Kreishaus Bochum
Das Kreishaus Bochum war das von 1893 bis 1894 in der damaligen Bismarckstraße (heute Ostring) in Bochum errichtete Landratsamt des Landkreises Bochum.[1] Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Geschichte
Der 1816 gebildete Kreis Bochum hatte bis zum Jahr 1892 bereits zwei wesentliche Flächenreduzierungen erfahren, die sich merklich in der Zahl seiner Bewohner auswirkte. So schied zunächst zum 1. Oktober 1876 der Stadtkreis Bochum aus dem Kreisverband aus. Es folgte zum 1. Juli 1885 die Herauslösung des nordwestlichen Teils, aus dem der neue Landkreis Gelsenkirchen gebildet wurde und die Südhälfte des Landkreises Bochum, die nun den Kreis Hattingen bildete. Mit diesen Auskreisungen war die Fläche des Landkreises Bochum auf etwa ein Viertel seiner ursprünglichen Fläche reduziert.[2]:17 u. 43 f.
Trotzdem bedurfte der Landkreis auf Grund der stark steigenden Einwohnerzahl ein neues Kreisverwaltungsgebäude, da der bislang genutzte Bau auf der Brückstraße nach Größe und Raumausstattung nicht mehr den Anforderungen entsprach.[1]:52 Zum Erhalt von qualitativ hochwertigen Entwürfen wurde im Juni 1892 unter den Mitgliedern des Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin ein Wettbewerb zu einem neuen Kreishaus in Bochum ausgeschrieben.[3] 12 Entwürfe wurden dem Beurteilungsausschuss des Vereins zur Bewertung vorgelegt. Die Preise wurden an den Architekten W. Moessinger aus Frankfurt am Main (1. Preis, 750 Mark), Regierungsbaumeister Emil Hoffmann aus Berlin (2. Preis, 450 Mark) und Regierungsbaumeister Ernst Möller, ebenfalls aus Berlin (3. Preis, 300 Mark), vergeben. Die Ausarbeitungen der Regierungsbaumeister Heinrich Plange aus Elberfeld[4] und Lothar Schoenfelder aus Berlin wurden zum Ankauf empfohlen.[1]:52 Nach Einarbeitung kleinerer Modifikationen wurde der Entwurf Schoenfelders am 14. Dezember 1892 vom Kreistag unter Landrat Carl Spude genehmigt; er selbst erhielt den Auftrag zur Bauausführung. Zum 1. Juni 1894 konnte das neue Kreishaus bezogen werden.[1]:54 Nachdem der Landkreis Bochum sich durch die Herauslösung der Stadt Witten (1899) und der Stadt Herne (1906) bereits weiter verkleinert hatte, führten Eingemeindungen seitens des Stadtkreises Bochum (1904) und schließlich die kommunalen Neuordnungen der Jahre 1926 und 1929 zu seiner Auflösung.[2]:148
Nach der Auflösung des Kreises Bochum im Jahr 1929 fungierte dessen Kreishaus als Stadtbibliothek. Während des Zweiten Weltkriegs zerstört, wurde an gleicher Stelle die Berufsfachschule I. und II. errichtet, die heute als Technisches Berufskolleg I. und II. firmieren. Von 1994 bis 2008 nutzte die ehemalige Schulaula die Comödie Bochum für ihre Aufführungen.
Architektur
Nach der Anzahl seiner Räume zählte das Kreishaus Bochum zu den größten, die in den 1880er und frühen 1890er Jahren in Preußen errichtet wurden.[1]:52 Der in den Formen der Deutschen Renaissance ausgeführte, vollunterkellerte Neubau bestand aus einem zweigeschossigen Flügel an der Bismarckstraße und einem dreigeschossigen an der Scharnhorststraße. Der dreigeschossige Trakt – von äußerlich schlichterer Architektur – nahm die Diensträume auf. Die drei in der Raumaufteilung nur gering variierenden Geschosse verfügten über Höhen von 4, 3,45 und 3,10 Meter. In dem 3 Meter hohen Kellergeschoss war neben der Heizungsanlage auch die Wohnung des Kreisboten untergebracht. Der Übergang zu dem zweigeschossigen Wohnflügel (mit darüber liegendem ausgebautem Dachgeschoss) war durch einen turmartigen Eckbau hergestellt, der insbesondere den über zwei Geschosse führenden Kreistagssitzungssaal aufnahm. Nach oben abgeschlossen wurde er mit einem Dachreiter.[1]:53
Im Gegensatz zu der andernorts beliebten Trennung der landrätlichen Dienst- und Wohnräume auf einer Ebene, kam hier die augenscheinlich in Westdeutschland bevorzugte Gliederung in der Senkrechten zum Tragen. Dies ermöglichte die vorteilhafte geschossweise Aufteilung der Wohn- und Empfangsräume zum einen und der Kinder-, Schlaf- und Dienstmädchenzimmer zum anderen.[1]:52 f. Lediglich im Erdgeschoss gab es Verbindungen zwischen den Flügeln, da dort sowohl der Sitzungssaal, als auch das Arbeitszimmer des Landrats lagen. Daher konnte der Wohnflügel abweichende Geschosshöhen erhalten, die im Erdgeschoss 4,65 und im Obergeschoss 4,30 Meter betrugen. Die Wohnung bestand – neben dem Bad – aus sechs Zimmern im Obergeschoss. Im Erdgeschoss befanden sich unter anderem das Esszimmer, ein Empfangszimmer und das Wohnzimmer. In Verbindung mit dem Sitzungssaal bot das Erdgeschoss des Wohnflügels bei Veranstaltungen Raum für 70 bis 150 Personen. Die Dienstmädchenzimmer und der Trockenraum befanden sich im Dachgeschoss, weitere Dienstbotenarbeitsräume im Keller dieses Flügels. Trotz der etwas reicheren architektonischen Ausgestaltung des Wohnflügels konnte das Kreishaus für die auch seinerzeit insgesamt geringe Summe von 143.000 Mark errichtet werden, was pro m³ umbauten Raum 16,50 Mark entsprach.[1]:54
Weblinks
Literatur
- Jürgen Mittag, Ingrid Wölk (Hrsg.): Bochum und das Ruhrgebiet. Großstadtbildung im 20. Jahrhundert. Eine Veröffentlichung des Instituts für soziale Bewegungen und des Stadtarchivs Bochum. Klartext Verlag, Essen 2005, ISBN 3-89861-459-X.
- Lothar Schoenfelder: Das neue Kreishaus in Bochum in Westfalen. In: Centralblatt der Bauverwaltung, 15. Jahrgang 1895, Nr. 5 (vom 2. Februar 1895), S. 52–54.
Einzelnachweise
- Lothar Schoenfelder: Das neue Kreishaus in Bochum in Westfalen.
- Jürgen Mittag, Ingrid Wölk (Hrsg.): Bochum und das Ruhrgebiet.
- Centralblatt der Bauverwaltung, 12. Jahrgang 1892, Nr. 25 (vom 18. Juni 1892), S. 267.
- Centralblatt der Bauverwaltung, 12. Jahrgang 1892, Nr. 33 (vom 6. August 1892), S. 339.