Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage
Die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage e.V. (KABS) ist ein Verband mit Sitz in Speyer, der 1976 gegründet wurde und dem 2013 98 Körperschaften (Städte, Gemeinden, Landkreise sowie das Land Baden-Württemberg) entlang des Oberrheins angehören und die gemeinsam die Stechmücken im Rheingebiet bekämpfen. Mit „Schnaken“ sind dabei nicht die Schnaken im zoologischen Sinn, sondern Stechmücken gemeint. Unter den 33 am Oberrhein auftretenden Stechmückenarten stellt Aedimorphus vexans über 80 Prozent der Individuen. In einem Quadratmeter Uferbereich eines Hochwassertümpels können nicht selten 50.000 Aedes-Eier nachgewiesen werden.
Die Mitarbeiter führen die biologische Stechmückenbekämpfung auf einer Strecke von ca. 300 Rhein-Kilometern zwischen Bingen und Offenburg auf einer Fläche von etwa 6.000 Quadratkilometern durch. Dabei kommen ausschließlich die vom Bacillus thuringiensis israelensis (BTI) gebildeten Bt-Proteine zum Einsatz.
Die biologische Bekämpfung geschieht entsprechend dem Überflutungsgrad, der Wegigkeit des Geländes bzw. den gesetzlichen Maßgaben zu Fuß oder mit Hubschraubern. In jedem Fall wird der biologische Wirkstoff, der keine lebenden Bakterien enthalten darf, in die Brutgewässer der Larven ausgebracht. Dort muss der Wirkstoff von den Stechmückenlarven gefressen werden. Erst im Darm der Stechmückenlarven wird der Wirkstoff aktiviert und führt zu einer Auflösung der Darmzellen und somit äußerst selektiv zum Tod der Tiere.
Verteilung
Der Wirkstoff wird mit Wasser angerührt und mit der Rückenspritze von Mitarbeitern zu Fuß verteilt oder als Eisgranulat mittels zweier Hubschrauber aus der Luft verteilt. 2007 wurden auf diese Weise 260 Tonnen Bekämpfungsmittel von den beiden Hubschraubern und 250 Helfern verstreut. Dies geschah an 84 Bekämpfungstagen, wovon 47 Tage mit Hubschrauberunterstützung erfolgten. Dabei wurden 33.000 Arbeitsstunden abgerechnet und 270.000 km zurückgelegt. Die dadurch entstehenden Kosten in Höhe von 400.000 Euro pro Jahr bescheren den Anwohnern eine Reduzierung der Stechmückenpopulation um 99 % gegenüber unbehandelten Flächen.
Entscheidend für die Wirksamkeit ist dabei der Zeitpunkt des Einsatzes. Stechmücken legen ihre Eier in Senken ab, die höher als der normale Wasserspiegel liegen. Dort können die Eier Jahre bis Jahrzehnte überdauern. Werden die Eier dann bei Hochwasser überflutet, schlüpfen die Larven. Daher ist ein Einsatz immer nach einer Hochwasserwelle unabdingbar. Der Einsatz muss dann zeitnah innerhalb von einer Woche erfolgen, weil nur die Larven durch den Wirkstoff abgetötet werden können.
Zusätzlich werden an die Bürger im KABS-Gebiet für stehende Kleinstgewässer in den Wohngebieten, insbesondere Regentonnen oder Gartenteiche ohne Fischbesatz, kostenlos CULINEX-Tabletten mit dem Wirkstoff ausgegeben. Eine einzige Regentonne kann zur Quelle von mehreren hundert Stechmücken werden.
Verband
Präsident des Verbandes ist Hartwig Rihm, wissenschaftlicher Direktor der KABS ist Dirk Reichle.
Der Verband finanziert sich durch Umlagen (Mitgliedsbeiträge der angeschlossenen 98 Gebietskörperschaften). Für eine Stadt wie Wiesbaden bedeutet das einen Beitrag von 45.000 Euro im Jahr.
Internationale Aktivitäten
Die KABS stellt ihre Fachkunde auch international zur Verfügung. Unter ihrem englischen Namen German Mosquito Control Association ist sie Mitglied in der European Mosquito Control Association und unterstützt über die UNO-Unterorganisation WHO weltweit Programme zur Stechmückenbekämpfung.[1]
Aktuelle Entwicklung
Da der Hochwasserschutz eine immer bedeutendere Rolle erlangt, kommt es in naher Zukunft zur vermehrten Ausweisung von Poldern. Diese geplanten Überschwemmungsgebiete sind zusätzliche Brutgebiete der Stechmücken und erfordern einen zusätzlichen Aufwand, dem man wahrscheinlich nur mit der Zuhilfenahme eines dritten Hubschraubers bewältigen kann.
Grundsätzliche Kritik
Die flächendeckende Bekämpfung von Stechmücken wird aus ökologischer Sicht kontrovers diskutiert.[2] Das Tour du Valat Research Center in Arles kam 2012 zu dem Ergebnis, dass BTI negative Auswirkungen auf Ökosysteme haben und insbesondere die Nahrungsgrundlage von Vögeln negativ beeinflussen könnte.[3]
Auch eine Forschergruppe der Universität Koblenz-Landau postulierte bei ihrem Projekt Geinsheim negative Auswirkung des BTI-Einsatzes auf die Ökologie, räumt allerdings die mangelnde statistische Signifikanz ihrer Projektergebnisse ein.[4] Weitere ökologische Bedenken sind im Artikel Stechmücken aufgeführt.
Einzelnachweise
- WHO publications: Guideline Specifications for Bacterial Larvicides for Public Health Use, S. 32
- Diskussion um BTI im Mannheimer Morgen
- BTI Mosquito Control in the Camargue: accentuation of observed impacts on biodiversity in 2012
- Gift am Rhein (Deutschlandfunk)
Literatur
- Norbert Becker, Paul Glaser, Hermann Magin: Biologische Stechmückenbekämpfung am Oberrhein, (Festschrift) 20 Jahre Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage, 1996, ISBN 3-00-000584-6
- Norbert Becker: Biological control of mosquitoes: management of the Upper Rhine mosquito population as a model programme in Jørgen Eilenberg, Heikki M. T. Hokkanen (Hrsg.): An ecological and societal approach to biological control, Springer, 2006, S. 227–245, ISBN 978-1-4020-4320-8 (Print) ISBN 978-1-4020-4401-4 (Online)
- Untersuchungen zur Schnakenbekämpfung mit Bti auf das Nahrungsnetz: Studie Geinsheim