Motu Nui
Der Motu Nui („Große Insel“ auf Rapanui) ist mit einer Fläche von 3,9 ha die größte der unbewohnten Nebeninseln der Osterinsel. Er liegt etwa 1,3 Kilometer südwestlich der Hauptinsel und ist der westlichste Punkt des Staates Chile. Motu Nui war früher mit der Hauptinsel verbunden, brach dann aber ab und versank teilweise im Meer. Dem Motu Nui sind zwei kleinere Motus vorgelagert: Der Motu Kau Kau, eine knapp 600 Meter entfernte Felsnadel, die sich etwa 20 Meter über den Meeresspiegel erhebt, und der Motu Iti, der nur durch einen wenige Meter breiten überspülten Abschnitt vom Motu Nui getrennt ist. Auch sie entstanden durch Abbrechen von der Osterinsel.[1]
Die Insel war ein zentraler Ort des Kultes um den Vogelmann: In jedem Frühjahr schwammen junge Männer (sogenannte Hopu) von der Kultstätte Orongo aus zum Motu Nui, um das erste Ei der Rußseeschwalbe (Sterna fuscata) zu finden. Wer als erster ein unbeschädigtes Ei zurückbrachte, wurde für ein Jahr zum Vogelmann erklärt, stand rituellen Opfern vor und erfreute sich besonderer Privilegien. Der Clan des Siegers erhielt außerdem das Recht, Eier und Jungvögel auf den Inseln zu sammeln. Der Kult bildete die Religion der Osterinsel ab etwa 1500 n. Chr. zwischen der Ära der Moai und der Ära des Christentums ab den 1860er Jahren. Der letzte bekannte Wettkampf dieser Art fand 1888 statt.
Die Insel wurde 1914 von der Routledge Expedition erstmals wissenschaftlich erforscht. Man fand heraus, dass neben der Rußseeschwalbe noch sechs weitere Vogelarten auf dem Eiland nisteten. Außerdem erkundete man zwei Höhlen. Eine von ihnen wurde von den Hopu genutzt, um auf das erste Rußseeschwalbenei des Jahres zu warten, in der anderen fand man einen nur 60 Zentimeter großen Moai, welcher heute im Pitt Rivers Museum in Oxford steht. Insgesamt wurden bislang 21 Höhlen mit 68 Petroglyphen entdeckt.
Der Motu Nui kann mit Fischerbooten, die vom Hauptort Hanga Roa abfahren, besucht werden. Das Meer zwischen Motu Nui und Motu Kau Kau ist außerdem ein beliebtes Tauchgebiet.
In dem 2016 erschienenen Disney-Film „Vaiana“, der von der Kultur und Landschaft der pazifischen Inseln inspiriert ist, lebt die Hauptfigur auf einer Insel namens Motunui.
Literatur
- Katherine Routledge: The Mystery of Easter Island. The Story of an Expedition, London 1919 (Internet Archive, 2. ed. 1920).
- Patrick C. McCoy: The Place of Near-Shore Islets in Easter Island Prehistory. In: The Journal of the Polynesian Society, Vol. 87, No. 3 (September 1978), S. 193–214.
Einzelnachweise
- Motu Nui - Das erste Rußseeschwalben-Ei für den Vogelmann. Auf: Osterinsel.de, abgerufen am 4. November 2015.