Krankenversicherung in der Schweiz
In der Schweiz ist die Kranken- und Unfallversicherung seit 1996 verpflichtend für jeden.[1] Es gibt definierte Leistungen, die in dieser sogenannten Grundversicherung abgedeckt sind. Versicherungen, welche die Grundversicherung anbieten, müssen jede sich in der Schweiz aufhaltende Person versichern, es besteht Kontrahierungszwang. Früher bestand auch ein Kontrahierungszwang gegenüber den Leistungserbringern. Geregelt ist das im Krankenversicherungsgesetz (KVG). Zusätzliche private Versicherungen sind ebenfalls möglich. Solche Vertragsverhältnisse unterstehen dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG).
Die Krankenversicherung übernimmt Abklärungen, Behandlungen und Arzneimittelkosten im Falle von Krankheit, Unfall, Entbindungen und Abtreibungen. Dagegen ist sie nur in speziellen Ausnahmefällen für zahnärztliche Behandlungen zuständig. Im Allgemeinen bezahlen Versicherte die in Anspruch genommenen Leistungen zunächst selber und wenden sich dann an die Krankenkasse zur Erstattung. Spitäler vereinbaren oft eine direkte Abwicklung mit der Krankenkasse.
Versicherte Personen
Alle Personen, die sich in der Schweiz aufhalten, müssen eine Krankenversicherung haben. In speziellen Fällen wird eine ausländische Versicherung akzeptiert, was voraussetzt, dass sie einen im Vergleich zum KVG-System „gleichwertigen Versicherungsschutz“ (Art. 2 Abs. 4 KVV) beinhaltet und keine, oder nur geringe, Einschränkungen bei der Versicherungsdeckung aufweist;[2] alle anderen Personen sind in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Grundversicherung) versicherungspflichtig.
Eine Mitversicherung von Familienangehörigen besteht nicht, jede Person muss einzeln versichert werden. Die Krankenversicherungen bieten je nach Alter und Situation der Versicherten verschiedene Leistungsmodelle an.[3] Versicherungsnehmer können unter den über 90 (Stand 2016) zugelassenen Krankenkassen frei wählen, insofern die gewünschte Versicherung in ihrem Kanton aktiv ist. In der Grundversicherung kann die Kasse jedes Jahr auf den 31. Dezember gewechselt werden. Die Kündigung muss bis am 30. November erfolgt sein. In der freiwilligen Zusatzversicherung richtet sich die Kündigungsfrist nach den vertraglichen Bestimmungen. Für Personen mit einer ordentlichen Franchise besteht zusätzlich die Möglichkeit die Grundversicherung auf den 30. Juni zu wechseln. Bei abhängig Beschäftigten trägt der Arbeitgeber im Gegensatz zu Deutschland nicht zur Krankenversicherung bei. Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen erhalten von ihrem Wohnortskanton eine Prämienverbilligung. Die Verfahren, welche die Bezugsberechtigung und Berechnung der Prämienverbilligung regeln, variieren von Kanton zu Kanton.
Ab Juni 2019 nimmt die Krankenversicherung CSS schweizweit sämtliche asylsuchenden und ausreisepflichtigen Personen, die sich in den Bundesasylzentren (BAZ) aufhalten, in die obligatorische Krankenpflegeversicherung auf.[4]
Beitragshöhe
Die Prämien der Grundversicherung können von der Krankenkasse unter Beachtung mehrerer gesetzlicher Restriktionen frei festgelegt werden. Im Grundsatz gilt eine einkommensunabhängige Einheitsprämie (Kopfprämie) innerhalb der vom Bundesamt für Gesundheit definierten Prämienregionen und Altersgruppen. Kleine Kantone bestehen aus einer Prämienregion, grosse Kantone weisen bis zu drei Prämienregionen auf. Zurzeit existieren 43 Prämienregionen. Die Altersgruppen unterteilen sich in Kinder (bis 18 Jahre), junge Erwachsene (19. bis vollendetes 25. Lebensjahr) und Erwachsene (ab dem 25. Lebensjahr). Die Prämien müssen vom zuständigen Bundesamt für Gesundheit genehmigt werden. Es werden verschiedene Versicherungsmodelle angeboten, mit denen der Versicherte seine Beiträge reduzieren kann, zum Beispiel HMO, Hausarzt- und Bonusmodelle.
Selbstbeteiligung
Für alle Krankenversicherten in der Schweiz gilt in der Grundversicherung eine Selbstbeteiligung, die sich zusammensetzt aus einer Franchise sowie einem Selbstbehalt:
- Die Franchise ist ein jährlicher Festbetrag, unterhalb dessen sämtliche Kosten vom Versicherten selbst zu tragen sind. Dabei ist für Erwachsene ab 18 Jahren die Untergrenze durch die ordentliche Franchise in Höhe von 300 Franken im Jahr gesetzlich festgelegt, für Kinder und Jugendliche ist keine Franchise erforderlich. In jedem Fall kann der Versicherungsnehmer eine höhere Franchise wählen, wodurch sich der monatlich zu zahlende Versicherungsbeitrag entsprechend reduziert. Die möglichen höheren Franchisewerte sind gesetzlich festgelegt auf 500, 1000, 1500, 2000 und 2500 CHF für Erwachsene bzw. 100, 200, 300, 400, 500 und 600 CHF für Kinder und Jugendliche.[5]
- Der Selbstbehalt ist eine anteilige Beteiligung an den nach Abzug der Franchise verursachten Kosten in Höhe von 10 Prozent des Rechnungsbetrages, jedoch bis zu einem Maximum von 700 Franken pro Jahr (Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre: 350 Franken). Seit 2006 gilt für pharmazeutische Originalpräparate, für die auch Generika verfügbar wären, ein erhöhter Selbstbehalt von 20 Prozent.
Erwachsene | Kinder und Jugendliche | |||
---|---|---|---|---|
Gewählte Franchise, jeweils minimaler/maximaler Wert [CHF] | 300 | 2500 | 0 | 600 |
Selbstbehalt 10 %, aber maximal [CHF] | 700 | 350 | ||
somit Selbstbeteiligung maximal [CHF] | 1000 | 3200 | 350 | 950 |
maximale Selbstbeteiligung wird erreicht bei Krankheitskosten ab [CHF] | 7300 | 9500 | 3850 | 4100 |
Bei stationärer Behandlung haben zudem Alleinstehende, die nicht zusammen mit einer oder mehreren Personen, zu denen sie in einer familienrechtlichen Beziehung stehen, in einem Haushalt leben, zeitlich unlimitiert einen täglichen Kostenbeitrag in Höhe von 15 Franken zu leisten.
Von jeglicher Selbstbeteiligung ausgenommen sind die Leistungen bei Mutterschaft ab der 13. Schwangerschaftswoche bis acht Wochen nach der Geburt sowie speziell bezeichnete präventive Massnahmen.
Literatur
- Daniel Biedermann (Hrsg.): Krankenversicherung und Gesundheitswesen – wie weiter? Huber, Bern 1999, ISBN 3-456-83203-6.
- Verena Nold: Krankenversicherer. In: Willy Oggier (Hrsg.): Gesundheitswesen Schweiz 2015–2017 – Eine aktuelle Übersicht. 5. Auflage. Hogrefe Verlag, Bern 2015, ISBN 978-3-456-85441-0 (E-Book ISBN 978-3-456-95441-7 (PDF)) S. 205–216.
- Peter Indra, Reto Januth, Stephan Cueni: Krankenversicherung. In: Willy Oggier (Hrsg.): Gesundheitswesen Schweiz 2015–2017 – Eine aktuelle Übersicht. 5. Auflage. Hogrefe Verlag, Bern 2015, ISBN 978-3-456-85441-0 (E-Book ISBN 978-3-456-95441-7 (PDF)) S. 217–241.
Weblinks
- Krankenversicherungsgesetz (KVG) in der Schweiz – Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994. Inkrafttreten: 1. Januar 1996. Fundstelle: AS 1995 1328. Chronologie, Änderungen / Aufhebungen, Zitate
- Krankheit und Krankenkassen in Geschichte der Sozialen Sicherheit in der Schweiz
Einzelnachweise
- Bernard Degen: Krankenversicherung. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 20. Oktober 2008, abgerufen am 12. Juni 2019.
- Handbuch betreffend die Versicherungspflicht. Amt für Gesundheitsversorgung, Kanton St. Gallen, 26. Februar 2014, abgerufen am 28. September 2020.
- Modelle schweizerischer Krankenkassen. Abgerufen am 29. Juli 2020.
- Krankenpflegeversicherer für Asylsuchende in Bundesasylzentren bestimmt. In: sem.admin.ch. Staatssekretariat für Migration (SEM), 20. Mai 2019, abgerufen am 25. September 2020.
- Versicherungsprämie, Selbstbehalt und Franchise