Mohrenkopf-Milchling
Der Mohrenkopf-Milchling oder kurz Mohrenkopf[1] (Lactarius lignyotus)[2], auch Mohrenköpfiger Milchling, ist eine Pilzart aus der Familie der Täublingsverwandten (Russulaceae). Er ist ein mittelgroßer Milchling mit einem schwarzbraunen Hut und einem langen, ebenfalls schwarzbraunen Stiel. Im Gegensatz dazu stehen die weißen Lamellen. Die wässrigweiße Milch färbt sich an der Luft lachsrosa. Dieser Milchling kommt in Gebirgsnadelwäldern unter Fichten recht häufig vor und ist ein geschätzter Speisepilz. In weiten Teilen Deutschlands ist er allerdings sehr selten. Der Pilz wird im Volksmund auch Essenkehrer, Schornsteinfeger, Schwarzfußmilchling oder Pasterle genannt.
Mohrenkopf-Milchling | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Mohrenkopf-Milchling (Lactarius lignyotus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Lactarius lignyotus | ||||||||||||
Fr. |
Merkmale
Makroskopische Merkmale
Der Hut wird 2–6 cm breit und schirmt schnell auf. Er ist braun bis schwarz und hat in der mittigen Senke immer einen mehr oder weniger ausgeprägten kleinen, spitzigen Buckel (Papille). Andere Farbvarianten von hellbraun bis fast weiß sind möglich. Die Oberfläche ist fein samtig und matt, oft mit vielen Adern und Runzeln. Der 4–12 cm hohe Stiel hat etwa die gleiche Farbe wie der Hut und hat auch dessen samtige Oberfläche. An der Spitze ist er fast immer gefurcht, denn die Lamellen laufen ein wenig an ihm herab. Sie sind weißlich und bilden einen starken farblichen Kontrast zu Stiel und Hut. Erst im Alter werden sie weißlich-ocker. Der Stiel ist farblich scharf abgegrenzt zu den hellen Lamellen, es gibt keinen allmählichen Übergang in die andere Farbe. Das Fleisch ist weißlich; die daraus austretende Milch ist wässrig und färbt an der Luft langsam lachsrosa. Es schmeckt mild nussartig, bisweilen auch leicht bitter. Das Sporenpulver ist blass cremefarben bis gelblich-orange und amyloid.
Mikroskopische Merkmale
Die Sporen sind rund bis breit elliptisch und messen durchschnittlich 9,0–9,3 µm × 8,3–8,5 µm. Der Q-Wert (Quotient aus Sporenlänge und -breite) ist 1,0–1,2. Das Sporenornament wird bis zu 1,8 µm hoch und besteht aus wenigen Warzen und unregelmäßigen, gratigen Rippen, die mehrheitlich zu einem unvollständigen Netz verbunden sind. Der Hilarfleck ist im äußeren Teil amyloid. Die schmalkeuligen Basidien sind 55–70 µm lang und 10–14 µm breit und sind – wie bei den meisten Milchlinge – viersporig.
Die zahlreichen Pleurozystiden kommen in Form von Parazystiden vor. Sie messen 30–65 µm × 5–9 µm und sind mehr oder weniger zylindrisch und teilweise septiert oder verzweigt. Die Lamellenschneiden sind steril und mit zahlreichen Parazystiden besetzt. Diese sind 15–40 µm lang und 4–6 µm breit. Auch sie sind mehr oder weniger zylindrisch bis schmal keulig und oft leicht gewunden oder unregelmäßig, teilweise sind sie verzweigt und mehrfach septiert. Wie die Pleurozystiden sind sie dünnwandig und durchscheinend (hyalin). Die für Milchlinge typischen Makrozystiden fehlen.
Die Huthaut (Pileipellis) ist ein Hymenoepithelium und besteht aus rundlichen, ovalen bis birnenförmigen 10–30 µm langen und 6–16 µm breiten Zellen. Aus diesen Zellen entspringen in der obersten Lage die zylindrisch bis keuligen Hyphenenden, die etwa 15–40 µm lang und 4–10 µm breit sind und im Zellinneren einen braunen Farbstoff enthalten.[3][4]
Artabgrenzung
Der Mohrenköpfige Milchling ist normalerweise leicht zu erkennen. Typisch für ihn ist der auffallende Kontrast der weißen Lamellen zum schwarzbraunen Hut, die auffallend rillig geriefte Stielspitze und die sich rosa verfärbende Milch. Mikroskopisch ist er durch seine großen, runden Sporen mit dem groben, stachelig wirkenden Sporenornament gekennzeichnet. Ähnlich ist vielleicht noch der dunkelhütige Pechschwarze Milchling (L. picinus), der an vergleichbaren Standorten vorkommen kann. Er hat jedoch einen glatten Hut und einen völlig glatten, viel kräftigeren Stiel. Außerdem hat sein Hut keine Papille und seine Milch schmeckt scharf. Eine gewisse Ähnlichkeit hat auch der ungenießbare Rußbraune Milchling (L. fuliginosus), der aber im Laubwald vorkommt und eine bittere Milch hat.[3][4][5]
Ökologie
Bevorzugter Lebensraum sind Gebirgsnadelwälder mit saurem Boden. Als Mykorrhizapilz geht der Mohrenkopfmilchling besonders gerne Symbiosen mit Fichten ein. Er wächst von August bis Oktober und kann an günstigen Standorten auch in Massen auftreten, normalerweise erscheint er jedoch einzeln oder in kleineren Gruppen.
Verbreitung
Der Mohrenköpfige Milchling kommt in Nordamerika (USA, Kanada), Nordasien (Japan, Korea) und Europa vor. In Nordamerika ist er besonders im Nordosten verbreitet und bildet hier einen Artenkomplex, mit mehreren Varietäten oder Unterarten.
In Europa ist der Milchling teilweise recht häufig, aber ungleichmäßig verbreitet. Als boreale und montane Art ist er besonders in Skandinavien und Nordosteuropa verbreitet, während er in Süd- und Mitteleuropa fast ausschließlich im Bergland vorkommt.
In Deutschland ist der Milchling von der dänischen Grenze bis in die Alpen hinein ungleichmäßig verbreitet. In Nord-, West- und Mitteldeutschland ist der Milchling selten bis sehr selten. Nur in Süddeutschland und besonders in Bayern ist der Milchling etwas häufiger. Da der Pilz fast ausschließlich im Gebirgsnadelwäldern vorkommt, findet man ihn meist nur in den Alpen, dem Alpenvorland, im Schwarzwald, dem Bayerischen und Oberpfälzer Wald, im Fichtelgebirge und Frankenwald, im Thüringer Wald und Schiefergebirge, im Erzgebirge und im Harz. Im Rheinischen Schiefergebirge und der Rhön ist der Mohrenköpfige Milchling selten.[6][11] In Österreich[12] und der Schweiz[3] ist der Milchling wie in Bayern ziemlich häufig.
Der Milchling steht in vielen Bundesländern auf der Roten Liste. In Baden-Württemberg und Niedersachsen wird er in der Gefährdungskategorie RL3 gelistet und in Hessen,[13] Saarland[14] und Rheinland-Pfalz[15] gilt die Art als stark bedroht (RL2). In Schleswig-Holstein (RL1) ist sie gar vom Aussterben bedroht.[16] Auch in Nordrhein-Westfalen[17] und Mecklenburg-Vorpommern[18] ist die Art extrem selten und daher potentiell vom Aussterben bedroht.
Bedeutung
Wie viele andere Pilze auch, ist der Mohrenkopfmilchling roh ungenießbar. Verarbeitet ist er aber ein hervorragender Speisepilz mit sehr gutem Aroma.
Quellen
- Ewald Gerhardt: Pilze. Verlag BLV, München 2006, ISBN 978-3-8354-0053-5.
- Rose Marie Dähncke: 200 Pilze. 5. Auflage, Verlag Aargauer Tagblatt, Aarau 1992, ISBN 3-85502-145-7.
Einzelnachweise
- Ewald Gerhardt: Der große BLV Pilzführer für unterwegs. 2. Auflage. BLV, München 2001, ISBN 3-405-15147-3.
- Lactarius lignyotus. Fries, 1855, Monogr. Lact. Suec.25. In: mycobank.org. Abgerufen am 23. Januar 2012.
- Josef Breitenbach, Fred Kränzlin (Hrsg.): Pilze der Schweiz. Beitrag zur Kenntnis der Pilzflora der Schweiz. Band 6: Russulaceae. Milchlinge, Täublinge. Mykologia, Luzern 2005, ISBN 3-85604-060-9, S. 76.
- Jacob Heilmann-Clausen u. a.: The genus Lactarius. Fungi of Northern Europe. Hrsg.: The Danish Mycological Society. Vol. 2, 1998, ISBN 87-983581-4-6, S. 226 (englisch).
- Ewald Gerhart (Hrsg.): Pilze (= Spektrum der Natur BLV Intersivführer. Band 1: Lamellenpilze, Täublinge, Milchlinge und andere Gruppen mit Lamellen). BLV Verlagsgesellschaft, München/Wien/Zürich 1984, ISBN 3-405-12927-3, S. 285.
- Lactarius lignyotus in der PILZOEK-Datenbank. In: pilzoek.de. Abgerufen am 15. September 2011.
- Weltweite Verbreitung von Lactarius lignyotus. (Nicht mehr online verfügbar.) In: GBIF Portal / data.gbif.org. Archiviert vom Original am 2. April 2015; abgerufen am 14. September 2011. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Jacob Heilmann-Clausen u. a.: The genus Lactarius. Fungi of Northern Europe. Hrsg.: The Danish Mycological Society. Vol. 2, 1998, ISBN 87-983581-4-6, S. 271–273 (englisch).
- Z. Tkalcec, A. Mešic: Preliminary checklist of Agaricales from Croatia V: Families Crepidotaceae, Russulaceae and Strophariaceae. In: Mycotaxon. Band 88, 2003, ISSN 0093-4666, S. 289 (online [abgerufen am 9. Januar 2012]). online (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- T.V. Andrianova et al.: Lactarius of the Ukraine. Fungi of Ukraine. (Nicht mehr online verfügbar.) In: cybertruffle.org.uk/ukrafung/eng. 2006, archiviert vom Original am 18. Oktober 2012; abgerufen am 17. Januar 2012 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Pilz-Verbreitungsatlas – Deutschland. In: Pilzkartierung 2000 Online / brd.pilzkartierung.de. Abgerufen am 17. Januar 2012.
- Datenbank der Pilze Österreichs. In: austria.mykodata.net. Österreichischen Mykologischen Gesellschaft, abgerufen am 17. Januar 2012.
- Ewald Langer: Rote Liste der GroßpilzeHessens. (PDF [540 kB]) (Nicht mehr online verfügbar.) In: sachsen-anhalt.de. Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten, 2000, ehemals im Original; abgerufen am 23. Januar 2012. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Dr. Johannes A. Schmitt: Rote Liste der Pilze des Saarlandes. (PDF [160 kB]) In: lfu.bayern.de. Bayerisches Landesamt für Umwelt, abgerufen am 23. Januar 2012.
- Ludwig Simon et al.: Rote Liste von Rheinland-Pfalz. (PDF [50 kB]) (Nicht mehr online verfügbar.) In: luwg.rlp.de. Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, 2006, archiviert vom Original am 3. Dezember 2013; abgerufen am 23. Januar 2012. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Matthias Lüderitz: Die Großpilze Schleswig-Holsteins – Rote Liste. (PDF [880 kB]) Band 3 Nichtblätterpilze (Aphyllophorales) Täublinge und Milchlinge (Russulales). In: umweltdaten.landsh.de. Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein, 2001, abgerufen am 23. Januar 2012.
- Ludwig Simon et al.: Rote Liste und Artenverzeichnis der Sprödblättler – Russulales – in Nordrhein-Westfalen. (PDF [50 kB]) (Nicht mehr online verfügbar.) In: lanuv.nrw.de. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, 2009, archiviert vom Original am 3. Dezember 2013; abgerufen am 23. Januar 2012. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Jürgen Schwik et al.: ROTE LISTE der gefährdeten Großpilze Mecklenburg-Vorpommerns. 2. Fassung. In: uni-greifswald.de. Das Umweltministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 1999, archiviert vom Original am 18. Oktober 2004; abgerufen am 23. Januar 2012.
Weblinks
- M. Kuo: Lactarius lignyotus. In: MushroomExpert.Com. März 2005, abgerufen am 17. Januar 2012 (englisch, Informationen zum Mohrenkopfmilchling).
- Lactarius lignyotus. In: Funghi in Italia / funghiitaliani.it. Abgerufen am 17. Januar 2012 (italienisch, Gute Fotos vom Mohrenköpfigen Milchling).
- Lactarius lignyotus. In: Russulales News / mtsn.tn.it. Abgerufen am 17. Januar 2012 (englisch, Fotos und lateinische Originalbeschreibung).