Koza-İpek-Holding
Die Holding Koza-İpek war eine 1948 gegründete und heute regierungskritische, der Gülen-Bewegung nahestehende türkische Unternehmensgruppe. Die Holding gehörte zu den bedeutendsten Mischkonzerne der Türkei, dem neben den Minengesellschaften, Koza Gold (Turkisch: Koza Altın) und Koza Anadolu Metal, Banken, Energie- und Medienfirmen angehörten, darunter wichtige Oppositionsmedien wie die Fernsehkanäle Bugün TV und Kanaltürk, die Tageszeitungen Bugün und Millet. 2011 gründete der Vorsitzenden der Holding, Hamdi Akin Ipek, in Ankara die Altın-Koza-Universität ("Goldene Seidenraupen"-Universität), eine Anspielung auf die "Goldene Generation", die der islamische Prediger Fethullah Gülen nach eigenem Bekunden heranziehen will.[1][2]
Am 29. Februar 2016 wurde die Holding aufgelöst.
Zwangsverwaltung
Im Vorfeld der Parlamentswahl am 1. November 2015 ließ die Regierung (Kabinett Davutoğlu II) um Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu am 1. September 2015 die Holding in Ankara mit der Begründung, gegen sie werde wegen Verdacht der Unterstützung der Terrororganisation FETÖ/PDY und Propaganda ermittelt, durchsuchen. Fethullah Gülen war vom Nationalen Sicherheitsrat (MGK) als Terrorist eingestuft worden, ihm wurde vorgeworfen innerhalb der Türkei Parallelstrukturen aufgebaut zu haben und die Regierung stürzen zu wollen.[3] Sechs Personen wurden festgenommen, der Haftbefehl gegen Hamdi Akin Ipek, konnte nicht vollstreckt werden, weil dieser sich zwei Tage zuvor mit seinem Privatjet nach London abgesetzt hatte.[4][5] Hamdi Akin Ipek nannte die Anschuldigungen gegen ihn ein "Fantasieprodukt" und "klare Verleumdung".[1] Hamdi Akin Ipek, war lange Jahre mit Erdogan gut befreundet und selbst Profiteur einer früheren Enteignungskampagne kemalistischer Medien 10 Jahren zuvor. Das änderte sich erst 2012, als die AKP sich mit der Gülen-Gemeinde überwarf.[6]
Am 26. Oktober 2015 wurde die Koza-İpek-Holding unter Zwangsverwaltung gestellt. Am 27. Oktober, vier Tage vor den Parlamentswahlen, verschafften sich dann Polizisten mit Kettensägen Zugang zu der Konzernzentrale und die Redaktionen von Bugün, Millet sowie die Regieräume des zugehörigen Fernsehsenders Bugün TV und Kanaltürk und gingen mit Pfefferspray und Wasserwerfern gegen Angestellte vor, die sich ihnen entgegenstellten, wobei mehrere Journalisten verletzt wurden.[7] Der Betrieb der Fernsehsender wurde eingestellt, die Titelseiten der Zeitungen erschienen aus Protest auf schwarzem Hintergrund in weißer Schrift und der Schlagzeile „Ein schwarzer Tag“.[8] Daraufhin schrieben weltweit mehr als 50 Chefredakteure, darunter Vertreter von New York Times, Süddeutscher Zeitung und La Stampa, einen offenen Brief an Präsident Erdoğan, in dem sie an ihn appellierten, die Pressefreiheit zu garantieren.[9] Sie beklagten darin u. a. die Erstürmung von Koza-İpek Media.[10]
Weblinks
Einzelnachweise
- Der Medien-Unternehmer, der Erdoğans Zorn auf sich zieht, Süddeutsche Zeitung, 30. Oktober 2015
- İpek Üniversitesi kapatıldı! Altın Koza İpek de eğitim gören öğrencilere ne olacak? (tr), Ajans Haber. 23. Juli 2016. Archiviert vom Original am 26. Juli 2016 Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. Abgerufen am 9. September 2016.
- Polizei schaltet kritischen Fernsehsender ab, Deutschlandfunk, 28. Oktober 2015
- Turkey arrests more journalists, alleging 'terrorist' links to Erdoğan opponent, The Guardian, 2. September 2015
- Turkish police raid Koza Ipek conglomerate, Anadolu Ajansı, 2. September 2015
- Jürgen Gottschlich: Polizei stürmt Medienhaus, taz, 28. Oktober 2015
- Quellen: Türkische Polizei stürmt oppositionelle TV-Sender (Artikel auf www.spiegel.de vom 28. Oktober 2015), Court seizes control of Gülen-linked industry, media group (Artikel auf Hürriyet Daily News, abgerufen am 31. Oktober 2015)
- Today’s Zaman: Bugün, Millet newspapers come out with black front pages to protest media crackdown (Memento des Originals vom 31. Oktober 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Oktober 2015
- Chefredakteure weltweit appellieren an Erdoğan (Artikel auf www.zeit.de, abgerufen am 31. Oktober 2015)
- "...the raid and seizure of Koza Ipek Media, known for being critical of the President...", Quelle editors demand protection of press in Turkey (Artikel auf www.englishpen.org vom 30. Oktober 2015)