Kugelhantel
Eine Kugelhantel, oder englisch Kettlebell, früher auch „Rundgewicht“, ist ein Trainingsgerät für das freie Gewichtstraining. Sie besteht aus einer Kugel mit einem festen Griffbügel und hat je nach Gewicht einen Durchmesser von etwa 8 bis 30 Zentimetern. Der Kugelhantel-Sport stammt ursprünglich aus Russland und ist ein Kraft-Ausdauersport, bei dem in einer vorgegebenen Zeit (10 Minuten) möglichst viele wiederholte Bewegungsabläufe wie das Stoßen (Jerk) und Reißen (Snatch) durchgeführt werden. Die in guss- oder schmiedeeiserner Ausfertigung erhältliche Kugelhantel wird traditionell in Gewichtsgrößen von 16 Kilogramm, 24 Kilogramm und 32 Kilogramm hergestellt. Diese Gewichtsklassen gehen auf die russische Gewichtseinheit Pud (16 Kilogramm) zurück. Die russische Bezeichnung für Kugelhantel ist Girya, Plural Giri (russisch Гиря, Plural Гири).
Moderne Geschichte
In Deutschland ist die Kugelhantel als Trainingsgerät bei Kraftsportlern schon seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Unter anderem trainierte auch der deutsche Kraftsportler Arthur Saxon mit Kugelhanteln. In einigen deutschen Turnverbänden gab es Anfang des 20. Jahrhunderts außerdem so genannte „Rundgewichtsriegen“, in denen unter anderem mit den eisernen Kugeln jongliert wurde. Die genaue Herkunft von Kugelhanteln ist umstritten, fest steht aber, dass das Training mit ihnen insbesondere in Russland und der Sowjetunion eine lange Tradition hat. So benutzten unter anderem russische „Muskelmänner“ diese Geräte, um in Zirkusvorstellungen ihr Publikum zu beeindrucken. Vor allem aber spielten und spielen Kugelhanteln im Militärsport eine große Rolle – russische Einheiten, besonders Spezialeinheiten wie die Speznas, trainieren mit diesen Geräten. Auch in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR gehörten Übungen mit der Kugelhantel zum Ertüchtigungsprogramm der Soldaten.
Im Wettkampfsport mit Kugelhanteln („Girevoy Sport“) wird gezählt, wie häufig entweder eine Kugelhantel mit einem Gewicht von 12, 16, 24 oder 32 Kilogramm oder zwei solche Kugelhanteln innerhalb von 10 Minuten gehoben werden können. Die Disziplinen umfassen Reißen, Stoßen sowie Umsetzen und Stoßen. Wird nur eine Kugelhantel gehoben, dann werden zuerst so viele Wiederholungen wie möglich mit einer Hand gemacht, dann auf die andere Hand gewechselt. Nur ein Handwechsel ist zulässig. Der Versuch endet, wenn entweder die Kugelhantel abgestellt wird oder 10 Minuten verstrichen sind. Abgesehen von der Aufteilung nach Disziplin sind die Teilnehmer in Klassen nach Körpergewicht und Geschlecht sowie nach dem Gewicht der verwendeten Kugelhanteln aufgeteilt.
In den USA ist es zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu einem Boom dieses Trainingsgerätes im Bereich des Fitnesstrainings gekommen. Dabei spielt das Marketing des ehemaligen Speznas-Trainers Pavel Tsatsouline eine entscheidende Rolle. Aufgegriffen wurde der Trend in den USA insbesondere von Kraft- und Kampfsportlern, Elite- und Sondereinheiten des Militärs und der Polizei sowie Mitarbeitern in der privaten Sicherheitsbranche.
Im Zuge des Crossfit-Booms hat seit den 2010er Jahren die Kugelhantel auch Einzug in die Fitnessstudios und ins Heimtraining gefunden. Regelmäßig bieten zum Beispiel große Discounter Kugelhanteln mit 2 oder 4 Kilogramm an. In vielen Städten haben sich Vereine gebildet, die unter Anleitung eines Ausbilders spezielles Training anbieten.
Anwendung
Im Gegensatz zu vielen Trainingsgeräten in Fitnessstudios sind Kugelhanteln freie Gewichte und sprechen nicht isolierte Muskeln, sondern Muskelgruppen im ganzen Körper an – jede Übung ist zugleich auch eine Koordinationsaufgabe. Das Ziel beim Training mit der Kugelhantel ist es vor allem, funktionale Kraft, Explosivkraft und Stabilität aufzubauen und das Herz-Kreislauf-System sowie Sehnen und Bänder zu stärken. Besonders fördernd wirken die Übungen auf die Kraft im Zentrum des Körpers (englisch core strength) im unteren Rücken- und Hüftbereich. Aus diesem Grund sind Kugelhanteln besonders bei Kampfsportlern beliebt, die in hohem Maße auf funktionale Kraft, Explosivkraft und Kraftausdauer angewiesen sind.
Die richtige Atmung und eine professionelle Betreuung ist besonders für Anfänger wichtig: Das Verletzungsrisiko ohne fachkundige Anleitung ist hoch. Vor allem bei den dynamischen Übungen treten durch die Nutzung der Fliehkraft (Schwingen der Kugelhantel) extrem hohe Kräfte auf. Das relativ hohe Verletzungsrisiko wird von Kritikern als ein wesentlicher Nachteil des Kugelhanteltrainings gesehen. Zudem eignen sich diese Trainingsgeräte weit weniger zum reinen Aufbau von Muskelmasse, wodurch sich die relative Bedeutungslosigkeit des Gerätes bei Bodybuildern erklärt. Als Vorteile werden nicht nur die Steigerung der funktionalen Kraft genannt, sondern auch das Erlangen einer hohen Rundum-Fitness, Durchhaltekraft, Flexibilität, Koordination und Körperbeherrschung. Zudem ist die Kugelhantel extrem mobil und benötigt nur wenig Platz. Sie ist damit individuell und ohne Fitnessclub einsetzbar. Insbesondere in den USA wird für das Kugelhanteltraining außerdem mit dem Versprechen eines schnellen Fettverlustes geworben. Grundsätzlich sind die genannten Punkte bis auf einige spezifische Kugelhantelübungen jedoch auch mit „klassischem“ Gewichtstraining erreichbar.
Typische Übungen mit der Kugelhantel sind das Schwingen (englisch swing) der Hantel zwischen den Beinen, sowohl ein- als auch beidarmig, das Reißen (englisch snatch), das Umsetzen (englisch clean), das Stoßen (englisch jerk) und das Aufstehen vom Boden mit überkopf balancierter Kugelhantel (Turkish Get-Up).
Unterschiede der Kugelhanteln
Kugelhanteln unterscheiden sich nicht nur durch unterschiedliches Gewicht (typischerweise 4, 8, 12, 16, 24 oder 32 Kilogramm), sondern unter anderem auch durch Beschaffenheit der Oberfläche, Abstand des Griffes zur Kugel und Umfang des Griffes. Über rein ästhetische Gesichtspunkte hinaus spielen diese Unterschiede auch für das Training eine Rolle, beispielsweise trainiert ein dicker Griff intensiver die Griffkraft. Je nach Verfassung (körperliche Stärke), Erfahrung und Einsatz der Kugelhantel können unterschiedliche Kugelhanteln nötig sein.
Die wichtigsten Unterschiede bei Kugelhanteln sind:
- Ihre Art: Es gibt klassische Kugelhanteln wie folgend beschrieben und Competition Kettlebells. Competition Kettlebells haben eine genormte Färbung (siehe unten). Dazu sind alle Competition Kettlebells unabhängig vom Gewicht gleich groß gegossen. Durch diese Faktoren wird die Einheitlichkeit in den Wettkämpfen sichergestellt.
- Gewicht der Kugelhantel (typischerweise zwischen 4 und 32 Kilogramm)
- Beschaffenheit des Griffes (Abstand zur Kugel, Umfang des Griffes, raue oder glatte Oberfläche)
- Material der Kugel (günstigere Gusseisen-Kugel oder stabilere Stahl-Kugel; zudem gibt es kunststoffummantelte Beton-Kugeln)
- Fixes Gewicht oder variables Gewicht
- Ohne oder mit Vinyl- oder Neopren-Überzug (zum Schutz vor Kratzern und Dellen auf dem Trainingsboden)
Die genormten Färbungen der verschiedenen Gewichte sind wie folgt:
Gewicht | Farbe |
---|---|
4 kg | schwarz |
8 kg | pink |
12 kg | blau |
16 kg | gelb |
20 kg | lila |
24 kg | grün |
28 kg | orange |
32 kg | rot |
36 kg | dunkelgrau |
40 kg | weiß |
44 kg | silber |
48 kg | gold |
Weblinks
- Die Geschichte der Kugelhantel – Bebilderte Geschichte der Kugelhantel
- European Girevoy Sport Association
- International Union of Kettlebell Lifting
- Geschichte der Kugelhantel – Ausführliche Geschichte der Kugelhantel
- Kriterien zur Wahl der richtigen Kugelhantel – Kriterien zur Auswahl der geeigneten Kugelhantel
- Auflistung der farblichen Lackierungen von Competition Kettlebells
- Informationen zur Competition Kettlebell sowie Herkunft und Geschichte