol. 2. .
- Mitesh Patel and Mandadi Narsimha Reddy. 2018. Discovery of the World’s Smallest Terrestrial Pteridophyte. Scientific Reports. 8, Article number: 5911. DOI: 10.1038/s41598-018-24135-2