Lattice-Boltzmann-Methode
Bei der Lattice-Boltzmann-Methode (auch Lattice-Boltzmann-Verfahren oder Gitter-Boltzmann-Methode) handelt es sich um eine Ende der 1980er Jahre entwickelten Methode zur numerischen Strömungssimulation. Wie der Name andeutet, wird der Phasenraum zur numerischen Lösung der Boltzmann-Gleichung durch ein Gitter diskretisiert. Durch das Einarbeiten weiterer Modelle können auch andere physikalische Prozesse in einem Kontinuum wie beispielsweise thermodynamische Vorgänge in Fluiden oder Festkörpern mittels Lattice-Boltzmann-Methoden berechnet werden.
Die Lattice-Boltzmann-Methode basiert auf der Berechnung einer stark vereinfachten Teilchen-Mikrodynamik. Das heißt, es wird eine Simulation auf der Teilchenebene durchgeführt. Aufgrund der internen Struktur (geringer Speicher- und Rechenbedarf je Zelle) eignet sich das Verfahren u. a. zur Berechnung von Strömungen in komplexen Geometrien. Das Lattice-Boltzmann-Verfahren hat seine theoretische Basis in der statistischen Physik. Die Wechselwirkung der mikroskopischen Teilchen wird durch die Boltzmann-Gleichung beschrieben.
Anschauliche Darstellung des Algorithmus
Um die Boltzmanngleichung zu lösen, wird sie diskretisiert. Die Diskretisierung erfolgt durch Einführung eines Gitters im Ortsraum, wodurch auch die Geschwindigkeitsrichtungen diskretisiert werden. Somit ist der ganze Phasenraum diskretisiert. Ein zweidimensionaler Raum lässt sich beispielsweise mit dem hier gezeigten D2Q9-Modell diskretisieren. In der Abbildung stellen die Punkte Punkte im Ortsraum dar, während die Pfeile darstellen, wie wahrscheinlich die Geschwindigkeit der Teilchen, die einem Punkt zugeordnet sind in die Richtung des Pfeiles am jeweiligen Punkt auftritt. Ein Fluidpartikel kann pro Zeitschritt an gleicher Stelle bleiben oder sich in den jeweils angrenzenden Zellen des quadratischen Gitters bewegen. Er besitzt daher neun mögliche Geschwindigkeiten , wobei der Index die Richtung kennzeichnet.
Der Algorithmus lässt sich in zwei Teilschritte einteilen, deren Reihenfolge fest, aber beliebig ist:
- Kollisionsschritt
- Strömungsschritt
Im Kollisionsschritt werden die Kollisionsregeln angewendet. Diese Regeln müssen die Masse sowie den Impuls erhalten. Zu jeder Phasenraumdichte am Ort wird ein entsprechend berechneter Kollisionsterm addiert:
Ein möglicher Kollisionsterm ist der Bhatnagar-Gross-Krook-Operator (BGK-Operator)[1]
- .
Die Relaxationszeit bestimmt, wie schnell sich das Fluid dem Gleichgewicht nähert und hängt somit direkt von der Viskosität des Fluids ab. Der Wert ist die lokale Gleichgewichtsfunktion, welche die Boltzmannverteilung approximiert.
Beim Strömungsschritt werden alle Pfeile (gemäß ihrer Richtung) zum nächsten Gitterpunkt verschoben:
Die so verschobenen Pfeile bilden wieder die Ausgangssituation für den nächsten Kollisionsschritt.
Literatur
- Shiyi Chen, Gary D. Doolen: Lattice Boltzmann method for fluid flows. In: Annual Review of Fluid Mechanics. Band 30, Nr. 1, 1. Januar 1998, S. 329–364, doi:10.1146/annurev.fluid.30.1.329.
- Xiaoyi He, Li-Shi Luo: Theory of the lattice Boltzmann method: From the Boltzmann equation to the lattice Boltzmann equation. In: Physical Review E. Band 56, Nr. 6, 1. Dezember 1997, S. 6811–6817, doi:10.1103/PhysRevE.56.6811.
- Dieter A. Wolf-Gladrow: Lattice-Gas Cellular Automata and Lattice Boltzmann Models: An Introduction. Springer Verlag, 2000.
- Sauro Succi: The Lattice Boltzmann Equation for Fluid Dynamics and Beyond. Oxford University Press, 2001.
- S. Scheiderer: Effiziente parallele Lattice-Boltzmann-Simulation für turbulente Strömungen. Diplomarbeit, 2006 (uni-stuttgart.de, PDF-Datei; 8,2 MB; Überblick über Theorie und Simulation turbulenter Strömungen mittels der LB-Methode. Es wird auch das Multi-Relaxation-Time (MRT) Schema behandelt.).
- Axel Reiser: Echtzeit-Festkörper-Simulation mit der Lattice Boltzmann Methode. Bachelorarbeit Universität Stuttgart (uni-stuttgart.de, PDF-Datei; Erklärung des grundlegenden Schemas in deutscher Sprache).
Einzelnachweise
- A. A. Mohamad: Lattice Boltzmann Method: Fundamentals and Engineering Applications with Computer Codes. Springer-Verlag, London 2011, ISBN 978-1-4471-6099-1, S. 62, doi:10.1007/978-0-85729-455-5.