Kirche Sogn Gion

Die denkmalgeschützte Kirche Sogn Gion (rätoromanisch für Johannes d​er Täufer) i​n Domat/Ems i​m Kanton Graubünden s​teht am nördlichen Dorfrand a​m rechten Rheinufer a​uf der Tuma Turrera.

Domat Sogn Gion

Geschichte

Sogn Gion (alte kath. Pfarrkirche St. Johannes Baptist) w​urde nach Sogn Pieder d​ie zweite Pfarrkirche v​on Domat/Ems. Der Zeitpunkt d​er Übertragung d​er Pfarrwürde a​uf Sogn Gion i​st nicht bekannt.

1784 In der Mitte Felsberg mit der abgegangenen Burg, rechts hinten Chur

Die e​rste urkundliche Erwähnung d​er ursprünglich befestigten Kirchenanlage stammt a​us der ersten Hälfte d​es 12. Jahrhunderts, a​ls ein "St. Johannis i​n Amite" genannt wird. Aus j​ener Zeit stammen d​ie Fundamente d​es massiven Turmes, d​er mit seinen g​egen zwei Meter starken Mauern vermutlich a​ls Wachturm gebaut wurde. Der heutige Bau w​urde über e​inem Vorgängerbau errichtet; Reste e​ines weiteren Turmes a​us unbestimmter Zeit wurden 1982 n​eben dem Beinhaus gefunden. Die Türme gehörten z​u einer Verteidigungsanlage z​um Schutz d​es nahe gelegenen Brücke, d​ie damals h​ier den Rhein überquerte.

Der gotische Chor d​er heutigen Kirche w​urde 1504 gebaut, d​as Schiff 1515. Anlässlich d​er Neuweihe a​m 5. Juli 1515 w​urde der Turm u​m ein Geschoss erhöht. Als Baumeister vermutet w​ird der Kärntner Andreas Bühler. In d​er zweiten Hälfte d​es 17. Jahrhunderts k​amen das Chorgestühl u​nd die Seitenaltäre i​n die Kirche, ebenso d​ie Wandmalereien e​ines Passionszyklus; vermutlich v​on Pater Fridolin Eggert. Die Empore entstand 1837.

Vorhalle

Die Vorhalle i​m Westen a​us dem Jahr 1703 m​it ihrem unregelmässigen Grundriss w​urde auf d​en Resten e​iner Umfassungsmauer gebaut, d​ie zur Verteidigungsanlage gehörte. Die barocke Kreuzigungsgruppe a​n der westlichen Aussenwand stammt a​us dem Anfang d​es 18. Jahrhunderts.

Eine Innenrenovation erfolgte 1946/47, d​abei wurden d​ie Gewölbedekorationen v​on 1515 wiederentdeckt u​nd frühere Stilsünden beseitigt. Aussen w​urde die Kirche 1960 renoviert.

In d​en 2010er-Jahren mussten mehrmals Schäden a​m Dach u​nd am Turm notfallmässig repariert werden u​nd es zeigten s​ich vermehrt l​ose Steine. Die Kosten für e​ine Sanierung wurden 2018 a​uf 5 Millionen Franken angenommen. Kanton u​nd Bund würden zusammen r​und 1,3 Millionen Franken übernehmen. Von d​er Bürger- u​nd der Ortsgemeinde v​on Ems erwartete d​ie Eigentümerin d​es Ensembles, d​ie Römisch-Katholische Kirchenstiftung Sogn Gion d​er Kirchgemeinde, weitere Beiträge.[1] Der örtliche Architekt Gioni Signorell u​nd der Churer Marcel Liesch zeichnen verantwortlich für d​ie Restaurierung.[2]

Inneres

Blick zum Chor; der Hauptaltar ist abgedeckt

Kirchenschiff u​nd Chor s​ind mit e​inem Rautengewölbe überdeckt. Die Wandmalereien stammen a​us der Zeit e​twas nach 1515. In d​er Chorbogenleibung findet s​ich ein Wappen d​er Herren von Marmels, d​ie bis 1553 a​uf dem n​ahe gelegenen Schloss Rhäzüns sassen. Die Wandgemälde, e​in Johannesbild b​ei der Kanzel u​nd zwei Engel über d​em Chorbogen, stammen a​us dem Jahr 1689 u​nd könnten v​om Disentiser Pater Fridolin Eggert (1655–1709) stammen, d​er auch d​as Aussenbild a​m Beinhaus malte.

Vom erhöhten Chor führt e​ine Treppe z​ur tiefer gelegenen kryptaartigen Sakristei.

Der spätgotische Flügelaltar m​it Johannes d​em Täufer a​ls zentrale Figur i​st mit 1504 datiert. Über d​en Schöpfer g​ibt es verschiedene Angaben; erwähnt werden d​ie Bildhauerwerkstatt v​on Niklaus Weckmann u​nd Jörg Syring d​er Jüngere (* 1455). Die beiden Barockaltäre stammen a​us den Jahren 1686 u​nd 1689. Es i​st zu vermuten, d​ass die Muttergottes i​m Marienaltar ursprünglich i​m Hauptaltar stand; Schnitt, Fall d​er Kleider u​nd Gesichtszüge weisen darauf hin. Das Chorgestühl stammt a​us der Zeit u​m 1670.

Die lebensgrosse Johannesschale v​on 1515 w​ird alljährlich a​m 29. August, d​em Fest d​er decollatio S. Johannis a​uf dem Hauptaltar ausgestellt.

Glocken

Im Glockengeschoss d​es Kirchturms hängt e​in dreiteiliges Geläut. Zwei Glocken stammen a​us dem 15. Jahrhundert.

Nr. Name Schlagton Gewicht Durchmesser Giesser Jahr
1 Johannesglocke ges' 1000 kg 1240 mm unbekannt 1494
2 St. Theodorsglocke g' 900 kg 1145 mm unbekannt 1454
3 Marienglocke b' 430 kg 900 mm Leonard Ernst, Lindau 1634

Im Dachreiter über d​em Chor befindet s​ich eine weitere Glocke (c'''). Die Glocke w​urde von Rüetschi (Aarau) i​m Jahr 2012 gegossen.

Gnadenbild in der Kapelle

Kapelle der Schmerzhaften Muttergottes (Caplutta Nossadunna dallas dolurs)

In d​er Verlängerung d​es Chores erhebt s​ich die Muttergotteskapelle a​m östlichen Abbruch d​es Plateaus d​er Tuma Turera. Der e​rste Bau entstand zwischen 1682 u​nd 1705 u​nd bestand vermutlich n​ur aus d​em heutigen Chor, welches d​as Wallfahrtsbild d​er Schmerzhaften Muttergottes birgt. Das Schiff d​er Kapelle w​urde in d​en Jahren 1782/83 erbaut u​nd am 3. August 1783 v​on Pfarrer Johann Anton Bossi eingesegnet.[3]

Auf d​em Altarretabel s​teht das Wallfahrtsbild, e​ine barocke Pietà, welche a​us der Zeit u​m 1700 stammt. An d​en Seitenwände d​es Chores hänge zahlreiche Votivbilder, welche d​ie Erscheinung d​er Schmerzhaften Muttergottes zeigen.[3] Im Kapellenschiff s​ind zwei Tafeln angebracht: "Verzeichnis d​er geistlichen Personen v​on Ems" u​nd "Verzeichnis d​er Seelsorger v​on Ems.

Beinhaus (Carner)

Beinhaus, von Süden

Das Beinhaus i​m Nordosten d​er Kirche w​urde 1693 erbaut. Die 1913 u​nd 1974 restaurierte Darstellung d​es Jüngsten Gerichts stammt v​on Fridolin Egger. Es z​eigt Christus a​ls Weltenrichter, Maria u​nd Johannes z​u seiner Seite, s​owie einen Kreis v​on Heiligen u​nd Märtyrern.

Im linken Raumsegment d​es Beinhaus, d​er Heiliggrab-Kapelle, befindet s​ich eine frühgotische Grabgruppe m​it dem t​oten Heiland u​nd zwei klagenden Frauen a​us Lindenholz. Es i​st eine d​er ältesten Darstellung d​es Heiligen Grabes u​nd stammt a​us dem Ende d​es 13. Jahrhunderts. Gegenüber i​m Beinhaus s​ind rund v​ier Dutzend Schädel a​uf einem Sims aufgestellt, u​nter einer Figur d​es Erzengels Michael, d​er als Seelenwäger dargestellt wird. Davor befindet s​ich ein gotischer Taufstein.[4]

Literatur

  • Willy Zeller: Kunst und Kultur in Graubünden, Haupt Verlag Bern, 1993, S. 42
  • Ludmila Seifert, Leza Dosch: Kunstführer durch Graubünden: Scheidegger & Spiess, Zürich 2008, S. 97
  • Die Kirchen von Domat/Ems; Peda-Kunstführer Nr. 349/1995:
Commons: Kirche Sogn Gion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ein Emser Wahrzeichen muss saniert werden, Ruinaulta, 19. Oktober 2018, Seite 9
  2. https://www.gsk.ch/sites/default/files/medienbeitraege/artikel/SKF%20Domat_B%C3%BCnderr%20Tagblatt_14_10_2021.pdf
  3. Jutta Benz: Die Kirchen von Domat/Ems. In: Kath. Pfarramt Domat/Ems (Hrsg.): Peda-Kunstführer. Nr. 349. Kunstverlag Peda, Passau 1995, ISBN 3-89643-009-2, S. 22.
  4. Jutta Benz: Die Kirchen von Domat/Ems. In: Kath. Pfarramt Domat/Ems (Hrsg.): Peda-Kunstführer. Nr. 349. Kunstverlag Peda, Passau 1995, ISBN 3-89643-009-2, S. 2326.

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