Law School
Die Juristenausbildung in den Vereinigten Staaten bezeichnet die erforderliche Ausbildung für den Zugang zu juristischen Berufen. Sie findet in weiten Teilen an einer sog. Law School statt. Diese ist die rechtswissenschaftliche Fakultät an Hochschulen in den Vereinigten Staaten und Kanada.
Studieninhalt
Das typische Studium ist ein Aufbaustudium für Bachelor-Absolventen. Der vorherige Bachelor-Abschluss kann in einem beliebigen anderen Fach abgelegt werden, muss also nicht im Fach Rechtswissenschaften absolviert worden sein. Das Aufbaustudium dauert 3 Jahre und führt in der Regel zum Berufsdoktorat (Juris Doctor, J.D.), andere Abschlüsse sind jedoch auch möglich. Der J.D. ist nicht mit einer forschungsorientierten Promotion zu vergleichen; echte Doktorgrade sind der Doctor of Juridical Science (S.J.D.) in den USA bzw. Doctor of Laws (LL.D.) in Kanada. An einigen Law Schools ist auch der Master of Laws (LL.M.) möglich, meist jedoch nur für ausländische Juristen.
Organisation
In den vergangenen Jahren haben europäische Hochschulen damit begonnen, ihre Juristenausbildung zu internationalisieren und teilweise englische Namen anzunehmen.[1] Auch wenn sie sich „Law School“ nennen, ist deshalb jedoch noch nicht von einer ähnlichen Struktur auszugehen. Eine nordamerikanische Law School wie beispielsweise die Harvard Law School ist von der Hochschule im Regelfall weitaus unabhängiger als Jurafakultäten in Europa; auch ist sie in den überwiegenden Fällen autonomer als ein britisches College of Law. In Europa ist die Juristenausbildung stärker in die normale Universitätsstruktur eingegliedert. Law Schools hingegen sind auf größtmögliche Selbstverwaltung und eine eigene Identität bedacht. Die Konkurrenz ist sehr groß. Die Studiengebühren sind, oft auch abweichend von der Mutterhochschule, recht hoch.
Abschluss und Zulassung als Rechtsanwalt
Bar Examination
Der Abschluss an einer Law School führt nicht unmittelbar zur Zulassung als Rechtsanwalt. Hierfür müssen die Absolventen zusätzlich eine Prüfung (bar examination) vor den Prüfungsausschüssen der juristischen Standesvereinigungen erfolgreich bestehen. Bei Erfolg kommt es zur admission to the bar, der Jurist wird Mitglied des Anwaltsstandes. In den USA gilt die Zulassung grundsätzlich nur für den Bundesstaat, in dem die Prüfung vorgenommen wurde. Jedoch haben sich weitgehend multistate standardized examinations durchgesetzt, die gemeinsame Prüfungsstandards vorsehen und die relativ komplikationslose Zulassung von Anwälten in allen Staaten ermöglichen. Die entsprechenden Vorschriften werden für die gesamten USA von der American Bar Association (ABA) geregelt.
Daher ist ein Jurastudium im Allgemeinen nur sinnvoll an Hochschulen, die von der American Bar Association akkreditiert sind.[2] Ohne diese Akkreditierung ist die Zulassung als Rechtsanwalt faktisch fast unmöglich, es sei denn, in einem Bundesstaat greift eine Sonderregelung. Einige nicht-akkreditierte Hochschulen in Kalifornien – z. B. die Concord Law School, die ein reines Online-Fernstudium anbietet – bieten ein Jurastudium mit J.D.-Abschluss an, wodurch die Studenten zur Anwaltsprüfung in Kalifornien zugelassen sind. Außerhalb Kaliforniens dürfen diese Anwälte dann jedoch (noch) nicht rechtmäßig arbeiten (Ausnahme: reine Beratungstätigkeiten). Diese Zulassungsmöglichkeiten werden kontrovers diskutiert und vom juristischen Establishment überwiegend kritisch gesehen. Grundsätzlich gilt, dass amerikanische Law Schools ohne ABA-Akkreditierung im Zweifel als nicht seriös eingestuft werden sollten.
Befähigung zum Richteramt
Die Juristenausbildung in Deutschland zielt auf die Befähigung zum Richteramt ab. Auch die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft setzt gem. § 4 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) diese Qualifikation voraus. Dafür ist erforderlich, ein in der Regel mindestens vierjähriges rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Prüfung (Staatsexamen) und einen anschließenden zweijährigen Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung (Assessorexamen) abzuschließen (§§ 5 ff. DRiG). Diese Abschlüsse sind an einer privaten Law School wie beispielsweise der Bucerius Law School in Hamburg nicht möglich. Ein dort erworbener Bachelor of Law ist kein berufsqualifizierender Abschluss,[3] berechtigt jedoch zum Ablegen des Staatsexamens bei einem Landesjustizprüfungsamt.
Literatur
- Duncan Kennedy: Legal Education and the Reproduction of Hierarchy, New Edition, New York University Press, 2004, ISBN 0-8147-4778-7
- Elizabeth Mertz: The Language of Law School: Learning to "Think Like a Lawyer" (Taschenbuch), Oxford University Press, 2007, ISBN 0-19-518310-X
- Joachim Zekoll: Artikel Vereinigte Staaten in: Baldus, Christian/Finkenauer, Thomas/Rüfner, Thomas (Hrsg.): Bologna und das Rechtsstudium: Fortschritte und Rückschritte der europäischen Juristenausbildung, 2. Auflage, Mohr Siebeck, 2011, ISBN 3-16-150773-8
- Anika Klafki: The Crisis in U.S. Legal Education – What is being done? Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung DAJV Newsletter 4/2013, S. 182 (dt.)
Weblinks
- American Bar Association Übersicht zur Juristenausbildung (englisch)
- Legal education as a training for hierarchy (PDF; 166 kB)
- Andreas Voßkuhle: Das Leitbild des "europäischen Juristen"- Gedanken zur Juristenausbildung und zur Rechtskultur in Deutschland RW-Heft 3 2010, S. 326–346
- Alexandra Kemmerer: Wir urteilen unbelesen: Amerikanische Debatten über Juristenausbildung Verfassungsblog, 4. Januar 2012
- Justus von Daniels: Enttäuschte Erwartungen. Die amerikanische Juristenausbildung in der Krise – vieles klingt ähnlich wie in Deutschland Anwaltsblatt, 20. September 2013
- Bologna-Prozess und Reform der Juristenausbildung Webseite der Universität Trier. Abgerufen am 22. Februar 2016.
Einzelnachweise
- Filippo Ranieri: Länderspezifische Informationen zur Juristenausbildung in Europa Forschungsstelle Europäisches Zivilrecht an der Universität des Saarlandes
- Hariolf Wnzler: Der "Goldstandard" der Juristenausbildung 25. August 2010
- OVG Hamburg, Urteil vom 11. Mai 2006 - 4 Bf 408/05; BVerwG 5 B 78/07