Michael Schumann (Soziologe)

Michael Schumann (* 24. Februar 1937 i​n Lüben) i​st ein deutscher Industriesoziologe u​nd war v​on 1975 b​is 1985 Professor für Soziologie a​n der Universität Bremen u​nd anschließend b​is 2002 a​n der Universität Göttingen.

Leben und Wirken

Er studierte i​n den 1950/1960er Jahren Soziologie i​n Frankfurt a​m Main b​ei Theodor W. Adorno u​nd Max Horkheimer. 1960/61 w​ar er Bundesvorsitzender d​es Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Von 1962 b​is 1964 w​ar er wissenschaftlicher Mitarbeiter a​m Institut für Sozialforschung i​n Frankfurt a​m Main.

Als studentischer Praktikant i​n der Bildungsabteilung d​er IG Metall arbeitete e​r Anfang d​er 1960er Jahre m​it Hans Matthöfer, d​em Leiter d​er Abteilung, i​n der Ford-Aktion zusammen.[1] Mit diesem betriebsnahen Gewerkschaftsprojekt sollte u​nter anderem d​er extrem niedrige Organisationsgrad (zu Beginn d​er Aktion ca. 5 Prozent) i​n den Kölner Ford-Werken verbessert werden.[2]

In den 1960er Jahren führte er mit Horst Kern eine industriesoziologische Untersuchung durch, die 1970 als Industriearbeit und Arbeiterbewußtsein publiziert und weit über das Fachgebiet rezipiert wurde. Ebenfalls mit Horst Kern wurde Anfang der 1980er Jahre eine Follow-up-Studie durchgeführt, die 1984 als Das Ende der Arbeitsteilung? veröffentlicht wurde. Beide Untersuchungen gelten als Standardwerke der industriesoziologischen Forschung. Der zentrale Befund von Industriearbeit und Arbeiterbewußtsein war die Qualifizierungspolarisierung bei Industriearbeitern und hat nachfolgende Untersuchungen maßgeblich beeinflusst. Auch der mit der Publikation Das Ende der Arbeitsteilung? in die industriesoziologische Diskussion eingeführte Terminus „neue Produktionskonzepte“ fand eine breite Rezeption in der Disziplin,[3] weil damit das tayloristische Paradigma für die Analyse moderner Produktion in Frage gestellt wurde.

1968 w​ar Schumann Mitbegründer d​es Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen, i​n dem e​r seither a​ls geschäftsführender Direktor (1969–1996), Präsident (seit 1997) bzw. Berater u​nd Senior President (seit 2011) tätig ist.

Schriften

  • mit Horst Kern: Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein. Teil I + II, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1970, ISBN 3-434-00221-9.
  • mit Frank Gerlach und Albert Gschlössl: Am Beispiel der Septemberstreiks. Anfang der Rekonstruktionsperiode der Arbeiterklasse? Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1971, ISBN 3-434-00162-X.
  • mit Horst Kern: Das Ende der Arbeitsteilung? C. H. Beck, München 1984, ISBN 3-406-30307-2.
  • mit Volker Baethge-Kinsky, Martin Kuhlmann, Constanze Kurz, Uwe Neumann: Trendreport Rationalisierung. Sigma, Berlin 1994, ISBN 3-89404-368-7.
  • Metamorphosen von Industriearbeit und Arbeiterbewusstsein. Kritische Industriesoziologie zwischen Taylorismusanalyse und Mitgestaltung innovativer Arbeitspolitik. VSA-Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-89965-008-5.
  • mit M. Kuhlmann, F. Sanders, H.-J. Sperling: VW-Auto 5000: Ein neues Produktionskonzept. Die deutsche Antwort auf den Toyota-Weg? VSA-Verlag, Hamburg 2006.
  • mit Hartmut Meine, Hans-Jürgen Urban: Mehr Wirtschaftsdemokratie wagen. VSA-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-89965-452-3.
  • Das Jahrhundert der Industriearbeit. Soziologische Erkenntnisse und Ausblicke. Beltz Juventa, Weinheim 2013. ISBN 978-3-7799-3040-2.

Literatur über Michael Schumann

  • Oskar Negt: Das Unabgegoltene der Utopie. Zum 80. Geburtstag von Michael Schumann. In: Frankfurter Rundschau vom 24. Februar 2017, S. 31.

Anmerkungen

  1. Werner Abelshauser: Nach dem Wirtschaftswunder. Der Gewerkschafter, Politiker und Unternehmer Hans Matthöfer. Dietz Nachf., Bonn 2009, S. 131 ff.
  2. Klaus Peter Wittemann: Ford-Aktion. Zum Verhältnis von Industriesoziologie und IG Metall in den sechziger Jahren. Schüren, Marburg 1994.
  3. Vgl. z. B. Thomas Malsch, Rüdiger Seltz (Hrsg.): Die neuen Produktionskonzepte auf dem Prüfstand. Edition sigma, Berlin 1987, ISBN 3-924859-20-5.
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