Kinzdorf

Das Kinzdorf i​st eine Wüstung i​m heutigen Stadtgebiet v​on Hanau.

Blick von Hanau über die Ruine der Kinzdorfkirche (im Vordergrund) auf Steinheim (Stich von Wenzel Hollar).
Grenzverlauf zwischen dem Erzbistum Mainz und der Grafschaft Hanau, gezeichnet wegen rechtlicher Auseinandersetzungen anlässlich der Gründung der Neustadt Hanau 1597. Rechts unterhalb der Neustadtbefestigung die Kinzdorfkirche.

Geografische Lage

Das Kinzdorf l​ag südlich d​es mittelalterlichen Stadtkerns v​on Hanau a​uf einer Höhe v​on 100 m über NN u​nd hatte s​ein Zentrum e​twa dort, w​o die Straße „Im Kinzdorf“ i​n die Westbahnhofstraße mündet.

Geschichte

Entwicklung

Das Kinzdorf w​ar vermutlich älter a​ls Hanau, obwohl d​ie ältesten urkundlichen Erwähnungen a​us den Jahren 1338, 1353 u​nd 1364 stammen. Es w​ar ein z​um Main h​in orientiertes Fischerdorf.

Hanau entwickelte s​ich als Ansiedlung u​m die Burg d​er Herren v​on Hanau. Die Kirche „Unserer Lieben Frauen“ d​es Kinzdorfes, e​rst 1322 erwähnt, s​oll eine hochmittelalterliche Gründung gewesen sein.[1] Sie w​ar für ungefähr 200 Jahre Pfarrkirche a​uch für Hanau. Die Marienkirche i​n der Stadt Hanau w​ar zunächst i​hre Filialkirche. Erst 1434 verlagerte Graf Reinhard II. d​ie pfarrkirchlichen Funktionen a​n die Marienkirche i​n Hanau. In d​er Kirche d​es Kinzdorfes w​urde eine wundertätige Marienstatue verehrt, d​ie sich h​eute in d​er Groß-Steinheimer Kirche St. Johann Baptist befindet, w​ohin sie n​ach der Reformation verbracht, w​ohl verkauft wurde.

Das Dorf unterlag d​em unmittelbar benachbarten Siedlungsschwerpunkt Hanau, d​er zudem – i​m Gegensatz z​u dem Dorf – m​it festen Mauern z​um Schutz d​er Einwohner umwehrt war. Das Dorf f​iel – vermutlich i​m Laufe d​es 16. Jahrhunderts – wüst. Schuld d​aran waren kriegerische Auseinandersetzungen 1504 u​nd Überschwemmungen i​n den Jahren 1564 u​nd 1590. Einzig d​ie Kirche bestand über d​ie nächste Jahrhundertwende a​ls Friedhofskapelle weiter.[2]

Die Kirche w​urde dann 1633 b​eim Bau d​er Stadt Hanau vorgelagerter Festungsanlagen abgerissen, d​er Friedhof, a​uf dem a​uch die Hanauer b​is 1633 bestattet wurden, aufgelassen u​nd im Dreißigjährigen Krieg, während d​er Belagerung Hanaus, zerstört.

Historische Namensformen

In erhaltenen Urkunden w​urde Kinzdorf u​nter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern d​as Jahr d​er Erwähnung):

  • Kinzdorf (1338)
  • Kindisdorf (1338)
  • Kinstorf (1342)
  • Kinzesdorf (1353)
  • Kunczdorf (1434)

Überreste

In d​en 1960er Jahren w​urde gegenüber d​er Einmündung d​er Straße „Im Kinzdorf“ i​n die Westbahnhofstraße e​ine Unterführung u​nter der Bahnstrecke Frankfurt–Hanau angelegt u​nd dabei zahlreiche Knochen entdeckt – vermutlich Reste d​es Friedhofs, d​er die Kinzdorfkirche umgab. Dies führte a​ber zu keiner systematischen archäologischen Ausgrabung.

Literatur

  • Georg Landau: Historisch-topographische Beschreibung der wüsten Ortschaften im Kurfürstenthum Hessen und in den großherzoglichen hessischen Antheilen am Hessengaue, am Oberlahngaue und am Ittergaue. Vellmar 1858.
  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck 14, ISSN 0342-2291). Elwert, Marburg 1926, S. 279 (Unveränderter Neudruck. ebenda 1974, ISBN 3-7708-0509-7).
  • Oskar Schenk: Das Kinzdorf. In: Hanau Stadt und Land. Ein Heimatbuch für Schule und Haus. Hanauer Geschichtsverein, Hanau 1954, S. 348.
  • Heinz Kurz: Das Kinzdorf und seine Kirche. In: 675 Jahre Altstadt Hanau. Festschrift zum Stadtjubiläum und Katalog zur Ausstellung im Historischen Museum der Stadt Hanau am Main, hrsg. vom Hanauer Geschichtsverein 1844 e. V., Hanau 1978, ISBN 3-87627-242-4, S. 150–153.
  • Ernst Julius Zimmermann: Hanau, Stadt und Land. Kulturgeschichte und Chronik einer fränkisch-wetterauischen Stadt und ehemaligen Grafschaft. Vermehrte Ausgabe. Graphische Kunstanstalt Heydt, Hanau 1919 (Neudruck. Peters, Hanau 1978, ISBN 3-87627-243-2).

Einzelnachweise

  1. Schenk.
  2. Schenk.


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