Margarete Gerhardt

Lina Elisabeth Margarete Gerhardt, L. E. M.; Marg[arete] (* 8. Januar 1873 i​n Frankfurt (Oder); † 12. Dezember 1955 i​n Berlin-Wilmersdorf) w​ar eine deutsche Malerin, Grafikerin u​nd Linol- u​nd Holzschneiderin. Der verschiedentlich i​n Texten verwendet Vorname Anna i​st in keinen persönlichen Papieren vorhanden. Die biographischen Daten v​on Margarete Gerhardt s​ind teilweise m​it denen d​er Malerin u​nd Holzschneiderin Margarethe Gerhardt-Hoffmann (1878–1956) a​us Berlin u​nd Warnemünde vermischt worden.

Selbstporträt in Öl von 1901

Leben

Kindheit und Jugend

L. E. Margarete Gerhardt war die Tochter des preußischen Juristen, Frankfurter Bürgermeisters und brandenburgischen Landessyndikus Carl August Friedrich Gerhardt (1832–1914) und seiner Frau Rosa Dorothea, geborene Bach (1840–1927).[1] Drei Jahre nach Margaretes Geburt zog die Familie nach Berlin. Ihr Bruder Karl Gerhardt (1864–1939) wurde später wie der Vater Jurist und Landessyndikus der Provinz Brandenburg. Ihre Schwester Anna Langerhans-Gerhardt (1866–1936) heiratete den Berliner Arzt und Pathologen Robert Langerhans (1859–1904). Die zweite Schwester Eleonore Gerhardt (1868–1944), genannt Ella, war Sängerin (Altistin)[2].

Ausbildung

Kopie in Viertelgröße nach Estéban Murillo von L.E. Margarete Gerhardt

Nach dem Sophie-Charlotte-Gymnasium besuchte Margarete Gerhardt[3] die Mal- und Zeichenschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen. 1895 wurde sie für zwei Jahre Schülerin bei Wilhelm Müller-Schoenefeld (1867–1944), der sie in Porträtmalen und figürlichem Zeichnen unterrichtete, was sie in Porträts ihrer Familienmitglieder und anderen Personen anwandte. In diese Zeit fallen auch die Studien in den Museen. Sie kopierte in Viertelgröße das im Zweiten Weltkrieg verloren gegangene Gemälde von Estéban Murillo[4] „Der heilige Antonius und das Christuskind“[5] und erarbeitete sich laut ihrer eigenen Angaben weitere Kopien von Rembrandt, Velasquez, Tizian und Pesne. Ab 1897 besuchte sie bis 1904 die Malerinnenschule von Dora Hitz (1856–1924) und lernte von deren impressionistischer, leuchtender Malweise. Margarete Gerhardt brachte sich, angeregt durch eine Ausstellung des Malers, Graphikers und Kunsthandwerkers Emil Orlík (1870–1932) in der Nationalgalerie, die Technik des farbigen Holzschnittes autodidaktisch bei und wurde darin eine erfolgreiche Künstlerin.

Reisen

Sie unternahm Studienreisen n​ach Italien, Frankreich, London, i​n die Schweiz, n​ach Holland u​nd nach Nordafrika; daraus entstanden Ölbilder, Lasuren, Aquarelle, Linol- u​nd Holzschnitte. In i​hren Büchern findet s​ich ein i​n Holz geschnittenes Exlibris Buchzeichen m​it dem Motiv d​es Dioskurentempels i​n Rom. Auf e​inem Hamburger Handelsdampfer, d​er nach Nordafrika fuhr, machte s​ie 1903 e​ine mehrmonatige Seereise u​nd kehrte über London zurück n​ach Berlin.[6] 1911/12 w​ar sie zusammen m​it Dora Hitz a​uf einer gemeinsamen Reise i​n Italien unterwegs.[7]

Menschen bei der Markussäule

Mitglied in Kunstkreisen / Ausstellungen

Während 44 Jahren (1911–1955) war Margarete Gerhardt Mitglied des Vereins der Berliner Künstlerinnen 1867 e.V. (VdBK 1867) und von 1933 bis 1936 im Vorstand. Sie war auch Mitglied in der Deutschen Kunstgenossenschaft von Schöneberg-Friedenau. Während der Zeit der Nationalsozialisten stellte sie 1941 einen Antrag an die Reichskammer der Bildenden Künste um Mitgliedschaft, welche ihr den Zugang zu Malutensilien ermöglichte.[8] Auch in den Kriegsjahren bemühte sich der VdBK, seinen Mitgliedern weiterhin in Ausstellungen Werkverkäufe zu ermöglichen. Margarete Gerhardt stellte dort bis 1942 jedes Jahr aus. An zahlreichen Ausstellungen, die der Verein VdBK[9] in den eigenen Räumen realisierte, konnte sie ihre Werke präsentieren und verkaufen. Von 1908 bis 1933 war sie mehrmals in der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten.[10] Ebenso stellte sie in der Freien Vereinigung der Grafiker zu Berlin, im Lyzeum-Club Berlin und in der Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik (Bugra) 1914 in Leipzig aus. Im Jahr 1956 fand im Rathaus von Berlin-Schöneberg eine Gedächtnis-Ausstellung statt.

Spätere Jahre

Seit 1928 wohnte u​nd arbeitete s​ie in Berlin-Wilmersdorf a​n der Livländischen Straße 18.[11] Sie w​ar nicht verheiratet. Es g​ab seit 1920 e​inen Verband d​er Gerhardt’schen Familien. Man t​raf sich v​or dem Zweiten Weltkrieg d​rei Mal. Margarete Gerhardt übernahm b​is 1937 d​ie für d​ie verzweigte Verwandtschaft umfangreiche Schriftführung. Im Geologischen Handbuch abgebildet i​st eine Kopie d​es Porträts d​es Stammesältesten, Friedrich Gerhardt v​on Altlandsberg(1773–1857)[12]. Das Original, damals i​n Familienbesitz, verbrannte 1943. Nach d​em Tod d​er Mutter 1927 z​ogen die beiden Schwestern v​on ihrem Elternhaus i​n Friedenau n​ach Berlin-Wilmersdorf. Eleonore Gerhardt führte b​is zu i​hrem Tod 1944 d​en gemeinsamen Haushalt. Nach Kriegsende z​og ihre Nichte Gabriele Nickelmann-Langerhans (1899–1986) m​it der Familie z​u der inzwischen Alleinstehenden a​n die Livländische Straße 18 u​nd betreute d​ie Künstlerin b​is zu d​eren Tod 1955.

Nachlass

Handgedruckter farbiger Holzschnitt

Eine Reihe von Werken sind in Privatbesitz, andere unbekannt verstreut oder verschollen. In Auktionen tauchen meist Holzschnitte, eher selten Ölbilder auf. 2013 fanden in der Reutlinger Ausstellung „Wege zu Gabriele Münter und Käthe Kollwitz“ zwei ihrer Holzschnitte Anerkennung. Sie stammten aus der „Sammlung Felix Häberle, München“. Das „Verborgene Museum“ in Berlin erwarb vor einiger Zeit den farbigen Linolschnitt „Ponte S. Sebastiano“.

Werkauswahl

  • Selbstporträt in Öl 1901
  • Zahlreiche Porträts ihrer Eltern und Geschwister
  • Porträt des Malers Carl Kayser-Eichberg,
  • Porträt des Schauspielers Adalbert Matkowsky, (beide Gemälde, testamentarisch erwähnt, werden gesucht)
  • Kirchenkonzert in der alten Garnisonkirche, 1995
  • Ellas Terzett, Oelbild 1901
  • Kopie des im 2.Weltkrieg verschollenen Gemäldes von Estéban Murillo „Der heilige Antonius mit dem Christuskind“
  • Venedig, Oelgemälde
  • Blick auf den Wannsee, Ölgemälde
  • mehrere Öllasuren: I Faraglioni, Vesuv, bei Capri, Bucht von Palermo usw. mit Motiven von ihren Reisen
  • Farbige Holzschnitte mit meist ländlichen Motiven, handgedruckt
  • Aquarelle mit Landschaften in den Bergen, an der See

Literatur

  • Westermann MH 134:1923, 577–583
  • Vo2,1955. Dressler II,1930
  • Witte II, 1991
  • Käthe, Paula und der ganze Rest, 1992
  • 125 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen 1992
  • D. Lorenz, Künstlerspuren in Berlin vom Barock bis heute. 2002
  • SAUR. Allgem. Künstlerlexikon, Bd. 4. Text von J.M. Henneberg
  • Wege zu Gabriele Münter und Käthe Kollwitz. Michael Imhof Verlag 2013
  • Gerhardt’sche Hauspostille von 1920 und 1927
  • Schrift des Verbandes der Gerhardt von Altlandsberg von 1937
  • Frauenkunst. Kunst von Frauen. Galerie Joseph Fach, 2012. Katalog 102, 93-94

Einzelnachweise

  1. Genealogisches Handbuch der bürgerlichen Familien Band 16, S. 236
  2. VdBK 1867, Archiv Vereinsgeschichte, 1926: Theaterabend mit künstlerischen Darbietungen / Sign.: BG-VdBK 1254-1263.
  3. Landesarchiv Berlin Personenakte L.E.Margarete Gerhardt, Film Nr. 44, A Rep. 243-04 Nr. 2454, Antrag an die Reichskammer der bildenden Künste, 8. Dezember 1941
  4. http://www.europeana.eu/portal/de/record/9200166/BibliographicResource_3000117229091.html - Hinweis auf Reproduktion
  5. bpk - Bildagentur
  6. Westermanns Monatshefte, 67. Jahrgang, Heft 12, August 1923, S. 577–581.
  7. SAUR, Allgemeines Künstlerlexikon Bd. 52, 2006, Seite 118
  8. Landesarchiv Berlin,Personenakte L.E.M. Gerhardt, Film Nr. 44, A-Rep 243 -04 Nr. 2454
  9. VdBK-Ausstellungen 1926/ 28/29/1934/37/1940/41/42/1954/55/56
  10. https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/gbk1916,1925, www.digishelf.de/objekt/71859374X-1908, https://archive.org/details/GrosseBerlinerKunstausstellung1933
  11. Detlev Lorenz, Künstlerspuren in Berlin vom Barock bis heute.
  12. Genealogisches Handbuch Seite 227, Abb.
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