Moritz Heyne
Moritz Heyne – auch Moriz Heyne geschrieben – (* 8. Juni 1837 in Weißenfels; † 1. März 1906 in Göttingen) war ein deutscher germanistischer Mediävist und Lexikograph.
Leben
Heyne war der Sohn eines Seilermeisters. Nach seiner Schulzeit an der Lateinschule in Halle/Saale, die er nach der Primarreife aus finanziellen Gründen vorzeitig verließ, war er 1857 bis 1860 im „Kanzleidienst“ in der Justizverwaltung tätig, bis er als Autodidakt die Zulassung zum Studium an der Universität Halle schaffte. Hier studierte er von 1860 bis 1863 Germanistik, Geschichte und Altphilologie. Er promovierte 1863 mit einer textkritischen Ausgabe des Beövulf. 1864 habilitierte er sich und war in Halle als Privatdozent tätig.[1]
1869 erhielt er einen Ruf an den Lehrstuhl für Germanistik an die Universität Basel und wurde 1870 Nachfolger des Ordinarius Wilhelm Wackernagel (1806–1869). Heyne wurde zudem Vorsteher der Kommission für die Mittelalterliche Sammlung, aus der später das Historische Museum Basel hervorging.
Im Jahre 1883 wechselt Heyne an die Georg-August-Universität Göttingen auf die eigens für ihn geschaffene Professur, um ausschließlich die seit 1867 begonnene Arbeit mit Jakob Grimm an der Herausgabe von dessen Deutsches Wörterbuch weiterzuverfolgen. Verantwortlich war er für die Bände 4.2, 6, 8, 9 und 10.1.
Zwischen 1890 und 1895 gab Heyne selbst ein dreibändiges Deutsches Wörterbuch heraus. Er war 1889 Begründer der Städtischen Altertumssammlung in Göttingen, des heutigen Städtischen Museums, und leitete die Sammlung bis zu seinem Tode.[2]
Heyne war Freimaurer. Im Jahr 1869 wurde er Mitglied der Loge Zu den drei Degen in Halle, 1871 der Loge Zur Freundschaft und Beständigkeit in Basel und 1884 der Loge Augusta zum goldenen Zirkel in Göttingen; in letztgenannter Loge übernahm er 1887 das Amt des Meisters vom Stuhl.
1906 wurde er emeritiert.
Ehrungen und Andenken
Moritz Heyne wurde 1873 zum Ehrenbürger der Stadt Basel ernannt.[1] In Göttingen befindet sich seit 1953 eine Göttinger Gedenktafel, die an seinem 1885 erbauten Wohnhaus in der Wöhlerstraße 6 angebracht ist.[3]
Schriften
- Laut- und Flexionslehre der altgermanischen Dialekte, 1862 (1. Aufl. , 2. Aufl. 1970, 3. Aufl. 1874 und 1880)
- Beovulf, 1863 (Übersetzung) (2. Aufl. 1898 ULB Münster)
- Heliand, 1866
- Deutsches Wörterbuch, 3 Bände. Leipzig 1890–1895 (Band 1, Band 2, Band 3 bei archive.org)
- Ruodlieb, 1897 (Übersetzung)
- Altdt.-lat. Spielmannsgedichte des 10. Jahrhunderts, 1900 (Übersetzung)
- Fünf Bücher deutscher Hausaltertümer von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum 16. Jahrhundert. Ein Lehrbuch: 1. Band: Das deutsche Wohnungswesen, Leipzig 1899; 2. Band: Das deutsche Nahrungswesen, ebenda 1901; 3. Band: Körperpflege und Kleidung bei den Deutschen von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum 16. Jahrhundert, ebenda 1903 [der projektierte Band 4 ist nur noch teilweise und Band 5 nicht mehr erschienen]
- Das altdeutsche Handwerk. Trübner, Straßburg 1908 (postum herausgegeben von Bruno Crome. Das Werk bildet den ersten Abschnitt des 4. Bandes der „Fünf Bücher deutscher Hausaltertümer“)
Literatur
- Gerhard Baader: Heyne, Moritz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 95 f. (Digitalisat).
- Otfried Heyne: Heyne, Moriz. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Ulrich Hunger: Heyne, Moritz. In: Christoph König (Hrsg.): Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Bearbeitet von Birgit Wägenbaur et al. Verlag Walter de Gruyter, Berlin / New York 2003, Reprint ebenda 2011, ISBN 978-3-11-090805-3, Band 2, S. 743 f.
Weblinks
- Literatur von und über Moritz Heyne im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Anmerkungen
- Vgl. Ulrich Hunger: Heyne, Moritz. In: Christoph König (Hrsg.): Internationales Germanistenlexikon 1800-1950. Bearbeitet von Birgit Wägenbaur et al. Verlag Walter de Gruyter, Berlin / New York 2003; Reprint ebenda 2011, ISBN 978-3-11-090805-3, Band 2, S. 743 f. Kostenpflichtiger Zugang online .
- Hans-Georg Schmeling: Das Städtische Museum Göttingen 1889 bis 1989, in: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Alten Rathaus, 1. Oktober 1989 – 7. Januar 1990. Redaktion Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Georg Schmeling, Druckhaus Göttingen, Göttingen 1989, S. 7–34, hier S. 9 und 13.
- Walter Nissen: Göttinger Gedenktafeln. Göttingen 1962, S. 80.