Kuafu verfolgt die Sonne

Kuafu verfolgt die Sonne (chinesisch 夸父逐日, Pinyin Kuāfù zhú rì) ist die chinesische Version des Ikarus-Mythos, bei der ein Riese der Sonne nachjagt, sie am Ende einholt und an Dehydrierung stirbt.[1] Die Sage taucht erstmals in dem Kapitel „Die Fragen von König Tang“ (汤问) des wohl im 3. Jahrhundert n. Chr. entstandenen daoistischen Klassikers Liezi auf.[2] Bekannter ist die Version aus dem „Klassiker der Regionen jenseits der Meere: Norden“ (海外北经), einem Kapitel des Shanhaijing in der Fassung von Guo Pu (郭璞, 276–324).[3]

Kuafu verfolgt die Sonne

Sage

Die Kuafu-Sage w​urde im Laufe d​er Jahrhunderte i​mmer weiter ausgeschmückt. In d​er Urversion d​es Liezi besagt sie, d​ass ein Held namens Kuafu s​eine Kräfte überschätzte u​nd sich e​inen Wettlauf m​it der Sonne liefern wollte. Er verfolgte d​ie Sonne v​on Osten n​ach Westen. In e​inem abgelegenen Tal h​atte er s​ie eingeholt, a​ber von d​er Sonnenhitze w​urde er s​o durstig, d​ass er zuerst d​en Gelben Fluss, d​ann dessen Nebenfluss Wei He leertrank. Dies reichte nicht, u​m seinen Durst z​u stillen. Daraufhin e​ilte er n​ach Norden, u​m das Wasser e​ines dort befindlichen großen Sees z​u trinken. Bevor Kuafu d​en See jedoch erreichen konnte, w​ar er verdurstet.[4]

Im Shanhaijing wurde Kuafu zum Enkel der Erdmutter Houtu (后土), und er wurde, bevor der den großen See erreichen konnte, von dem Drachen Yinglong (应龙), einem Regengott, getötet, der nach Süden weiterzog, was der Grund ist, warum es heute in Südchina mehr regnet als im Norden. Die späteren Interpretationen der Sage – so vermutete zum Beispiel Mao Dun, dass „Kuafu“ nicht der Name eines Helden, sondern der eines ganzen Stammes sein könnte – beziehen sich alle auf diese Version.[5] Die offizielle Interpretation der Sage lautet mittlerweile, dass es sich um eine Parabel auf den Kampf des chinesischen Volkes gegen die immer wiederkehrenden Dürrekatastrophen handelt.[1]

Sonstiges

Die geplante, aber nie realisierte Raumfahrtmission KuaFu verschiedener Universitäten und der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie aus dem Jahr 2012 zur Erforschung der Sonne und ihrer Wechselwirkung mit der Erde wurde nach dem Helden benannt.[6] Das chinesische Projekt zum Bau eines orbitalen Sonnenkraftwerks heißt – nun in der Interpretation „wir wagen es, das Feuer vom Himmel zu holen“ – seit 2018 „Zhuri“ bzw. „Sonnenverfolgung“.[7][8]

Einzelnachweise

  1. Zhong Xi: Kuafu verfolgt die Sonne. In: german.cri.cn. 8. Dezember 2011, abgerufen am 27. Dezember 2020.
  2. Wolfgang Kubin (Hrsg.): Lie Zi. Von der Kunst, auf dem Wind zu reiten. (PDF; 680 kB) In: schweitzer-online.de. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
  3. Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte der chinesischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Scherz Verlag, Bern 1990, S. 72 und 77.
  4. 罗竹风 (主编): 汉语大词典. 第二卷. 汉语大词典出版社, 上海 1994(第二次印刷), S. 1493.
  5. 夸父逐日真相破解!他追的真是太阳吗?专家:可能是一次上古灾难. In: 163.com. 17. Dezember 2019, abgerufen am 27. Dezember 2020 (chinesisch).
  6. Rainer Schwenn et al.: KuaFu Mission: The scientific payload of KuaFu-A. (PDF; 4,1 kB) In: cosis.net. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  7. 段宝岩: “逐日工程”落地西安. In: snkjb.com. 24. Dezember 2018, abgerufen am 27. Dezember 2020 (chinesisch).
  8. 驱动观天之眼 敢采九天之火. In: news.sciencenet.cn. 13. März 2019, abgerufen am 29. Dezember 2020 (chinesisch).
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