Lieselotte Templeton
Lieselotte Templeton, geb. Kamm, (* 4. August 1918 in Breslau; † 10. Oktober 2009 in Berkeley, Kalifornien) war eine in Deutschland geborene US-amerikanische Kristallographin.[1][2][3][4] Sie erhielt 1987 zusammen mit ihrem Ehemann David H. Templeton den Patterson Award der American Crystallographic Association.[5]
Leben
Templeton war die Tochter von Berta Kamm (geb. Stern) und Walter Kamm und sie war die Nichte des Physikers Otto Stern und des Botanikers Kurt Stern.[2][6][7] Sie wuchs in Deutschland auf, flüchtete 1933 nach Frankreich und emigrierte 1936 in die USA. Sie erhielt ihren Bachelor-Abschluss 1946 und promovierte an der University of California, Berkeley.[4] Glenn T. Seaborg war Mitglied des Ausschusses für die Qualifikationsprüfung ihrer Doktorarbeit.[8] Ihre Doktorarbeit, die sie unter der Aufsicht von Leo Brewer verfasste, trug den Titel: „The heats of formation of CN, N2 and NO“.[4][9] Sie war kurz am Lawrence Berkeley National Laboratory angestellt und arbeitete später als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der University of California, Berkeley.[1] Seit 1948 war sie mit David H. Templeton verheiratet.[6] Sie hatte zwei Kinder mit ihm.[6] Aufgrund von Anti-Nepotismus-Regeln durfte sie manchmal nicht in derselben Abteilung wie ihr Mann arbeiten.[4]
Forschung
Nach ihrer Promotion arbeitete sie an Festkörperchemie, Keramik und Sprengstoffdetektion.[4] Ihre Forschung in der Kristallographie begann mit ihrer Arbeit am analytischen Absorptionsprogramm (AGNOST), das später auch als ABSOR bezeichnet wurde.[10] Dieses Programm half bei der Lösung verschiedener Kristallstrukturen von Verbindungen mit schweren Elementen und war auch für ihre Untersuchungen zur anomalen Dispersion von Synchrotronstrahlung an Absoprtionskanten wichtig, die sie gemeinsam mit David H. Templeton durchführte.[10] Dies führte zur Entwicklung einer Technik, die die anomale Beugung vieler Wellenlängen verwendet. Dies ist heute eine Standardmethode für die Proteinstrukturanalyse.[6]
Zusammen mit David H. Templeton nutzte sie die polarisierte Natur der Synchrotronstrahlung, um in anisotropen Molekülen Röntgendichroismus zu zeigen und erstmals die polarisierte anomale Streuung in Beugungsexperimenten zu messen.[10]
Auszeichnungen
Sie erhielt den Patterson Award der American Crystallographic Association 1987 gemeinsam mit ihrem Ehemann David H. Templeton für ihre Entdeckungen hinsichtlich der Verwendung, Messung und Analyse von anomaler Röntgenstreuung.[1][5]
Lieselotte-Templeton-Preis für Studierende
Die Deutsche Gesellschaft für Kristallographie (DGK) verleiht einen Preis für exzellente Bachelor- und Masterarbeiten im Bereich der Kristallographie, welcher nach Lieselotte Templeton benannt ist[11]..
Ausgewählte Publikationen
Drei ihrer wichtigsten Publikationen zur anamalen Dispersion von Absorptionskanten mit Synchrotronstrahlung:
- J. C. Phillips, D. H. Templeton, L. K. Templeton, K. O. Hodgson: LIII-Edge Anomalous X-ray Scattering by Cesium Measured with Synchrotron Radiation. In: Science. 201, Nr. 4352, 21. Juli 1978, S. 257–259. doi:10.1126/science.201.4352.257.
- Lieselotte K. Templeton, David H. Templeton, R. Paul Phizackerley: L3-Edge anomalous scattering of x-rays by praseodymium and samarium. In: Journal of the American Chemical Society. 102, Nr. 3, 1980, S. 1185–1186. doi:10.1021/ja00523a057.
- K. O. Hodgson, J. C. Phillips, L. K. Templeton, D. H. Templeton: Anomalous scattering of X-rays by cesium and cobalt measured with synchrotron radiation. In: Acta Crystallographica Section A: Crystal Physics, Diffraction, Theoretical and General Crystallography. 36, Nr. 3, 1. Mai 1980, S. 436–442. doi:10.1107/S0567739480000940.
Zwei ihrer Publikationen zum Röntgendichroismus in anisotropen Molekülen:
- D. H. Templeton, L. K. Templeton: Polarized X-ray absorption and double refraction in vanadyl bisacetylacetonate. In: Acta Crystallographica Section A. 36, Nr. 2, 1. März 1980, S. 237–241. doi:10.1107/S0567739480000472.
- L. K. Templeton, D. H. Templeton: X-ray dichroism and polarized anomalous scattering of the uranyl ion. In: Acta Crystallographica Section A: Crystal Physics, Diffraction, Theoretical and General Crystallography. 38, Nr. 1, 1. Januar 1982, S. 62–67. doi:10.1107/S0567739482000114.
Einzelnachweise
- Templetons Honored for Work in Crystallography. In: Physics Today. 40, Nr. 7, 1. Juli 1987, S. 83–83. doi:10.1063/1.2820123.
- Otto Sterns gesammelte Briefe – Band 1 : Hochschullaufbahn und die Zeit des Nationalsozialismus, Schmidt-Böcking, Horst., Templeton, Alan., Trageser, Wolfgang., ISBN 978-3-662-55735-8, OCLC 1047864732.
- Bartmann, Sylke.: Wie ein Schatten Ging Ich Meinen Weg Zu Ende - Emigrantinnen Aus Wissenschaft und Kunst : Autobiographische Rückblenden Aus Dem Jahr 1940.. Budrich UniPress, Limited, Leverkusen-Opladen 2014, ISBN 978-3-86388-198-6, OCLC 1045532895.
- Frederick Hollander: Lieselotte Templeton 1918 - 2009. S. 19–20. Abgerufen am 11. März 2019.
- Award Descriptions. In: www.amercrystalassn.org. Abgerufen am 10. März 2019.
- Alan Templeton, Diana Templeton: In Memoriam: David H. Templeton. In: senate.universityofcalifornia.edu. 2010. Abgerufen am 10. März 2019.
- Stern, Kurt. In: Frankfurt.de. Abgerufen am 23. März 2019.
- Glenn T. Seaborg: Journal of Glenn T. Seaborg 1946–1958.. Lawrence Berkeley Laboratory, University of California, 1990, OCLC 741488663.
- Donald Bean Gilchrist, Edward Atwood Henry: Doctoral Dissertations Accepted by American Universities. H.W. Wilson Company, 1949.
- Women of science : righting the record, Kass-Simon, G. (Gabriele), Farnes, Patricia, 1931-1985., Nash, Deborah., 1st Midland book. Auflage, Indiana University Press, Bloomington 1993, ISBN 0-253-20813-0, OCLC 28112853.
- Lieselotte Templeton Prize for Students Mitteilung der Deutsche Gesellschaft für Kristallographie vom 21. Mai 2021, abgerufen am 31. Juli 2021