Morawa
Morawa (Aussprache: [ˈmɔʀava]) ist ein österreichischer Presse- und Buchvertrieb. Das 1877 als Zeitungsgeschäft und -vertrieb gegründete Unternehmen beschäftigt rund 1.200 Mitarbeiter und erwirtschaftet etwa 300 Millionen Euro Umsatz pro Jahr.
Morawa Buch und Medien GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1877 |
Sitz | Hackinger Strasse 52, 1140 Wien, Österreich |
Leitung | Wolfgang Rick |
Mitarbeiterzahl | 1200 |
Umsatz | 300 Millionen |
Branche | Buchhandel |
Website | https://www.morawa.at |
Geschichte
Die Geschichte des Unternehmens geht auf das Jahr 1877 zurück, als Hermann Goldschmiedt, Sohn eines böhmischen Kaufmanns, ein Zeitungsgeschäft in der Wollzeile im Ersten Bezirk Wiens eröffnete.[1] Zum Verkauf im Geschäft kam der Vertrieb von Abonnements an Kaffeehäuser, Ämter und Privatpersonen hinzu.
Das Unternehmen wurde später von der Holdinggesellschaft Literaria gekauft. Emmerich Morawa arbeitete seit 1921[2] für diese Gesellschaft und war für das Zeitungsvertriebsunternehmen von Goldschmiedt zuständig. Dieses übernahm er 1924[1] und benannte es 1934 in Morawa & Co um. Nach der Übernahme des Unternehmens durch Emmerich Morawa wurde der Geschäftsgegenstand auf Pressegroß- und -einzelhandel sowie auf Buchgroßhandel ausgeweitet. Nach und nach wuchs das Unternehmen durch den Ankauf österreichischer Gebietsgrossisten. So verband Morawa seine Funktion als Importeur, mit jener, eines direkt den Einzelhandel beliefernden Vertriebes.[3]
Da das Unternehmen mehrheitlich in deutschem Besitz war und viele deutsche Zeitungen und Zeitschriften vertrieb, geriet man mit der Regierung des österreichischen Ständestaats in Konflikt, der die Einfuhr der meisten deutschen Printmedien im Februar 1934 verboten hatte. Hinzu kam, dass Morawa deutsche nationalsozialistische Schriften nach Österreich einführte, was bereits vor 1934 verboten war. Da das Unternehmen damals schon der größte Pressevertrieb war, konnte es erreichen, dass dieses Gesetz kaum vollzogen wurde. Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 wurde Morawa der Vertrieb und die Auslieferung aller Produkte des Eher-Verlags sowie des Völkischen Beobachters übertragen. Noch am Anschlusstag, dem 13. März, erhielt Emmerich Morawa eine von Hitler persönlich signierte und gewidmete Ausgabe von Mein Kampf mit dem Dank für Morawas „Einsatz für die N.S.-Presse“.[2] Es folgte die Auszeichnung mit der Ostmark-Medaille.[2] Morawa konnte bis 1945 seine Marktführerschaft im österreichischen Zeitungsvertrieb ausbauen. Nach Kriegsende 1945 bis 1948 wurde Emmerich Morawa wegen Untersuchungen und eines Gerichtsverfahrens wegen des NS-Gesetzes von der Führung des Unternehmens vorübergehend enthoben.
Morawa war eines der ersten Unternehmen in Österreich, das bereits 1956 eine EDV Maschine (Hollerith) einsetzte. In den 1960er Jahren stieg Morawa zusätzlich in den Lesezirkel ein.[3]
Morawa vergrößerte sein Vertriebsnetz in ganz Österreich und übernahm hierzu einige österreichische Gebietsgrossisten. In den 1980er Jahren wurde die Buchhandelsaktivität auf ganz Österreich ausgeweitet. Inzwischen ist Morawa in fast jedem Bundesland mit eigenen Buchhandelsgeschäften vertreten.[3]
Emmerich Morawa ging 1970 in Ruhestand und übergab an seinen Schwiegersohn Franz Selch. Dieser übergab es 1981 an seinen Sohn Emmerich Selch.[1] 1992 fusionierte Morawa mit dem 1889 gegründeten Buchvertrieb Mohr-ZG. 2005 übernahm Morawa die Buchhandlungen der Styria. 2007 ging das Unternehmen eine enge Kooperation mit Mediaprint ein. Neben dem Printmedienvertrieb wird auch verstärkt die eigene Logistik als Dienstleistung für andere Produktgruppen angeboten.[3]
Im Juni 2018 gab das Unternehmen den Rückzug aus dem Zeitungs- und Zeitschriftenvertrieb in Österreich bekannt.[4]
Unternehmensangaben
Das Unternehmen beschäftigt rund 1.200 Mitarbeiter. Es verfügt über 2 Versandzentren sowie 32 Logistikstützpunkte und befördert auf 340 Zustelltouren ca. 3.500 verschiedene internationale Presseprodukte an rund 2500 Großkunden sowie 12.000 Einzelhändler in ganz Österreich. Im Jahr 2020 ging Emmerich Selch in Ruhestand, Wolfgang Rick ist nunmehr alleiniger Geschäftsführer.
Darüber hinaus ist Morawa seit der Fusion mit Mohr 1992 auch Buchgroßhändler und verfügt über eine Buchhandelskette. Der Lesezirkel von Morawa ist der größte in Österreich und bedient etwa 10.000 Kunden. Zudem ist das Unternehmen auch als Spedition und Paketdienst aktiv.
Im Jahr 2015 wurde mit myMorawa ein Verlag und Druckservice der Unternehmenspalette hinzugefügt, der Verlag fungiert als Self-Publishing-Dienstleister. Seit 2020 ist myMorawa teil des Druckereiunternehmens Dataform.
Literatur
- Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918-1938. Band I: Geschichte des österreichischen Verlagswesens. Böhlau Verlag, Wien 1985, ISBN 3-412-05585-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- Österreichische Trafikantenzeitung: Nur ein effizienter Vertrieb garantiert Meinungs- und Pressefreiheit (Memento des Originals vom 11. Juli 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 4,8 MB) 4/2006, S. 34 (abgerufen am 4. Oktober)
- Murray G. Hall: Entnazifizierung des Buchhandels. (PDF; 263 kB) 1986, S. 21
- Die Firmengeschichte von Morawa. Abgerufen am 23. Dezember 2015.
- derstandard.at: Hoher Aufwand, rückläufige Verkäufe - Morawa stellt Zeitungsvertrieb ein, 11. Juni 2018 (abgerufen am 31. Juli 2018)