Klassenarbeit
Eine Klassenarbeit ist ein schriftlicher Leistungsnachweis, den Schüler unter Aufsicht mit Zeitvorgabe erbringen müssen. Der Begriff Klassenarbeit wird im deutschsprachigen Raum nicht einheitlich verwendet; so wird sie in Bayern als Schulaufgabe, in Österreich und Südtirol (Italien) als Schularbeit bezeichnet. In manchen Fällen wird unter Klassenarbeit auch eine besondere Form der Gruppenarbeit verstanden. Unterschiedliche Interpretationen gibt es auch zwischen den verschiedenen Schularten. So werden in der Grundschule bspw. erst ab der dritten Klasse Klassenarbeiten gefordert. Klassenarbeiten sind Leistungskontrollen, die der Leistungsbewertung unterliegen und über die Notengebung zu einer Differenzierung führen. Eine anspruchsvolle Klassenarbeit sollte nicht nur darauf ausgerichtet sein, reines Faktenwissen abzuprüfen, sondern es sollte auch verlangt werden, dass bestimmte Tatbestände anwendungs- und problemorientiert zu verarbeiten sind. Das Hauptziel solcher Aufgabenstellungen besteht darin, außer den Kenntnissen und Fertigkeiten auch das Problemlösungsverhalten der Schüler zu überprüfen und zu beurteilen. In Klassenarbeiten werden größere Lerneinheiten abgefragt, die den Stoff der vergangenen Schulstunden beinhalten. Die entstehenden Noten sind meistens gewichtiger als andere Noten (zum Beispiel von Lernzielkontrollen oder mündlichen Noten).
Situation in Deutschland
In Deutschland wird in der Sekundarstufe I eine Klassenarbeit (bzw. in Bayern eine Schulaufgabe) als eine Arbeit bezeichnet, die in jüngeren Jahrgängen zumeist eine Schulstunde, in höheren Jahrgängen sowie in einigen Fächern wie Deutsch, in denen die Bearbeitung der Aufgaben mehr Zeit in Anspruch nimmt, aber auch 2 Stunden (also 45 bzw. 90 Minuten) dauert. Die Termine für die Klassenarbeiten werden vom jeweiligen Fachlehrer oft schon zu Beginn des Halbjahres festgelegt. Sie müssen aber innerhalb einer bestimmten Frist (z. B. in Rheinland-Pfalz: eine Woche im Voraus, in Niedersachsen in der Regel einige Tage vor der Anfertigung[1]) den Schülern bekanntgegeben werden. Klassenarbeiten werden in der Sekundarstufe I in den Hauptfächern zwei bis drei Mal pro Halbjahr geschrieben, aus denen sich in schriftlichen Fächern die Gesamtnote unter Berücksichtigung der sonstigen Mitarbeit und der kleineren Arbeiten ergibt. In der gymnasialen Oberstufe heißen die Klassenarbeiten Klausuren. Es können im Hinblick auf den Umfang der Klassenarbeit unterschieden werden:
- Die großen Klassenarbeiten stellen stets schriftliche Leistungsüberprüfungen dar. Im Gegensatz zu Tests ist die Anzahl pro Schuljahr (bzw. ob es in einem Gegenstand überhaupt Schularbeiten gibt) und meistens auch die Dauer (in der Regel mindestens 1 Schulstunde bzw. 45 Minuten, bis zu 4 Schulstunden) der Schularbeiten/-aufgaben im Lehrplan vorgeschrieben. In Deutschland gelten wie auch in Österreich als klassische Schularbeits(aufgaben)fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen, wobei mittlerweile in fast allen Fächern Klassenarbeiten geschrieben werden. Ausgenommen hiervon sind die Fächer Sport sowie Kunst, in denen häufig praktische Leistungsnachweise gefordert werden.
- Die kleineren Leistungsnachweise, die keine ganze Schulstunde in Anspruch nehmen oder unangekündigt durchgeführt und ebenfalls regional unterschiedlich benannt werden. Kleinere Arbeiten enthalten oft nur wenige Aufgaben, die den Schulstoff der unmittelbar vorangegangenen Lektion abfragen oder spontan im Ermessen des Lehrers durchgeführt werden. Sie werden in Ostdeutschland einheitlich Leistungskontrolle (LK) genannt. Westliche Bundesländer Deutschlands benennen kleine Arbeiten als Lernzielkontrolle oder Hausaufgabenüberprüfung (HÜ). In der Umgangssprache wird hier auch von Test gesprochen.
In Bayern heißen kleine, angekündigte Arbeiten „Kurzarbeit“. An bayerischen Gymnasien können Schulaufgaben unter bestimmten Umständen durch je zwei Kurzarbeiten ersetzt werden. Die Arbeitszeit einer Kurzarbeit beträgt die Hälfte dessen, was für eine Schulaufgabe üblich ist. Kurzarbeiten werden in einigen Bundesländern in Deutschland auch in der Jahrgangsstufe 11 des Gymnasiums geschrieben, und zwar in den Fächern, in denen keine Schulaufgaben geschrieben werden. An den Realschulen hingegen zählen Kurzarbeiten (und nicht Klassenarbeiten) zweifach, eine abweichende Gewichtung kann jedoch von der Lehrkraft zu Beginn des Schuljahres festgelegt werden, und ist den Schülern im Voraus mitzuteilen. Unangekündigte, kleinere Wissenstests werden in Bayern (das, ugs. die) Extemporale oder Stegreifaufgabe, von Schülern umgangssprachlich auch „Ex“ genannt.
Situation in der DDR
Im einheitlichen Sprachgebrauch der DDR war eine Klassenarbeit eine große Arbeit über eine oder zwei Schulstunden, die stets ein Stoffkapitel abschloss und daher alle Facetten des Themengebietes umfassen konnte. Klassenarbeiten hatten das höchste Zensurengewicht und wurden grundsätzlich vorher angekündigt. Als Sonderform gab es die sogenannten Kontrollarbeiten, die zur Festlegung der Endjahreszensur als Klassenarbeiten zu werten waren. Der Terminus Klausur wurde in der DDR in traditioneller deutscher Sprache verwandt, so dass keine Klausur geschrieben wurde, sondern die Klassenarbeit, Prüfung etc. unter Klausur angefertigt wurde.
Mittlere Arbeiten über 30 bis 45 Minuten hießen Leistungskontrolle (LK). Abgefragt wurden größere Unterkapitel, aber niemals ein Stoffgebiet als ganzes. Im Gegensatz zur Klassenarbeit musste eine Leistungskontrolle nicht angekündigt werden (unangekündigte LK). Als Variante der Leistungskontrolle gab es auch die mündliche Leistungskontrolle, meistens nur für ein oder zwei (zufällig ausgesuchte) Schüler, grundsätzlich aber vor der ganzen Klasse abzulegen, so bspw. eine ausführliche Abfrage des Stoffs, ein kommentiertes Vorrechnen, ein improvisiertes Referat oder ein Colloquium mit dem Lehrer. Die regelmäßigen Lesekontrollen gegenüber allen Schülern einer Klasse (lautes Lesen langer, oft schwieriger Textpassagen auf Zensur, bewertet nach Wortfehlern, Betonungsfehlern, Lautungsfehlern) waren in der Regel als Leistungskontrolle eingestuft. Diktate galten ebenso als Leistungskontrolle.
Kleine Arbeiten hießen grundsätzlich Kurzkontrolle (KK) und dauerten normalerweise zwischen 15 und maximal 30 Minuten. Kurzkontrollen wurden in der Regel nicht angekündigt. Der Stoff der letzten Stunden oder allgemeine Überlegungen zu einem Thema standen im Vordergrund. In der Unterstufe der polytechnischen Oberschule nannte sich eine Sonderform der Kurzkontrolle Tägliche Übungen (TÜ). Tägliche Übungen fanden zu Beginn einer jeden Unterrichtsstunde statt und setzten sogleich in der ersten Woche nach Schulanfang ein. Es handelte sich in Mathematik z. B. um 10–20 Rechenaufgaben, oder im Schönschreiben um 5–10 Buchstabenzeilen, jeweils drei dieser streng bewerteten täglichen Übungen wurden dann zu einer Zensur zusammengefasst. Die Kurzkontrolle gab es ebenfalls als mündliche Kurzkontrolle. In der DDR durften ohne Einschränkung alle Hausaufgaben eingesammelt und benotet werden, genauso wie die Mitschriften der Schüler (Beurteilung der Form, der Ordnung, der Vollständigkeit usw.). Als Einstufung wurde oft die Kurzkontrolle, aber bei größerem Umfang auch die Leistungskontrolle gewählt. Schwammige mündliche Mitarbeitsnoten wurden nicht erteilt, denn Mitarbeit war eine der vier Kopfzensuren. Deswegen bestanden die sogenannten mündliche Jahresleistungen in einem Fach stets aus Diktaten, Tafelrechnen, Lesekontrollen, Kurzkontrollen, Leistungskontrollen, Referaten oder dergleichen, d. h. aus gut zensierbaren, punktuellen mündlichen Bewertungen.
Situation in Österreich
In Österreich versteht man darunter schriftliche Arbeiten, die sich in der gymnasialen Unterstufe bzw. in der Neuen Mittelschule im Normalfall über eine Schulstunde erstrecken und in Fächern wie Deutsch, Mathematik und Englisch stattfinden. In der Oberstufe österreichischer Gymnasien werden diese Fächer durch andere Sprachen, wie Italienisch, Latein und Französisch ergänzt. Schüler realgymnasialer Zweige schreiben in höheren Klassen normalerweise auch Schularbeiten in Fächern wie Physik und Biologie, an BHS gibt es zahlreiche weitere Schularbeitsfächer, wie z. B. Rechnungswesen und Betriebswirtschaft an Handelsakademien.
Ab der 5. Klasse (9. Schulstufe) sind auch Arbeiten, die länger als eine Schulstunde (also 50 Minuten) dauern, üblich. Die Termine für die Klassenarbeiten werden vom jeweiligen Fachlehrer oft schon zu Beginn des Halbjahres festgelegt und den Schülern in den ersten Tagen nach Semesterbeginn bekanntgegeben. Zu Klassenarbeiten zählen auch Tests, die allerdings nicht unangekündigt sein dürfen; die Termine sind zwei Unterrichtstage vorher bekanntzugeben (Leistungsbeurteilungsverordnung § 8, Abs. 2).[2] Nach drei freien Tagen in Folge ist es nicht zulässig, Klassenarbeiten oder mündliche Prüfungen zu verlangen; auch ist es unzulässig, mehrere Arbeiten an einem Tag stattfinden zu lassen.
Des Weiteren sind die Schularbeiten in einem (B)ORG – insbesondere in den sechsten Klassen – als sogenannte Knock-Out Schularbeiten angesetzt, um die meist große Zahl der Schüler zu dezimieren und in den nachfolgenden, restlichen zwei Jahren ein höheres Niveau erreichen zu können. Dies trifft vor allem auf das Fach Latein zu, da dort ein Übergang auf die Originallektüre erfolgt.
Wenn bei einer Schularbeit mehr als die Hälfte der Schüler die Note Nicht genügend (5) bekommen, muss die Schularbeit wiederholt werden. Gültigkeit hat dann das bessere Ergebnis (§ 7, Abs. 11 Leistungsbeurteilungsverordnung).[3]
Situation in Südtirol
In Südtirol werden damit Leistungsüberprüfungen im schulischen Bereich, meist ab der ersten Klasse der Mittelschule bezeichnet. Der zeitliche Rahmen einer Schularbeit ist dabei variabel und hängt von der Komplexität des Inhalts und der Aufgabenstellung ab.
Zu den verschiedenen Typen von Schularbeiten gehören:
- Ankreuztests: Diese Tests bestehen aus einer Reihe geschlossener Fragen mit Richtig/Falsch- oder Multiple-Choice-Antworten;
- Offene Fragestellungen: Diese bestehen aus einer begrenzten Anzahl von Fragen, die der Schüler innerhalb einer bestimmten Anzahl von Zeilen beantworten muss. Die Methode ist ähnlich wie bei der dritten (multidisziplinären) Prüfung der Matura.
- Aufsätze: Bestehen aus der Ausarbeitung von Analysen und Überlegungen zu einem bestimmten Thema (Wissenschaft, Technik, Geschichte, Politik oder Literatur);
- Leseverständnistests: Umfassen einen Text und offene Fragen, die sich auf den Text beziehen. Diese werden hauptsächlich für sprachliche Fächer verwendet;
- Aufgaben mit Problemstellungen: Hier geht es um die Lösung von Fragen und/oder Problemen aus dem wissenschaftlichen und mathematischen Bereich.
Siehe auch
- Zu den rechtlichen Regelungen siehe Schriftlicher Leistungsnachweis in der Schule
- Zur pädagogischen Einschätzung von Leistungsbeurteilungen siehe Leistungsbeurteilung (Schule).
- Vergleichsarbeit als besondere Form der Klassenarbeit
- Drittelerlass zur Bewertung von Klassenarbeiten
- Klausur (Prüfung) die „Klassenarbeit“ in der Sekundarstufe II
Weblinks
Einzelnachweise
- Abschnitt 4 AbSSchrARdErl Schriftliche Arbeiten in den allgemein bildenden Schulen (Memento vom 24. Januar 2015 im Webarchiv archive.today) (Landesrecht Niedersachsen)
- Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Leistungsbeurteilungsverordnung, Fassung vom 04.06.2019, auf www.ris.bka.gv.at, abgerufen am 4. Juni 2019
- Bundesrecht konsolidiert: Leistungsbeurteilungsverordnung § 7, tagesaktuelle Fassung, auf www.ris.bka.gv.at, abgerufen am 4. Juni 2019