Mantelzelllymphom
Das Mantelzelllymphom (MCL, engl. mantle cell lymphoma) ist ein malignes Lymphom und zählt zu den B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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C83.1 | Mantelzell-Lymphom
Inkl.: Maligne lymphomatöse Polyposis Zentrozytisches Lymphom ICD-10-GM-2018 |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Nomenklatur
Das Mantelzelllymphom hat seinen Namen vom charakteristischen Aussehen (der Zytomorphologie) der Lymphom-Zellen, die ähnlich aussehen wie die (gesunden) Zellen, die normalerweise in der Mantelzone der Lymphknoten zu finden sind. Die ältere Bezeichnung zentrozytisches Lymphom ist praktisch deckungsgleich mit dem Mantelzelllymphom.
Epidemiologie
Das Mantelzelllymphom ist eine seltene Erkrankung. Seine Inzidenz beträgt 2/100.000 pro Jahr, wobei vierfach so viele Männer wie Frauen betroffen sind. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 60 Jahren.[1]
Pathologie
Das Mantelzelllymphom ist durch die reziproke Translokation t(11;14)(q13;q32) zwischen den Chromosomen 11 und 14 gekennzeichnet, wodurch Cyclin-D1 verstärkt exprimiert wird. Hierdurch kommt es zur Auslösung des Zellzyklus und damit einer erhöhten Zellvermehrung.[2][3]
Klinik[1]
Typischerweise geht die Erkrankung mit Lymphknotenschwellungen und einer Vergrößerung der Milz einher, da sich die MCL-Zellen in lymphatischem Gewebe ansammeln. Oft ist auch das Knochenmark von der Erkrankung betroffen, wo die MCL-Zellen die blutbildenden Zellen verdrängen können. Dies zeigt sich in einer Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen), die zu Müdigkeit und geringerer Leistungsfähigkeit führt, einer Leukopenie (Mangel an weißen Blutkörperchen), die die Anfälligkeit für Infektionen erhöht, und einer Thrombopenie (Mangel an Blutplättchen), die das Blutungsrisiko steigert. Bei einer höhergradigen Infiltration des Knochenmarks durch das Mantelzelllymphom können die MCL-Zellen auch im Blut zu finden sein. Zudem können so genannte B-Symptome bestehen (Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust). Auch der Verdauungstrakt (Gastrointestinaltrakt) ist häufig von der Erkrankung betroffen (z. B. Infiltration der Magen- oder Darmwand).
Diagnose[4]
Zur Diagnose des Mantelzelllymphoms wird ein vergrößerter Lymphknoten chirurgisch entnommen und histologisch, immunhistochemisch und genetisch untersucht. Das Ausmaß des Knochenmarkbefalls wird mithilfe einer Knochenmarkaspiration bestimmt. Zum Nachweis, dass es sich um MCL-Zellen handelt, wird mittels FISH-(Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung-)Analyse die für das Mantelzelllymphom pathognomonische Translokation t(11;14)(q13;q32) in den Zellen nachgewiesen. Alternativ kann die Cyclin-D1-Überexpression in den Zellen mittels Immunhistochemie nachgewiesen werden. Charakteristisch für MCL-Zellen ist des Weiteren die Expression von CD5, im Gegensatz zu den ebenfalls CD5-positiven CLL-Zellen sind MCL-Zellen jedoch CD23-negativ. Zur Bestimmung der prognostisch relevanten Wachstumsrate der MCL-Zellen wird zusätzlich die Ki-67-Rate erhoben.
Um die Ausbreitung der MCL-Zellen in andere Körperregionen zu bestimmen (Staging), wird eine Computertomographie von Hals, Brust- und Bauchraum sowie Becken durchgeführt.
Therapie[4]
Für Patienten jünger als 65 Jahre wird eine intensive Immunchemotherapie angestrebt. Etablierte Therapieoptionen sind R-CHOP/DHAP (eine kombinierte Therapie mit dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab und den Chemotherapeutika Cyclophosphamid, (Hydroxy-)Doxorubicin, Vincristin (auch bekannt als Onkovin) und Prednison alternierend mit Rituximab, Dexamethason, Cytarabin und Cisplatin) mit anschließender autologer Stammzelltransplantation, oder R-Hyper-CVAD (Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison alternierend mit Methotrexat und Cytarabin).
Bei älteren Patienten über 65 Jahren wird in der Regel eine weniger intensive Therapie mit BR (dem Chemotherapeutikum Bendamustin und Rituximab) oder mit R-CHOP (Rituximab in Kombination mit den Chemotherapeutika Cyclophosphamid, (Hydroxy-)Doxorubicin, Vincristin (auch bekannt als Oncovin) und Prednison) angestrebt. Es folgt eine Erhaltungstherapie mit Rituximab.
Ein neuartiges zielgerichtetes Medikament ist Ibrutinib (Imbruvica),[5][6] das seit 13. November 2013 von der FDA und seit 23. Oktober 2014 von der Europäischen Kommission für die Behandlung des Mantelzelllymphoms in den Vereinigten Staaten bzw. in der Europäischen Union zugelassen ist.[7][8] Weitere Medikamente werden in klinischen Studien getestet.
Prognose
Das Mantelzelllymphom hat unter den Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) die ungünstigste Prognose, da es einerseits das schnelle Wachstum der aggressiven NHL aufweist und zugleich wie die indolenten NHL in der Regel nicht kurativ behandelbar ist.[1] Die Prognose des Mantelzelllymphoms hängt dabei jedoch von individuellen Faktoren des Tumors ab. Zur besseren Einschätzung der Prognose wird das Mantelzelllymphom darum mithilfe des MIPI (MCL International Prognostic Index) in drei verschiedene Risikogruppen eingeteilt. Der MIPI berücksichtigt die Faktoren Alter, Allgemeinzustand des Patienten nach dem ECOG-Score, Höhe des LDH-Wertes und der Leukozytenzahl im Blut.[4]
Einzelnachweise
- Herold, Gerd.: Innere Medizin : eine vorlesungsorientierte Darstellung : unter Berücksichtigung des Gegenstandskataloges für die Ärztliche Prüfung : mit ICD 10-Schlüssel im Text und Stichwortverzeichnis. 2016. Auflage. Herold, Köln 2016, ISBN 978-3-9814660-5-8.
- Siegenthaler, Blum: Klinische Pathophysiologie, 9. Auflage, Thieme 2006; ISBN 3-13-449609-7
- Margit Klier: Beeinflussung der Expression von Cyclin D1 in Mantelzell Lymphom-Zelllinien durch lentiviral produzierte siRNA.
- Martin Dreyling: Mantle Cell Lymphoma: Biology, Clinical Presentation, and Therapeutic Approaches. In: American Society of Clinical Oncology Educational Book. Band 34, S. 191–198, doi:10.14694/edbook_am.2014.34.191 (asco.org [abgerufen am 22. Februar 2018]).
- Andre Goy: Are we improving the survival of patients with mantle cell lymphoma: if so, what is the explanation?. In: Leukemia & Lymphoma 2011 Oct;52(10):1828-30.. März.
- Ibrutinib Has 'Unprecedented' Impact On Mantle Cell Lymphoma. Meldung bei Sciencedaily.com vom 14. Dezember 2012.
- FDA approves Imbruvica for rare blood cancer. U.S. Department of Health and Human Services, 13. November 2013, abgerufen am 13. November 2013.
- Community register of medicinal products for human use: Imbruvica. European Commission, 23. Oktober 2014, abgerufen am 24. November 2014.