Klingelbeutel
Klingelbeutel sind kleine, entweder an Handgriffen oder an langen Stäben befestigte, unten mit einem Glöckchen versehene Beutel, die beim Gottesdienst zur Aufnahme von Geldopfern (Kollekte) meist von einem Kirchenvorsteher, Mesner oder Ministranten herumgereicht werden.
Geschichte
Die Kollekte war schon immer eine von mehreren Einnahmequellen der Kirchen. So listet das Wittenbergsche Wochenblatt vom 22. Dezember 1775 neben dem „Erbzins; Zins von ausgeliehenen Kapitalien; Verehrung; Auflage bey Kindstaufen und Hochzeiten; Strafgelder und Insgemein“ auch den „Klingelbeutel“ auf.
Die Verwendung von Klingelbeuteln stand immer wieder in der Kritik. So beschloss 1873 der Prager Stadtrat,
- „…daß dem unschicklichen Absammeln in der Kirche ein Riegel vorgeschoben werde. Er [der Stadtrat] erklärt nämlich, daß es eine Störung der Andacht sein, wenn man den Betenden in der Kirche unter der Nase mit dem Klingelbeutel herumfuchtelt, und hat diese Profanation des Gotteshauses in allen Kirchen abgestellt.“[1]
Vor der Einführung der Kirchensteuer (in Deutschland mit der Weimarer Republik) war das Personal der Kirchen, insbesondere der Küster, auf die Kollekte angewiesen. In zahllosen Berichten ist vom Betrug an der Kirche die Rede, wenn Gläubige statt Geldmünzen Knöpfe in den Klingelbeutel warfen:
- „Als der Küster wieder mit dem Beutel ging, hielt der Bauer Martin die Faust über denselben und ließ etwas aus derselben herabfallen, was nicht nach Geld klang. Richtig fand der Küster wieder einen Knopf.“[2]
Ausführungen
Manche Kirchen haben statt des Klingelbeutels oder zusätzlich zu ihm Sammeldosen am Ausgang; einige pflegen die Tradition des Altarumgangs, bei der die Gemeinde das Opfer in eine Schale hinter dem Altar legt. Im engen Sinne sind aber Schalen, Sammeldosen, Kollektenteller, Kollektenkörbe, Opferschüsseln und Bedel keine Klingelbeutel, sie erfüllen lediglich denselben Zweck. Sie sind folglich nur Sonderformen des Klingelbeutels in ihrer Funktion.
Ein Bedel (auch u. a.: Almosenbrett, Armenbrett, Bettelbrett, Sammelbrett, Almosenschaufel) ist ein kunstvoll angefertigtes Holzgefäß mit einem offenen Kästchen am Ende zum Sammeln der Spenden von der stehenden oder sitzenden Kirchengemeinde. Zur Verzierung der Bedel wurden in der späten Gotik auch Arbeiten der Goldschmiedekunst eingearbeitet. Das Verbreitungsgebiet der Bedel ist vor allem der Ostseeraum.
Digitaler Klingelbeutel
Im Sommer 2018 meldete die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz[3] den Digitalen Klingelbeutel zum Patent an.[4] Dieser besitzt ein Display und ermöglicht neben dem traditionellen Bargeldeinwurf in den Stoffbeutel auch eine Kartenzahlung ohne eine PIN-Eingabe.[4] Seit April 2020 ist in Berliner Gemeinden das Geben der Kollekte per Smartphone-App möglich.[5] Die Einführung der sogenannten Digitalen Kollekte wurde von einer Änderung des Kirchenrechts begleitet.[6]
Literatur
- Hans Schemann: Deutsche Idiomatik: Wörterbuch der deutschen Redewendungen im Kontext. Walter de Gruyter 2011, ISBN 3-11-021789-9, S. 416.
- Hans Wentzel, Bedel, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. II (1938), Sp. 167–172; in: RDK Labor, online
Weblinks
Einzelnachweise
- Kikeriki vom 13. November 1873
- Salzburger Chronik vom 29. Mai 1888
- www.ekbo.de | Detail. Abgerufen am 31. Oktober 2018 (deutsch).
- Pressebericht Nordbayern.de
- Digitale Kollektenmöglichkeit für Kirchengemeinden in Stadtmitte. In: Webauftritt des ev. Kirchenkreises Berlin Stadtmitte. KKBS, 17. April 2020, abgerufen am 9. Dezember 2020.
- Kirchliche Kollektenverordnung (KKoV) vom 12. April 2019, KABl. EKBO 2019, 99 und 129.