Klingsor
Klingsor (auch: Klingsohr, Klinschor, Klingesor oder Klinsor) ist eine Zauberergestalt der mittelhochdeutschen Literatur.
Gestalt
In der deutschen Mythologie spielt Klingsor eine ähnliche Rolle wie der Merlin des anglo-irischen Mythos, wenn er auch nicht dessen Prominenz erreicht hat.
Klinschor (Herzog Terra di Lavoro), Schlossherr von Schastelmarveile (verballhorntes Altfranzösisch für „Schloss der Wunder“), findet sich in Wolfram von Eschenbachs mittelalterlichem Versroman Parzival aus dem 13. Jahrhundert[1][2]. Ebenfalls im 13. Jahrhundert tritt Klinsor von Ungerlant in der Manessischen Liederhandschrift auf, wo er im Sängerkrieg auf der Wartburg Wolframs Gegenspieler (und zugleich der fiktive Autor des Werkes) ist.[3]
Wirkungsgeschichte
Ab der Romantik wird die Figur häufiger aufgegriffen. Während er aber bei Wolfram das Böse an sich verkörpert, nimmt die Figur dann die Züge des goetheschen Mephistopheles oder gar faustischen, zwiespältigen Charakter an:
- der Dichter und Lehrmeister Klingsohr in Novalis' Roman Heinrich von Ofterdingen, 1802 (Hier ist er ein väterlicher Dichter-Mentor des jungen Heinrich)
- der Zauberer Klingsor aus Richard Wagners Oper Parsifal, 1882
- der Maler Klingsor aus Hermann Hesses Erzählung Klingsors letzter Sommer von 1920, der als Nebenfigur später mehrfach in Die Morgenlandfahrt von 1932 auftaucht
- die Figur aus Friedrich Schnacks Märchen Klingsor, 1922
- der Buchhandelsgehilfe (und Mädchenhändler) Klingsor in Alexander Lernet-Holenias Roman Der Graf von Saint-Germain, 1948, in welcher Rolle er vermutlich auch gleichzeitig der titelgebende Graf von Saint Germain ist, der – ähnlich wie A. Dumas' Figur Alessandro Cagliostro – vermöge eines geheimnisvollen Verhängnisses über die Jahrhunderte hinweg lebt.
- der Lehrer Klingsor aus Otfried Preußlers Erzählung Herr Klingsor konnte ein bißchen zaubern, 1987
- der Deckname des wissenschaftlichen Beraters in Jorge Volpis Roman Das Klingsor-Paradox, 2003.
Literatur
- Norbert Richard Wolf: Die Gestalt Klingsors in der deutschen Literatur des Mittelalters. In: Südostdeutsche Semesterblätter. Band 19, 1967, S. 1–19.
Weblinks
Einzelnachweise
- Wolfram von Eschenbach: Parzival und Titurel. XIII. Klinschor im Projekt Gutenberg-DE
- Wolfram von Eschenbach: Parzival und Titurel. §. 21. Klinschor im Projekt Gutenberg-DE
- vergl. Cod. Pal. germ. 848 Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) Zürich, 1305 bis 1340 Seite: 219v, Webfaksimile, Heidelberger historische Bestände – digital, Universitätsbibliothek Heidelberg