Löwentorstraße

Die Löwentorstraße, englisch Lion’s Gate Street, arabisch طريق باب الأسباط tariq b​ab al-Asbat ‚Weg d​es Tores d​er Stämme‘, hebräisch דרך שער האריות derech scha’ar ha-Ariot, deutsch Weg d​es Tores d​er Löwen, i​st eine Straße i​m UNESCO-Weltkulturerbe Altstadt v​on Jerusalem.

Löwentorstraße
Aelia Capitolina mit Löwentorstraße

Geographie

Die Löwentorstraße befindet sich im Muslimischen Viertel von Jerusalem. Vom Löwentor im Osten zur Al Wad Ecke Österreichisches Hospiz zur Heiligen Familie im Westen führt eine gerade, 500 m lange Straße. Diese Straße heißt Löwentorstraße auf dem 330 m langen Abschnitt vom Löwentor bis kurz vor der Mündung der Ghawanima-Tor-Straße und der Aqabat-el-rahbat (erste Kreuzwegstation). Ab der ersten Kreuzwegstation wird sie Via Dolorosa genannt.[1]

Name

Die Löwentorstraße trägt – ähnlich wie das Löwentor – viele verschiedene Namen, besonders auf Arabisch. Der Name englisch Lion's Gate street Löwentorstraße, hebräisch דרך שער האריות derech scha’ar ha-Ariot, deutsch Weg des Tores der Löwen leitet sich vom Löwentor ab, welches seinen Namen von den beiden auf ihm dargestellten Panthern hat, die irrtümlich für Löwen gehalten wurden.

Das Löwentor wurde auch arabisch باب ستي مريم bab sitti marjam ‚Tor meiner Herrin Maria‘ genannt, weil es zum Mariengrab führt und sich die Geburtskirche der Maria in seiner unmittelbaren Nähe befindet. Entsprechend wurde die Löwentorstraße auch arabisch طريق باب ستي مريم tariq bab sitti marjam ‚Straße des Tores meiner Herrin Maria‘ genannt.

Ein anderer arabischer Name für das Löwentor ist arabisch باب الأسباط, DMG Bāb al-Asbāṭ ‚Tor der Stämme‘, diesen Namen trägt jetzt auch das benachbarte Tor zum Haram. Daraus leitet sich der arabische Name arabisch طريق باب الأسباط tariq bab al-Asbat ‚Weg des Tores der Stämme‘ ab.

Ein weiterer besonders im Arabischen gebräuchlicher Name ist arabisch طريق باب أريحا tariq bab ariha ‚Weg des Jericho-Tores‘. Er hat seinen Ursprung darin, dass die Verlängerung der Straße über das Löwentor hinaus nach Jericho führt. Aus diesem Grund war auch für das Löwentor im Arabischen die Bezeichnung arabisch باب أريحا bab ariha ‚Jericho-Tor‘ üblich.[1][2]

Auf d​en heutigen (Jahr 2020) Straßenschildern lautet d​er arabische Name arabisch طريق المجاهدين tariq al-Mudschahedin ‚Weg d​er Kämpfer‘.[3]

Zur Kreuzfahrerzeit hieß d​ie Löwentorstraße Josaphat-Gasse, b​ei Ernoul 1228/31.[2]

Geschichte

Die Löwentorstraße entstand, a​ls die Römer a​uf den Trümmern d​es zerstörten Jerusalems i​m Jahr 135 d​ie römische Stadt Aelia Capitolina m​it typisch römischem Straßenplan errichteten.

Verlauf, Gebäude und Sehenswürdigkeiten in der Umgebung

Betritt m​an die Jerusalemer Altstadt d​urch das Löwentor, s​o gelangt m​an direkt a​uf die Löwentorstraße.

Ursprünglich war dieser direkte Durchgang aus Gründen der besseren Verteidigung vermauert. Man musste sich zunächst scharf nach links wenden und durch einen weiteren Torbogen gehen. Dieser linke Torbogen besteht noch. Die Vermauerung wurde jedoch abgebrochen, um einen Autoverkehr in die Altstadt zu ermöglichen.

Südlich befinden sich auf dem Gelände des zugeschütteten Teiches der Söhne Israels eine parkähnliche Grünfläche, der el-Ghazali-Platz, und ein großer Parkplatz. Auf der Ostmauer des Teiches der Söhne Israels führt ein Weg entlang der Altstadtmauer zum Stammes-Tor, das al-Muqaddasī 985 als Tor der Söhne Israels erwähnte. Durch dieses Tor können Muslime den Haram (= Tempelberg) betreten.[2]

Nach Norden zweigt zunächst durch einen engen Torbogen der Storchenturm-Weg ab. Er führt entlang der Stadtmauer zum Storchenturm in der Nordostecke der Altstadt.[1]

Sabil Bab Al-Asbat und Storchenturm-Weg

Direkt n​eben diesem Durchgang befindet s​ich ebenfalls a​uf der Nordseite d​er Löwentorstraße d​er 1536 u​nter Suleiman d​em Prächtigen erbaute osmanische Brunnen Sabil Bab al-Asbat.[4]

Zwischen Löwentorstraße im Süden, Bab-Hitta-Straße (auch: Antonia Straße) im Westen, Salahija-Gasse im Norden und Storchenturmstraße im Osten befindet sich ein ummauertes Gelände mit dem Kloster und der Schule der Weißen Väter. Innerhalb dieses Geländes liegen die St.-Anna-Kirche aus dem 12. Jahrhundert und die Ausgrabungsstätte Bethesda, die im Johannes-Evangelium Joh 5,1-15  erwähnt wird. Außerdem verortet die christliche Tradition in der St.-Anna-Kirche die Geburtsstätte Mariens.[2]

130 m westlich des Löwentores kreuzt die Bab-Hitta-Straße die Löwentorstraße. Nach Süden trifft die Bab-Hitta-Straße nach 65 m auf das ayyubidische Sühne-Tor (= Bab Hitta). Über dieses Tor können Muslime den Haram betreten.

Nach weiteren 50 m zweigt die König-Faisal-Straße nach Süden ab. Sie führt nach 50 m zum ayyubidischen Dunkelheits-Tor. Über dieses Tor können Muslime ebenfalls den Haram betreten.

Sühne-Tor u​nd Dunkelheits-Tor bilden d​en Ost- u​nd den Westbogen e​ines omaijadischen Doppeltores, d​as ursprünglich d​en Namen Tor d​er Stämme Israels trug.

Dem Abzweig der König-Faisal-Straße gegenüber, auf der Nordseite der Löwentorstraße befindet sich ein antikes Mauerstück. Es handelt sich um einen Sockel aus acht Lagen großer Quadersteine mit bearbeiteten Fugenrändern und roh gelassenen Bossen. Darüber erhebt sich die Madrasa al-Mu'azzamija. Über Ursprung und Bedeutung dieses antiken Mauerstücks gibt es sehr viele verschiedene Spekulationen. Der palästinensische Archäologe Mahmoud Hawari, der diese Stätte untersuchte, deutete diesen Sockel als ayyubidisches Mauerwerk auf dem ein osmanischer Aufbau steht. Charles Clermont-Ganneau fand 1871 im Innenhof der Madrasa eine Warninschrift, die an der Schranke zwischen Vorhof der Heiden und innerem Bereich des Jerusalemer Tempels Nicht-Juden den Zutritt bei Todesstrafe verbot.

Nach weiteren 30 m zweigt die Herodestorstraße nach Norden ab. Von dieser Herodestorstraße zweigt nach 50 m eine Sackgasse Richtung Westen ab. Diese führt zum Eingang der Nikodemuskapelle aus dem 12. Jahrhundert.[2]

Ecce-Homo-Bogen

80 m westlich vom Abzweig der Herodesstraße spannt sich der 135 vom römischen Kaiser Hadrian errichtete Ecce-Homo-Bogen über die Löwentorstraße.[5][2] Direkt hinter dem Ecce-Homo-Bogen befindet sich auf der Südseite der Löwentorstraße die 1. Kreuzwegstation. Ab hier wird die Löwentorstraße Via Dolorosa genannt. Gegenüber auf der Nordseite befindet sich der Eingang in einen schön bepflanzten Hof mit Bänken. Die Ostseite des Hofes bildet die im 12. Jahrhundert errichtete Geißelungskapelle. Die Westseite wird von der im 20. Jahrhundert auf den Mauern einer byzantinischen Kirche erbauten Verurteilungskapelle eingenommen.

Auf der Südseite der Löwentorstraße zwischen dem Abzweig der Herodestorstraße und der Ghawanima-Tor-Straße liegt die Umarija-Schule. Auf dem Gelände der Umarija-Schule stand die Burg Antonia, die im Jahr 70 von Titus völlig eingeebnet wurde. Das Gelände blieb mehr als 1000 Jahr unbebaut. Ende des 12. Jahrhunderts wurde dort eine Kapelle der Ruhe erbaut. Diese Kapelle der Ruhe wurde nach der Belagerung von Jerusalems 1187 durch Saladin als Grabstätte für einen Gefolgsmann genutzt. Im 14. Jahrhundert entstand in ihrer Umgebung die Madrasa al-Dschailija, die im 16. Jahrhundert Sitz des mamlukischen Gouverneurs wurde. 1815 machte Ibrahim Pascha daraus eine Kaserne, aus der unter britischem Mandat 1923 dann die Umarija-Schule entstand.[2]

Siehe auch

Literatur

  • Max Küchler: Jerusalem: Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt (Orte und Landschaften der Bibel, Bd. IV,2), Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht, 2007, ISBN 978-3-525-50170-2
Commons: Löwentorstraße – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Löwentorstraße bei OSM. Abgerufen am 18. April 2020.
  2. Max Küchler: Jerusalem: Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt, Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht; 2007, ISBN 978-3-525-50170-2, S. 311–360, 1117–1131
  3. Google Maps Street View, Löwentorstraße, Straßenschild, Koordinaten (31.780673, 35.235561). Abgerufen am 18. April 2020.
  4. Die "Osmanische Brunnen" in Jerusalem bei theologische-links.de. Abgerufen am 18. April 2020.
  5. Der "Ecce-Homo-Bogen" - Kloster der Schwestern Zions in Jerusalem bei theologische-links.de. Abgerufen am 18. April 2020.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.